Von Defekten über gesundheitliche Probleme bis hin zu schlechten Tagesformen – all diese Faktoren verwandelten das Rennen der Männer bei den Olypischen Spielen in Paris in einen packenden Krimi mit offenem Ende – bis zur Zieleinfahrt.
Auch wenn bei einem hochkarätigen XCO-Rennen alles passieren kann – eins ist sicher: Das britische Multitalent Tom Pidcock gewinnt. Selbst in Paris, wo ihn eine Panne mitten im Rennen weit ins Mittelfeld zurückwarf. Der Brite galt schon lange vor den Spielen als Favorit für den Sieg. Ab der dritten Runde schien es allerdings so, als müsse er die Rolle an den Franzosen Victor Koretzky abgeben. Warum? Ein Platten warf ihn aus der Führungsposition um über 40 Sekunden zurück. Pech für Pidcock, grandios für die Zuschauer: Mit Wut im Bauch startete Pidcock eine unfassbare Aufholjagd, bis er den führenden Koretzky wieder im Visier hatte. Und als der kurz nicht aufpasste, zog Pidcock innen vorbei.
Ebenfalls im Vorfeld heiß gehandelt für die Podiumsplätze: der Weltranglisten-Führende Hatherly. Die Bronzemedaille markiert bis dahin nun seinen Karriere-Peak.
Die deutsche Olympia-Hoffnung rangiert derzeit auf Platz vier der Weltrangliste. Eine Top-5-Platzierung lag daher in Paris im Bereich des Möglichen. Doch am entscheidenden Tag kämpfte der Nürtinger mit einem Hautausschlag. Platz 16.
Was für ein Exempel! Flückiger wurde 2022 für vier Monate unschuldig wegen Dopings suspendiert. Sein fünfter Platz in Paris macht unmissverständlich klar: Der Schweizer hat sich vollständig von diesem Rückschlag erholt.
The GOAT (Greatest of all Time) Nino Schurter rollte bei seinem wohl letzten Olympia-Rennen unter Tränen als Neunter ins Ziel: ,,Es war einfach nicht mein Tag und ich muss akzeptieren, dass die guten Tage einfach nicht mehr so häufig kommen wie früher.“
Ein taktischer Fehler auf den letzten Metern der finalen Runde kostete Victor Koretzky den Traum vom heimischen Olympia-Gold. Der 29-Jährige wählte die falsche Linie, bot eine Lücke zum Überholen und da huschte Pidcock sauber hindurch. Trotzdem quittierten die französischen Fans das gewagte, aber faire Überholmanöver von Pidcock mit Buh-Rufen nach seiner Zieleinfahrt.
Beim Rennen der Frauen gab es einen klaren Start-Ziel-Sieg der Französin Pauline Ferrand-Prévot. Defekte und ein Duell um die Medaillenränge Silber und Bronze machten das Rennen dennoch spannend.
Was für ein Finale! Die siebenfache XCO-Weltmeisterin beendet ihre Mountainbike-Karriere mit olympischem Gold im Heimatland. „Nun ist Zeit für neue Ziele“, erklärte die 32-Jährige auf der französischen Sportseite L’Équipe. Konkret heißt das: Ferrand-Prévot will den Gesamtsieg bei der Tour de France 2025. Gewinnerin: Pauline Ferrand-Prévot, 32, FRA.
Von zahllosen Titeln verwöhnt, konnte zuletzt nicht mal mehr ein Weltcup-Sieg der Französin echte Emotionen abringen. Nachdem Ferrand-Prévot nun das letzte großes To-do ihrer MTB-Karriere in Paris abgehakt hatte, ließ die Französin endlich ihr Pokerface fallen. Im Bild tröstet Haley Batten (USA) die frisch gebackene Olympia-Siegerin. Was viele nicht wissen: Batten wurde die Silbermedaille fast wieder aberkannt, weil sie in der letzten Runde die Verpflegungszone durchfuhr, ohne Verpflegung entgegenzunehmen. Da davon im Regelwerk aber nichts steht, kam sie mit einer 500-Euro-Geldstrafe davon.
Südafrika setzte im Frauenrennen große Hoffnungen auf Candice Lill. Erst Mitte Juni ergatterte die 32-Jährige ihr erstes Weltcup-Podium in Val di Sole. Ihr Olympiatraum platzte allerdings wortwörtlich bereits in der ersten Runde, als ihr Hinterrad in einem Steinfeld zerbarst.
Lange lag die Mitfavoritin Pieterse mit solidem Vorsprung auf Rang zwei. Ein defektes Hinterrad kostete sie in der fünften Runde ihre Medaillen-Chance. Am Ende wurde die Niederländerin trotzdem noch Vierte – Chapeau!
Nach ihrer olympischen Goldmedaille in Rio 2016 zog sich die Schwedin wegen psychischer Probleme aus dem Rennsport zurück. Nach einer Auszeit kämpfte sie sich zurück an die Weltspitze und in Paris reichte es für ein packendes Duell mit Haley Batten. Am Ende wurde es die Bronzemedaille.
Neben ihrer Landsfrau Ferrand-Prévot galt Lecomte als eine der heißesten Kandidatinnen für die Medaillenränge. In der vierten Runde lag die 24-Jährige auf Rang vier, stürzte im Eifer des Gefechts aber so schwer, dass sie das Rennen vorzeitig beenden musste.
Nina Benz hielt als einzige Frau bei den Mountainbike-Rennen in Paris die Deutsche Flagge hoch. Allein, dass ihr diese Ehre zuteil wurde, markiert bis dato den Höhepunkt ihrer Karriere. Platz 16.
Schade: Bei den vergangenen Spielen in Tokio räumten die Schweizer Frauen alle Medaillen ab. In Paris reichte es für die beste Schweizerin und Weltcup-Führende Alessandra Keller nur für den siebten Platz.