InterviewDownhill-Weltmeisterin Vali Höll: „Ich fahr’ wie ich fahr’!“

Dimitri Lehner

 · 30.01.2024

Vali, warum siehst du so gut aus auf dem Bike? Vali: Ich bin im Bikepark aufgewachsen.
Foto: Rick Schubert/YT
Vali Höll aus Saalbach-Hinterglemm. Sie ist erst 22 Jahre, doch hat schon vier Weltmeistertitel auf ihrem Konto und zwei Overall-Siege in der Elite-Klasse des Downhill-Worldcups. Die junge Österreicherin dominiert den Downhill-Sport und gilt auch 2024 als haushohe Favoritin in jedem Rennen. Und das wieder mit ihrem ehemaligen Sponsor.

Mit 13 Jahren unterzeichnete Vali Höll ihren ersten Sponsor-Vertrag: damals mit YT. Für die Forchheimer Direktversender fuhr sie zwei Weltmeistertitel in der Juniorenklasse ein bis sie 2019 ins Factory Team Sram-Rockshox wechselte. 2024 kehrt Vali Höll zu ihrem ersten Sponsor zurück und startet im Worldcup für den YT Mob neben dem Iren Oisin O’Gallaghan und der Australierin Sian A’hern. Ihr Arbeitsgerät: das Carbon-Bigbike YT Tues.

FREERIDE: Hat man als Weltmeisterin noch Vorbilder im Biken?
Vali Höll: Im Biken nicht, doch in anderen Sportarten. Zum Beispiel: die Skifahrerinnen Lindsey Vonn und Mikaela Suprine.

Du hast das Team gewechselt. 2024 fährst du für YT. Haben dir die Forchheimer das meiste Geld geboten?
Nein, bei YT hatte ich das beste Gefühl. Ich hatte mehrere gute Angebote.

Ein Teamwechsel ist vermutlich eine große Umstellung.
In den letzten drei Jahren war ich in der gleichen Struktur eingebunden, ich habe in der Elite-Klasse alle Titel gewonnen, die man gewinnen kann. Das Factory-Team Rockshox-Sram war ein mega gutes Team für junge Fahrer. Doch jetzt brauche ich etwas andere Möglichkeiten, um mich weiter zu entwickeln. Ich war schon früher bei YT. YT war mein erster Sponsor überhaupt. Werte, Ideen und Vorstellungen von YT passen gut zu mir. Ich kenn’ dort auch alle Personen gut und weiß, dass die Chemie passt. Vom alten Team habe ich Greg meinen Physio mitgenommen. Er ist auch mein Psychologe. Ich finde: Der Team-Vibe und die Menschen sind entscheidend. Nach der Devise: happy Team – happy Racer! Natürlich muss ich mich auch auf dem Bike wohlfühlen. Deswegen war der Teamwechsel keine allzu große Umstellung.

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Das Worldcup-Team YT Mob mit Teammanagern, Mechanikern, Fahrern, Coaches.Foto: Rick Schubert/YTDas Worldcup-Team YT Mob mit Teammanagern, Mechanikern, Fahrern, Coaches.

Rachel ist „bad ass“ – mit Rachel versteh’ ich mich sehr gut

Wer sind 2024 deine größten Gegner?
Da hat sich in den letzten drei Jahren wenig verändert. Camille Balanche, Miriam Nicole, Nina Hoffmann, Rachel Atherton, wenn sie zurück kommt, Tahnée Seagrave, wenn es ihr gut geht. Und dann sind da noch die ganzen Young Guns! Es wird dieses Jahr gar nicht so leicht, aufs Podium zu fahren.

Glaubst du, dass Serien-Weltmeisterin Rachel Atherton zurück kommt.
Sie kann sich noch nicht entscheiden, so kommt es mir vor. Ich finde es für den Frauensport mega cool, dass sie als Mama so was macht. Damit ist sie ein Vorbild für alle Frauen, doch es ist auch verdammt viel Risiko dabei. Rachel ist „bad ass“ – mit Rachel versteh’ ich mich sehr gut.

Du warst im Team Trek. Bist du schon mal mit den Style-Titanen Emil Johansson oder Brandon Semenuk gefahren?
Ich war im Rockshox-Sram-Raceteam, Trek war lediglich der Rahmen-Lieferant, daher hatte ich mit den Trek-Fahrern gar nichts zu tun. Nein, ich bin weder mit Emil noch mit Brandon gefahren.

Aufgrund deines Riding-Style hatte ich vermutet, dass du Freeride-Gene besitzt.
Mmmmh, nicht wirklich. Mein Riding-Style mag ein bisschen New-School-Style sein. Das liegt daran, dass ich im Bikepark aufgewachsen bin und Sprünge liebe.

Die jungen Fahrerinnen wie Phoebe Gale sind mega stylish unterwegs.
Das ist New School! 2024 wird es nicht leicht, um im Worldcup aufs Posium zu fahren. – Vali Höll

Gibt es jemanden, der dich mit seinem Style inspiriert – Kade Edwards, Semenuk, Brage Vestavik?
Nee, bei den Jungs fällt mir keiner ein, der mich inspirieren würde. Kein Freerider zumindest, dafür bin ich zu sehr aufs Racing fokussiert.

Und unter den Racern?
Mir ist egal, was die Männer machen. Ich konzentriere mich auf mich. Es gibt auch bei den Frauen unterschiedliche Styles. Eher Old School wie Miriam Nicole und Racel Atherton. Oder die jungen Riderinnen wie Phoebe Gale, die mega stylish unterwegs sind.

Wenn die UCI den harten Cut macht mit 30 Männern und nur 10 Frauen im Finale, stirbt vielleicht unser Sport aus

Welches ist dein Lieblings-Track im Worldcup?
Val di Sole, weil’s da so richtig ab geht. Doch ich verbinde eigentlich mit allen Tracks gute Erinnerungen, deswegen fällt da keiner raus.

Was sagst du zu den neuem Format im Worldcup?
Das liegt mir gut. Ich persönlich bin da recht stark. Ob es allerdings gut ist für den Sport, weiß ich nicht. Wenn die UCI den harten Cut macht mit 30 Männern und nur 10 Frauen im Finale, stirbt vielleicht unser Sport aus. Denn dann wird es nur noch Elite-Teams geben, wenn nicht bald ein Europa-Cup eingeführt wird. Ich finde auch, dass es viel zu wenig Rennen gibt. Und die Kommunikation zwischen der UCI und uns Fahrern ist schlichtweg nicht vorhanden. Dabei sind wie Athleten in so einer Renn-Serie doch das Produkt, das verkauft wird. Da sollte man die Fahrer mit einbeziehen, was Regeln und Format angeht. Ich finde es mega schade, dass wir Athleten von den Organisatoren so ignoriert werden.

Interessiert dich die Red Bull Hardline?
Ja. Doch das Risiko ist hoch, sich zu verletzen. Ich will mich auf den Worldcup konzentrieren.

Auf was freust du dich am meisten, wenn die Racing-Saison rum ist?
Ich freue mich drauf, endlich Zeit mit meinen Freunden zu verbringen. Sprich: auf das ganz normale Leben einer 22jährigen. Ich freue mich aufs Skifahren und Party-machen und darauf nicht zu biken. Ich bin in der Off-Season sicher anderthalb Monate nicht auf dem Rad gesessen.

Alltag eines Profis: Shuttle-Laps bis Set-Up und Speed passen.Foto: Rick Schubert/YTAlltag eines Profis: Shuttle-Laps bis Set-Up und Speed passen.

Und worauf freust du dich, wenn die Bike-Saison wieder los geht?
Auf die Routine. Ich brauche Routine und einen Zeitplan. Dann weiß ich genau, was ich wann machen muss und wo ich zu sein habe. Ich bin ein Mensch, der Struktur wirklich nötig hat. Wenn ich weiß, wann das erste Rennen ist, kann ich mich voll drauf vorbereiten. Das ist dann das Ziel und nur das zählt. Das ist wie Hausaufgaben machen in der Schule.

Dazu braucht man viel Selbstdisziplin.
Stimmt, doch die Erfolge helfen. Wenn du Rennen gewinnst, fällt die Motivation leicht. Gewinnen ist ein Mega -Gefühl, es spornt an. Wenn ich mache, was mir meine Coaches sagen, bringt mich das dem Gewinnen einen Schritt näher. Am Ende entscheidet dann das Glück und zehntausend andere Faktoren, doch wenn ich meine Hausaufgaben mache, liege ich gut auf Kurs.

Du bist auch „Park-Rat“. Was sind deine Lieblings-Moves?
Ich will Flow. Einfach mit Freunden Spaß haben und Trails shredden. Ich arbeite nicht gezielt an Moves oder an meinem Style. Mein Style ist da, er entwickelt sich und verändert sich auch. Doch ich versuche nicht gezielt stylish zu fahren. Ich fahr’ wie ich fahr’.

Stylish? Ich fahre so wie es mir Spaß macht, sagt Vali Höll.Foto: Rick Schubert/YTStylish? Ich fahre so wie es mir Spaß macht, sagt Vali Höll.

Gerade in der Liftschlange höre ich die Leute über mich sprechen oder meinen Namen sagen

In welchen Parks fährst du gerne?
Ich bin im Sommer leider selten daheim. Daher kann ich gar nicht sagen, ich hätte einen Lieblings-Park. Wenn ich daheim bin fahre ich gerne in Saalbach, Leogang und Schladming.

Im Bikepark passiert es sicher öfter, dass dein Red-Bull-Helm Aufsehen erregt und sich die Jungs dir beweisen müssen?
Logisch. Gerade in der Liftschlange höre ich die Leute über mich sprechen oder meinen Namen sagen. Das finde ich unangenehm. Ich mag so viel Aufmerksamkeit nicht. Ich bin ein ruhiger Mensch und lieber im Hintergrund. Ich stehe nicht gerne im Rampenlicht, das kostet mich Überwindung. Ich mache lieber mein Ding und verschwinde dann schnell wieder. Es kommt oft vor, dass im Park Leute da anhalten, wo ich anhalte und dann wieder weiter fahren, wenn ich weiter fahre. Da denke ich mir: „Ja, sag’ doch was, sprich mit mir, ich bin auch nur ein Mensch.“ Das sind meist Jungs, die so was machen. Die sind da komischer. Girls trauen sich mehr, sprechen mich an und fragen, ob sie mitfahren können.

Das Erste, was du machst, wenn du heim nach Österreich kommst?
Mit niemanden reden, in meinem eigenen Bett schlafen und Kasnocken essen.

Kannst du mittlerweile alles besser als dein Vater?
Argumentieren wahrscheinlich nicht. (lacht). Ich bin 22 Jahre alt, da verbringe ich nicht mehr so viel Zeit mit meinen Eltern und habe daher auch weniger Kontakt zu meinem Vater.

Du hast einen jüngeren Bruder. Ist es schwierig für ihn, wenn die Schwester Downhill-Weltmeisterin ist? Nein, ihn interessiert Sport gar nicht. Ich finde ihn viel cooler als mich. Er macht sein eigenes Ding – er ist Computer-Nerd und weiß da alles. Er ist mega smart und ich bewundere das viel mehr als das, was ich mache.

Was machst du am liebsten außer Biken?
Skifahren.

Wann bist du glücklich?
Wenn ich zuhause bin und die Menschen um mich habe, die ich mag.

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