Florentin Vesenbeckh
· 13.08.2018
Wie sieht ein E-MTB-Rennen aus? Und braucht es das überhaupt? Wettkämpfe mit dem E-Bike sind umstritten. EMTB war bei der ersten Deutschen Meisterschaft dabei.
Ob Enduro-Racer André Kleindienst vom Team Bergamont, Marathon-Profi Jochen Käß vom Team Centurion Vaude oder die zahlreichen Hobby-Piloten, so richtig wusste vor dem Rennen niemand, was bei der ersten Deutschen Meisterschaft E-Bike auf ihn zukommen würde. Sogar vom Veranstalter hieß es: „Wir sind gespannt, was uns erwartet!“ Am vergangenen Wochenende war es soweit. Austragungsort war Wipperfürth im Bergischen Land.
Das E-Mountainbiken ist eine völlig neue Disziplin, die Möglichkeiten für ein Rennformat sind riesig. Die Premiere der Deutschen Meisterschaft wurde im Stile eines Endurorennens abgehalten: Acht Wertungsprüfungen mussten auf Zeit absolviert werden, die Verbindungsetappen zwischen den Stages kamen nicht in die Wertung. Trainiert konnte vor dem Rennen nur auf drei Stages der parallel ablaufenden Enduro One-Serie werden, die in abgewandelter Form auch Teil der E-Bike-Meisterschaft waren. Der Rest der Wertungsprüfungen musste im Rennen auf Sicht gefahren werden. Die gewertete Rennzeit lag bei knapp 16 Minuten, die Stages waren zwischen knapp einer Minute und gut vier Minuten (jeweils Siegerzeit) lang. Auch wenn das gesamte Rennen mit einem Akku gefahren werden musste, spielte Akkumanagement dabei keine Rolle: Wir sind die Transfers im Eco-Modus gefahren, die gezeiteten Stages durchgehend im Boost-Modus. Der klassische 500-Wh-Akku von Shimano hatte im Ziel noch drei von fünf Balken Kapazität übrig. Bei der überschaubaren Renndistanz von 24 Kilometern und gut 600 Höhenmetern kein Wunder.
Die Stages orientierten sich zum Großteil an den Wertungsprüfungen des parallel ausgetragenen Enduro One-Rennens, wurden aber meist um einen Anstieg oder eine Extra-Runde verlängert. Zusätzlich gab es eine reine Uphill-Stage. Zwei Strecken wurden ohne Änderung vom (unelektrifizierten) Enduro-Rennen übernommen. Das Ergebnis: Auf diesen flachen, tretintensiven Abfahrten mussten die E-MTBs durchgehend jenseits der Abschaltgrenze von 27 km/h Richtung Ziel getreten werden, die Qualitäten eines E-MTBs gingen auf diesen Stages etwas unter. Als Königsstage entpuppte sich das letzte Teilstück, bei dem auf eine Abfahrt ein langer Trail-Anstieg folgte. Insgesamt waren die Strecken technisch nur mittelmäßig anspruchsvoll, sodass auch die zahlreichen angetretenen Hobby-Piloten gut mit dem Kurs zurechtkamen. Den ambitionierten Fahrern fehlten schwierigere Abschnitte. Insbesondere bergauf mangelte es an echten Herausforderungen für die potenten E-Mountainbikes.
So richtig konnte niemand einschätzen, wer bei der Meisterschaftspremiere der große Favorit ist. Reicht der Abfahrtscharakter einiger Stages, um einem Enduro-Rennfahrer zum Sieg zu verhelfen? Oder bringt die Konditionsstärke eines Marathon-Profis den Titel? Oder sind die Anforderungen so spezifisch, dass ein eher unbekannter E-Bike-Spezialist ganz oben aufs Treppchen fahren kann? Am Ende machte Enduro-Spezialist André Kleindienst das Rennen und holte sich mit beachtlichen 21 Sekunden Vorsprung souverän den Sieg. Auf Platz zwei landete mit Till Jungmann ebenfalls ein Enduro-Racer. Dritter wurde Marathon-Profi Jochen Käß, der sowohl die reine Uphill-Stage, als auch Stage 8, die mit einem längeren Anstieg endete, für sich entscheiden konnte.
Herren:
Damen:
Um Motor-Tuning zu verhindern, wurden während des Rennens unangekündigte Kontrollen durchgeführt. Am Ende von Stage drei wartete ein mehrköpfiges Kontrollteam auf die Fahrer. Sie nahmen die einfahrenden Teilnehmer direkt in Empfang und achteten darauf, dass keine Veränderungen mehr am Bike vorgenommen wurden. Getestet wurde die Geschwindigkeit, bei der das Bike abregelt, bei spätestens 27 km/h musste Schluss sein. Jeder einzelne Teilnehmer wurde so überprüft. Zwei Fahrer wurden wegen zu hoher unterstützter Geschwindigkeit aus dem Rennen genommen. "Ich hätte mir zusätzliche intensive Kontrollen der drei Erstplatzierten im Ziel gewünscht", sagte Jochen Käß, Dritter der Herrenkategorie, nach dem Rennen.