Laurin Lehner
· 03.10.2023
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. 2022 kündigte die UCI an, mit dem Mediengiganten Warner Bros. Discovery durchzustarten. Die Hersteller erhofften sich mehr Reichweite, die Fahrer mehr Geld und die Fans eine noch umfangreichere Berichterstattung.
“Mountainbiken ist für die breite Masse auf jeden Fall sichtbarer geworden, und das ist gut so”, sagt Marco Pointner von Saalfelden Leogang. Die Fans des Worldcups mussten allerdings in Kauf nehmen, dass es das Worldcup-Replay nur noch als kostenpflichtiges Abo bei GCN gibt und nicht mehr kostenlos wie bisher bei Redbull.tv. Dafür gibt es seit diesem Jahr eine Live-Übertragung im Free-TV auf Eurosport.
Neben einem etwas anderen Erscheinungsbild ohne Flatterband, teilweise neuen Live-Kommentatoren und der Einführung eines Halbfinales bei den Downhillern wurde das Enduro-Rennformat in den Worldcup integriert. Ein schwer zu übertragendes Format, das nun mit spannenden Zusammenschnitten aufgewertet werden sollte. “Für mich sind die Enduristen die Verlierer. Ihnen wurde viel versprochen, passiert ist wenig”, sagte uns Szene-Insider Marcus Klausmann bereits im Interview.
Weitere Kritik muss sich das Gespann aus UCI und Warner Brothers für die Erhöhung der Startgelder anhören. “Fahrern, die kein finanzstarkes Team im Rücken haben, wird es sehr schwer gemacht”, weiß Privatier-Downhiller Stefan Garlicki. Unseren Informationen nach sollen die Gebühren noch weiter steigen. Auch die Anzahl der Rennen soll für 2024 erhöht werden. “2023 ist als Pilotprojekt zu sehen, da lief vieles schief. Ich bin gespannt auf 2024”, gibt sich Downhillerin Nina Hoffmann optimistisch.
Vieles wurde professioneller: z. B. sind die Pit Lane und der Start/Ziel-Bereich nun vorzeigbarer. Bei der Live-Übertragung (XCO) fokussiert man sich sehr auf die Top-5-Fahrer. Das finde ich schade. Es scheint auch so, als würden bestimmte Fahrer aus kommerziellen Gründen vermehrt gezeigt werden. Die erhöhten Startgebühren werden nicht ohne Folgen bleiben. 2024 soll es zudem noch mehr Rennen geben.
Max Brandl, XCO-Fahrer (Lexware Mtb Team)
Es wird versucht, alles professioneller aufzuziehen. Das gelingt zum Teil, vieles läuft aber noch schief. Die Kommunikation, wann was im Free-TV läuft zum Beispiel, da blickt keiner durch. Die Idee der Semi-Finals fand ich zu Beginn gut, doch sie bringen viel Hektik in den Tag. Für uns und vor allem für die Mechaniker. Die erhöhten Startgebühren wirken sich leider nicht auf die Preisgelder aus. Schade!
Nina Hoffmann, Downhill-Racerin (Santa Cruz Syndicate)
In meinen Augen ist die Premiere gelungen. Mir gefallen die Semi-Finals bei den Downhillern, weil: noch mehr Unterhaltung. Mit der TV-Übertragung im deutschsprachigen Raum werden noch mehr Leute erreicht – das freut uns als Tourismus-Destination natürlich. Doch nicht alles lief super. Beim Enduro-Worldcup muss in Sachen Strecke und Publikumsfreundlichkeit nachgebessert werden.
Marco Pointner, Ausrichter, Saalfelden Leogang
Viel Positives fällt mir leider nicht ein. Die Startgelder sind explodiert. Wir zahlen pro Rennen circa 1000 Euro für das Team. Kosten für Team-Stand usw. noch nicht eingerechnet. Mit dieser Preispolitik schließt die UCI langfristig kleinere Teams aus und gestaltet den Worldcup elitärer. Triple-Events mit Enduro, DH & Cross Country sprengen in meinen Augen die räumlichen Kapazitäten der Austragungsorte.
Daniel Berhe, Team-Manager (Lexware Mtb Team)
Live-Kommentatoren sollen die Stimmung anheizen und die Zuhörer mit Hintergrundwissen versorgen. Das gelingt bisher nur mäßig, findet BIKE-Redakteur Laurin Lehner. Ein Kommentar.
Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich schaute mir über Jahre am liebsten den englischen Livestream an. Dort sorgte der Kult-Kommentator Rob Warner jahrelang für Unterhaltung – sowohl bei den Cross-Country- als auch bei den Downhill-Rennen. Er scherzte, schrie, jubelte oder fluchte und ließ die Zuschauer vor den Bildschirmen ganz nah ran ans Renngeschehen.
Mit dem neuen Vermarkter Warner Brothers ist neben Rob Warner auch der kostenlose Live-Stream auf Redbull.tv Geschichte. So schaute ich zu Beginn der Saison den Worldcup mit den deutschsprachigen Kommentatoren auf Eurosport und tat mich schwer. Hier war alles hölzern und emotionslos. So gar nicht das, was unseren Sport ausmacht. Ich kam zu dem Urteil: Das kann man sich kaum anhören.
Dabei könnten sie unseren Sport noch viel beliebter machen. Man denke: Endlich geht ein lang ersehnter Traum in Erfüllung, die Übertragung im Free-TV. Endlich können wir zeigen, wie spektakulär unser Sport ist. Doch das bringt alles nichts, wenn die Kommentatoren nicht das tun, was sie tun sollten. Nämlich das Publikum fesseln, begeistern und mit spannenden Fakten informieren.
Sabine Spitz hat viel für den Sport geleistet, kann aber auf dem Kommentatorenstuhl leider nicht das Niveau abrufen, das sie auf der Rennstrecke gezeigt hat. Es fehlt der Entertain-you-Faktor. Bei den Downhillern wäre vielleicht ein dritter Kommentator die Lösung. Am besten ein weiterer Ex-Racer mit viel Hintergrundwissen, zum Beispiel der deutsche Serienmeister Marcus Klausmann. Kurzum: Das muss besser werden!
Laurin Lehner, BIKE-Redakteur
Vom 5. bis 8. Oktober findet das Saisonfinale des XCO-, XCC- und DH- Worldcups in Mont Sainte-Anne (CAN) statt. Zu sehen auf Eurosport oder per kostenpflichtigem GCN-Abo; 6,99 Euro mtl. oder Jahres-Abo ab 39,99 Euro.