Die Aufnahme der Enduro World Series in den UCI Worldcup war ein Meilenstein. Endlich bekam das Rennformat die Aufmerksamkeit, die es verdiente. Der neue Vermarkter Warner Brothers Discovery versprach viel: unter anderem spannende Zusammenfassungen, auch im Free-TV. „Passiert ist wenig“, sagt Szene-Insider Marcus Klausmann. Schon immer fehlte es dem Endurosport an Publikumswirksamkeit.
2024 ziehen sich die Rennteams Devinci, GT, Polygon oder Ibis aus dem Enduro-Worldcup zurück. Für viele ein Indiz dafür, dass an den Gerüchten etwas dran ist, dass die UCI den Enduro-Worldcup 2025 aus dem Kalender streichen und sich auf die Übertragung des E-Pendants EDR-E konzentrieren will. „Firmen ziehen ihre Rennteams aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Worldcup ab, nicht wegen eines Enduro-Worldcup-Aus“, sagt Deutschlands erfolgreichster Enduro-Worldcup-Fahrer Christian Textor. Auch er weiß nichts Konkretes, sieht die Sache aber gelassen. „Enduro-Racing wird immer eine Bühne haben, wenn nicht im Worldcup, dann woanders“, sagt Textor.
Ähnlich sieht das EDR-E Racerin Ines Thoma von Canyon: “Enduro ist so ein spannendes Rennformat - falls sich das Gerücht bewahrheitet, springt hoffentlich ein anderer Vermarkter ein und führt eine Weltserie weiter” sagt Thoma, die sich 2023 auf dem E-Enduro in der EDR-E bewies.
Ein Wechsel in die EDR-E kann ich mir theoretisch vorstellen. Schließlich bin ich schon einige dieser Rennen mitgefahren und finde das Format reizvoll. – Christian Textor, EDR-Racer YT Mob
Hört man sich in der Branche um, hört man aus anderen Ecken, dass viele Firmen Budget einsparen müssen. Als erstes wird hier in der Regel bei den Rennteams und im Marketing gespart. EDR-E-Racer Johannes Fischbach kennt die These auch nur als Gerücht. “Das wäre hart, eine ganze Sportart wegstreichen. Das gab es das letzte mal 2012, als die UCI den Fourcross-Worldcup aus dem Programm strich.”, erinnert sich Fischbach. Er war damals als Fourcross-Racer betroffen, wechselte ins Downhill-Lager. Wenige Jahre später war von dem einstigen Publikums-Liebling Fourcross keine Rede mehr und die Disziplin verschwand in der Versenkung.
Sollte die UCI den Enduro-Worldcup streichen, dann ist damit zu rechnen, dass viele EDR-Racer vermutlich in die elektrifizierte EDR-E wechseln würden, manche vielleicht sogar ins Downhill-Lager. So wie angeblich die Enduro-Größe Richie Rude (Yeti).
BIKE hat bei der UCI angefragt, die UCI hat das Gerücht jedoch bis jetzt (Stand: 21. November 2023) weder bestätigt noch dementiert. BIKE bleibt dran.
Die Idee des Enduro-Sports stammt von Motorradfahrern. Das Wort Enduro leitet sich vom englischen „Endurance“ (Ausdauer) ab. Als eines der ersten Rennen dieser Art gilt der Scott Trial in England. Dabei fuhren die Mitarbeiter der Scott Motorcycle Company rund 70 Meilen durch unterschiedliches Terrain.
Manche behaupten, Deutschland sei die Wiege des Mountainbike-Enduros. Tatort Saalfeld und Zschopau. Hier fuhren bereits in den 80er-Jahren Biker mit umgebauten Touren-Rädern und Moped-Federgabeln die Strecken der Motorrad-Enduro-Wettbewerbe nach – auch auf Zeit.
Laut Rennikone Fabien Barel sahen die Franzosen bereits Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre die Notwendigkeit, die Formate Downhill und Cross Country zu kombinieren. So entstand damals die Combined MTB Rallye. Zwar noch nicht mit den heutigen Enduro-Strukturen, aber die Idee war die gleiche.
Das erste Mountainbike mit dem Namen “Enduro” kam im Jahr 2000 auf den Markt. Die Specialized-Konstrukteure verpassten dem Bike auf Drängen ihres Pro-Riders Shawn Palmer erstmals Scheibenbremsen. Die wuchtigen Schutzbleche sollten die Verwandtschaft zu den Motorrad-Enduros demonstrieren.
Die Trans-Provence feiert 2009 Premiere. Sie gilt als das erste mehrtägige Enduro-Rennen. Der Grundgedanke des Rennformats wird besonders deutlich, wenn man einen Blick auf die damalige Starterliste wirft: die Elite der Cross-Country- und Downhill-Szene.
2011 bricht die Enduro-Welle los. Plötzlich will jeder nur noch Enduro fahren. Fast alle Hersteller bringen entsprechende Bikes auf den Markt. Die Federwege liegen meist bei 160 Millimetern vorne und hinten. Noch soll ein Enduro einen möglichst breiten Einsatzbereich abdecken.
Die Specialized Enduro Series wird geboren und kann sich vor Anmeldungen kaum retten. Die EES- und die EWS-Series folgen.
Die Industrie investiert in ihre Rennteams und in die Entwicklung deren Bikes. Auch Hobby-Biker profitieren. Enduro-Bikes werden potenter. Zudem findet 2014 die erste Deutsche Meisterschaft statt. Sieger: André Wagenknecht.
Die beliebte EES (European Enduro Series) stirbt. Gründe sollen Haftungsrisiken, bürokratische Hürden und finanzielle Engpässe sein. Kurz darauf folgt auch das Aus der Specialized Sram Enduro Series.
Die Strecken der Enduro World Series (EWS) ähneln echten Downhill-Abfahrten. Dementsprechend bauen die Konstrukteure ihre Bikes genau für diese Anforderungen. Gewicht und Federweg steigen, der Einsatzbereich schrumpft.
Die UCI gliedert die Enduro World Series in den Worldcup ein: den EDR und das E-Pendant EDR-E. Ein Ritterschlag für die Disziplin, die mit schlechter Publikumswirksamkeit kämpft. Der neue Vermarkter Warner Brothers verspricht eine bessere Darstellung.
Die Gerüchte verdichten sich, dass die EDR 2025 aus dem UCI-Worldcup ausgegliedert wird. Der EDR-E soll Teil vom Worldcup bleiben. Noch handelt es sich aber um Spekulationen.