Stefan Loibl
· 22.10.2018
Zum 31. Dezember 2018 geht im Marathon-Rennsport eine Ära zu Ende: Das Team Canyon Topeak Factory Racing wird aufgelöst. Damit muss sich auch der 3fache Weltmeister Alban Lakata etwas Neues suchen.
Erst vor einem Jahr ging das Topeak Ergon Racing Team ins Team Canyon Topeak Factory Racing über. Doch nun kam die bittere Nachricht, dass das zuletzt auf MTB-Marathons und Etappenrennen spezialisierte Profi-Team Ende des Jahres aufgelöst wird. Dabei sind die Erfolge der vergangenen Jahre beeindruckend: Mehrfaches WM- und EM-Gold, zahlreiche nationale Meistertitel, eine Medaille bei Olympia, Cape Epic-Sieg durch Robert Mennen und Kristian Hynek 2014, vier Siege beim US-Langstrecken-Klassiker Leadville 100 und ein Gesamtsieg bei der BIKE Transalp im Jahr 2013 durch Robert Mennen und Alban Lakata. Alleine fünf WM-Titel holte das Team: Irina Kalentieva im Cross Country (2007 & 2009) und Alban Lakata im Marathon (2010, 2015, 2017).
Doch nun kam eine Pressemitteilung aus Koblenz, in der das Ende des Teams zum 31. Dezember 2018 bekanntgegeben wird. Darin heißt es, dass die Auflösung „nicht gleichbedeutend mit dem Ausstieg Canyons aus dem Mountainbike-Sponsoring sei“. Gründe nennt Canyon-Geschäftsführer Roman Arnold in seinem Statement nicht: „Neben unseren bereits vorhandenen starken Teams und Athleten aus den Segmenten Olympisches Cross-Country, Enduro, Downhill und Freeride sind wir offen für Neues.“
Eine Andeutung, dass es bald auch im XC-Worldcup ein eigenes Werksteam geben wird? Denn noch ist das nicht der Fall, aktuell halten Mathieu van der Poel und Pauline Ferrand-Prevot als Einzelkämpfer die Canyon-Flagge im Cross Country hoch. Auch in fast allen anderen Radsport-Disziplinen investiert Canyon viel Geld ins Sponsoring.
So ist der Direktversender mit seinem Werksteam um Troy Brosnan im Downhill-Worldcup, sowie mit einem Enduro-Team (u. a. Ines Thoma) bei der EWS und einer Slopestyle/Freeride-Truppe (D. Berrecloth/Thomas Genon) bei Bewerben vertreten. Dazu kommt, dass Canyon im Straßenrennsport zwei Pro-Tour-Teams (Movistar & Katusha-Alpecin) mit Rädern ausstattet.
Trotzdem fragt man sich, warum gerade das Engagement im Marathon-Rennsport auf der Strecke bleibt. Denn keine der anderen MTB-Renndisziplinen fasziniert so viele Mountainbiker wie das Thema Marathon. Wöchentlich heften sich in den Sommermonaten tausende Ausdauersportler Startnummern an den Lenker, um sich auf der Langstrecke zu messen. Auch in unserer Leserschaft bekennen sich knapp 20 Prozent zum Hobby-Rennsport.
Dazu kommt, dass man Profisportler nirgends so hautnah erleben kann wie bei Etappenrennen oder MTB-Marathons. Man startet gemeinsam, fährt auf der identischen Strecke und kann das gleiche Material fahren. Canyon Pro Sport Manager Andreas Walzer sagt dazu: „Die Entscheidung, das XCM-Team zu schließen, bedeutet nicht, dass Canyon dem Bereich XCM/XCO den Rücken zukehrt. Wir verlagern Sponsoring-Schwerpunkte, die sich aufgrund von wachsendem Engagement in ein anderes Projekt ergeben haben – das ist soweit nichts Ungewöhnliches.“
Bekanntester und erfolgreichster Fahrer des Teams ist der Österreicher Alban Lakata (39). Wir haben mit ihm über das Aus des Teams und seine Zukunftspläne gesprochen.
BIKE: Wie überraschend kam das Aus des Teams für Dich?
Alban Lakata: Gerüchte darüber gab es schon länger. Aber wir hatten lange Zeit gehofft, dass doch noch ein Sponsor einsteigt. Allerdings habe ich bereits letztes Jahr gestutzt, als ich nur einen Einjahres-Vertrag bekommen habe.
Und welche Gründe hat man Euch genannt?
Welche Gründe genau dafür ausschlaggebend waren, weiß ich nicht. Es hat geheißen, es muss Geld eingespart werden. Für mich ist der Schritt jedoch nicht ganz nachvollziehbar. Denn der Marathon-Rennsport hat nichts von seiner Attraktivität eingebüßt und unsere Truppe hat als Team super zusammengepasst, die Atmosphäre im Team war familiär. Auch was die Erfolge angeht, haben wir in den vergangenen Jahren geliefert. Ich wüsste nichts, was ich mir persönlich vorwerfen könnte.
Du hast zwei deiner drei Marathon-WM-Titel auf Canyon-Bikes geholt. Wie bitter ist das Aus für Dich?
Ich fahre seit zehn Jahren für das Team, seit acht Jahren auf Canyon-Bikes. Das ist jetzt vorbei. Aber so ein Ende ist nie schön, vor allem, wenn man keine schlüssige Begründung geliefert bekommt. Das hat einen faden Beigeschmack für mich und trübt meine positiven Erinnerungen.
Hast du mit dem Gedanken gespielt, deine Rennkarriere zu beenden?
Ich will noch mindestens drei Jahre fahren. Es hört sich vielleicht komisch an, aber irgendwie bin ich auch froh um die Situation. Denn so kann ich nochmal einen Neuanfang wagen. Ich habe bereits etwas Neues in Aussicht. Ein Team, das längerfristig denkt und in das ich meine gesammelte Erfahrung einbringen kann. Wir müssen die Strukturen zwar erst aufbauen, aber das reizt mich. Denn ich bin Radsportler mit Leib und Seele.