Interview Alan HatherlyMTB-Weltmeister will auf der Straße durchstarten

Andreas Kublik

 · 14.03.2025

Interview Alan Hatherly: MTB-Weltmeister will auf der Straße durchstartenFoto: Picture Alliance / Martin Silva Cosentino / NurPhoto
Alan Hatherly - XC-Weltmeister
TOUR: Alan, Sie haben im vergangenen Jahr als Mountainbiker den WM-Titel, den Gesamtweltcup und Olympia-Bronze gewonnen. Sie waren auf der Höhe Ihres Schaffens. Warum starten Sie nun als Radprofi auf der Straße?

Alan Hatherly: Punkt erreicht, sich weiterzuentwickeln

Alan Hatherly: Ich fand, dass ich in meiner Karriere einen Punkt erreicht hatte, an dem ich nach neuen Möglichkeiten gesucht habe, um mich weiterzuentwickeln und dazuzulernen. Da war der Wechsel auf die Straße die beste Gelegenheit. Ich habe Straßenrennen schon in den vergangenen Jahren als Saisonvorbereitung genutzt, jetzt tue ich es eben auf einem höheren Niveau. Es ist Teil eines langfristigen Prozesses, um mich als Sportler zu verbessern.

Als die erste Welle von Mountainbikern, die um 2000 in den Straßenradsport schwappte, mit Cadel Evans und Miguel Martinez, hieß es, im Straßenradsport sei mehr Geld zu verdienen, die mediale Aufmerksamkeit sei höher. Waren das für Sie auch Argumente für den Wechsel in den Straßenradsport?

Nein, ich hatte einfach die Chance bekommen, etwas anderes zu tun - und ich habe diese ergriffen.



Wollen Sie sich nur als Straßenradprofi weiterentwickeln – oder haben Sie auch noch Ziele als Mountainbiker?

Nein. Für mich hat sich einfach die Gelegenheit ergeben, auf dem höchsten Niveau Straßenrennen zu fahren, etwas anderes zu tun – und ich habe sie ergriffen. Langfristig ist es mein Ziel, die Goldmedaille auf dem Mountainbike bei den Olympischen Spielen in LA 2028 zu gewinnen. Bis dorthin möchte mich so viel wie möglich verbessern.

Was sind die größten Herausforderungen für einen Mountainbiker, der in den professionellen Straßenradsport einsteigt?

Nun, das sind einige Unterschiede. Zuvorderst ist die Länge der Rennen die größte Herausforderung – und bei den Etappenrennen folgen mehrere Renntage nacheinander während wir auf dem Mountainbike nur ein einziges Rennen fahren.

Die Renndauer im MTB-Weltcup liegt bei maximal 60 bis 80 Minuten…

Und auf der Straße geht es erst am Ende der Etappe für mich richtig los – und nicht am Start. Und das ist fast gegensätzlich zum Mountainbike-Sport. Da ist alles aber der ersten Sekunde wichtig. Die Belastung ist also ein bisschen gegensätzlich. Und genau diese Gegensätzlichkeit in Training und Rennen passt für mich gut zusammen.

Ab Mai will Alan Hatherly wieder als Biker über Stock und Stein fahrenFoto: picture alliance/KEYSTONE / MAXIME SCHMIDAb Mai will Alan Hatherly wieder als Biker über Stock und Stein fahren

Alan Hatherly: Bis Mai werde ich mich ganz auf den Straßenradsport konzentrieren

TOUR: Wie sieht Ihr weiteres Programm für die Straßensaison 2025 aus?

Alan Hatherly: Ich werde Coppi e Bartali (Etappenrennen in Italien; 25. bis 29. März) und die Baskenland-Rundfahrt (7. bis 12. April) fahren. Ich will dort einen guten Job machen. Es hängt natürlich davon ab, wie meine Vorbereitung läuft und was meine Aufgaben in den Rennen sind. Bis Mai werde ich mich ganz auf den Straßenradsport konzentrieren, dann werde ich meine Vorbereitung auf die Saison im Mountainbike-Weltcup beginnen.

Was sind Ihre Ziele im Straßenradsport – konkret?

Es ist alles noch offen. Ich schaue von Rennen zu Rennen. Ich möchte einfach gut sein und die Chancen nutzen, die sich in den Rennen jeweils bieten. Aktuell habe ich keine konkreten Ziele, ich möchte die Messlatte nicht zu hoch legen. Aber ein paar Top-Ten-Ergebnisse in Gesamtwertungen und den Eintagesrennen, die ich bestreiten werde, wären schön.

Ex-Mountainbiker wie Cadel Evans und Ryder Hesjedal waren im Straßenradsport oft besonders stark in Grand Tours – Giro, Tour und Vuelta: Gibt es diesbezüglich für die Saison 2025 Pläne?

Nein, nein, der Start bei einer Grand Tour ist in meinem ersten Jahr nicht geplant. Es wäre ein zu dicker Brocken für mich. Wir haben uns das für die Zukunft aufgehoben.

Wie geht es für Sie auf dem Mountainbike weiter – sie werden die ersten Weltcuprennen verpassen?

Ich werde mich auf einzelne Weltcups konzentrieren und dann möchte ich natürlich meinen WM-Titel in Crans-Montana (Schweiz; 14. September) verteidigen.

Der aktuell prominenteste Radprofi, der Mountainbike und Straßenradsport regelmäßig verbindet, ist Bike-Olympiasieger Tom Pidcock. Gleich zum Auftakt haben Sie bei der AlUla-Tour als Zweiter einen Etappensieg gegen ihn nur knapp verpasst. Sehen Sie für sich Chancen, Ähnliches wie Pidcock auf der Straße zu erreichen, der schon das Amstel Gold Race und die Tour-de-France-Etappe nach Alpe d’Huez gewonnen hat?

Es ist für mich noch etwas früh, um diese Frage korrekt zu beantworten. Aber natürlich möchte ich mich entwickeln und als Straßen-Radprofi so gut wie möglich werden. Wenn ich Ähnliches wie Tom erreichen könnte, wäre das natürlich wirklich gut.

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Vielseitig: Die Medaillengewinner von Paris auf dem Mountainbike Victor Koretzky, einst bei Bora-Hansgrohe, Tom Pidcock und Alan Hatherly (von links) verbinden Straßen- und Mountainbike-Sport.Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Thibault CamusVielseitig: Die Medaillengewinner von Paris auf dem Mountainbike Victor Koretzky, einst bei Bora-Hansgrohe, Tom Pidcock und Alan Hatherly (von links) verbinden Straßen- und Mountainbike-Sport.

“Wir Biker denken in Vier-Jahres-Perioden, von einem Olympia-Zyklus zum nächsten”

TOUR: Nach den Olympischen Spielen in Paris versuchen sich erstaunlich viele Mountainbiker als Profis auf der Straße: Olympiasiegerin Pauline Ferrand-Prévot (Visma | Lease a Bike), die Österreicherinnen Laura Stigger (SD Worx - Protime) und Mona Mitterwallner (Human Powered Health) oder die Schweizerin Steffi Häberlin (SD Worx - Protime). Sehen Sie dafür einen Grund?

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Alan Hatherly: Ich denke, es steckt bei allen eine ähnliche Denkweise dahinter: raus aus der Komfortzone, dazulernen und sich weiterentwickeln. Wir Biker denken in Vier-Jahres-Perioden, von einem Olympia-Zyklus zum nächsten. Nach dem Ende der Olympiade in der vergangenen Saison war es einfach gut, mit etwas Neuem zu beginnen, einer komplett neuen Herausforderung.

Pauline Ferrand-Prévot hat nach Ihrem Olympiasieg in Paris den Mountainbike-Sport ganz hinter sich gelassen. Sie ist der Meinung, dass man beide Disziplinen nicht gleichzeitig auf höchstem Niveau bestreiten kann. Und sie will in den kommenden drei Jahren die Tour de France Femmes gewinnen. Wie sehen Sie das?

Jeder ist anders. Nicht jeder Sportler hat den gleichen Background, die gleiche Geschichte – daher ist das schwer zu sagen.

Gibt es schon einen Plan, wie es ab 2026 weitergeht?

So weit voraus haben wir noch nicht entschieden. Ich werde jetzt meine Straßensaison bis Mai bestreiten. Danach entscheiden wir bezüglich 2026.

Zusammengefasst: Das größte Ziel in Ihrer Karriereplanung ist der Olympiasieg in LA auf dem MTB?

Ja, genau. Im Moment ist das mein Plan.

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