Stefan Loibl
· 02.10.2021
Nach 4800 Höhenmetern und sechs Stunden holt Andreas Seewald das erste WM-Gold im Marathon für Deutschland. Bei den Damen siegt die 19-jährige Österreicherin Mitterwallner vor Wloszczowska (POL).
Steil, staubig und selbst für die zähesten Langstrecken-Biker der Welt eine echte Härteprüfung: Die UCI MTB Marathon-Weltmeisterschaften 2021 auf Elba lieferten das spektakuläre Kräftemessen der Marathon-Weltelite am Ende einer langen Saison, das erwartet wurde. Von 114 gestarteten Herren erreichten gerade einmal 75 Fahrer nach 115 knallharten Kilometern und 4800 Höhenmetern die Ziellinie in Capoliveri. Die WM-Titel gingen nach Deutschland und Österreich. Andreas Seewald krönte seine starke Saison nach EM-Gold nun mit dem WM-Triumph und holte als erster deutscher Mann überhaupt den Titel in der Marathon-Disziplin, der seit 2003 ausgefahren wird. Nach der Zieleinfahrt nach 6:02:03 Stunden konnte sich der 30-Jährige kaum noch auf den Beinen halten, so ausgelaugt und kaputt war er. „Das war das brutalste Rennen meiner Karriere. Mein Sieg ist unglaublich. Das war mein Traum. Ich hoffe, dass der Titel hilft, den deutschen Marathon-Sport weiterzubringen", sagte der Lenggrieser auf der Pressekonferenz.
Die Geschichte des Damenrennens hätte man auch in Hollywood nicht besser schreiben können. Denn mit der 19-jährigen Österreicherin Mona Mitterwallner vor der Polin Maja Wloszczowska (37) ist das Ergebnis so etwas wie eine Wachablösung. Für Wloszczowska war es das letzte Rennen ihrer Karriere und das dritte Mal WM-Silber im Marathon in vier Jahren. Doch auch sie war zu Beginn ihrer langen, erfolgreichen Karriere mit 19 Jahren Marathon-Weltmeisterin geworden, 2003 in Lugano. „Mona und das Rennen heute erinnert mich an meine erste Weltmeisterschaft 2003. Sie ist eine der begabtesten Mountainbikerinnen überhaupt“, sagte die Polin, die zwei olympische Silbermedaillen zuhause hängen hat. Für die amtierende U23-Weltmeisterin Mitterwallner, die im Mai 2020 ihren Schulabschluss gemacht hat, ist der WM-Titel der erste große Triumph in der Elite-Klasse. Im XC-Worldcup hat sie 2021 jedes des sechs Rennen gewonnen und die Konkurrenz dominiert. Gleichzeitig war das WM-Rennen ihr erstes Marathon-Rennen überhaupt! Zudem wurde sie in der ersten Runde von einem Platten am Hinterrad ausgebremst, konnte sich jedoch dank Schaumeinlage im Reifen zusammen mit der Spitzengruppe in die Techzone retten. Nächstes Jahr will die Tirolerin im XC-Worldcup bei der Elite starten, zum WM-Rennen sagte sie: „Mein längstes Rennen bisher dauerte 2:11 Stunden. Deshalb konnte ich schlecht einschätzen, was mich hier erwartet. Maja war in den Abfahrten deutlich stärker. Deshalb habe ich ziemlich lange überlegt, wo ich angreifen soll. Im längsten Anstieg habe ich sie schließlich abgeschüttelt. Danach war es mental sehr hart, weil ich immer dachte, dass sie von hinten wieder heranfährt.“
Adelheid Morath belegte im stark besetzten Damenfeld als beste Deutsche Rang acht, einen Platz hinter Alessandra Keller (SUI) und vor der Italienerin Marika Tovo. Stefanie Dohrn kam nicht über Platz 28 hinaus, Veronika Weiß und Janine Schneider landeten auf den Rängen 31 und 32.
Die drei Schweizer XC-Spezialisten von Scott-Sram bestimmten zu Beginn des Rennens das Tempo, doch keiner von ihnen erreichte das Ziel. Andri Frischknecht führte das Rennen von Kilometer 20-40 alleine an. Dann musste er allerdings dafür bezahlen, wurde durchgereicht und stieg nach zwei Dritteln aus. Lars Forster fuhr an der Seite von Nino Schurter bis Kilometer 40 in der Spitzengruppe, ehe ihn ein Kettenriss ereilte und er ausstieg. XC-Weltmeister Schurter hielt sich lange in der Führungsgruppe um Seewald und den Kolumbianer Diego Arias, doch in der letzten der drei 35-Kilometer-Runden war auch für ihn Schluss. Magenprobleme zwangen ihn zur Aufgabe. Doch Schurter wird auf die Langstrecke zurückkommen, wie er gestern bei der Pressekonferenz angekündigt hatte.
Simon Schneller vom Team Bulls fuhr ein sehr konstantes Rennen und landete am Ende auf Rang 14, einen Platz vor Teamkollege Alban Lakata. Weitere Platzierungen deutscher Fahrer unter den ersten 50: Marek Sülzle 38., Niklas Sell 42. und Paul Häuser 47. Markus Kaufmann, Martin Frey, Simon Stiebjahn und Sascha Weber, Vinzent Dorn, Pirmin Eisenbarth stiegen vorzeitig aus.
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