AppenninicaEtappenrennen auf Italienisch

Adrian Kaether

, Igor Schifris

, Ben Melt Swanepol

 · 07.10.2019

Appenninica: Etappenrennen auf ItalienischFoto: Igor Schifris
Appenninica: Etappenrennen auf Italienisch

Yolandi du Toit und Ben Melt Swanepoel aus Südafrika tauschten im Juli Winter gegen Sommer und starteten als Mixed-Team beim Appeninica 2019 – einem kleinen Etappenrennen im Herzen Italiens.

Als das Team Garmin MTB repräsentieren Yolandi du Toit und ich (Ben Melt Swanepoel) Südafrika bei Etappenrennen in der ganzen Welt. Aber wie kommen wir nun zu einem ganz neuen Etappenrennen, ausgerechnet nach Italien? Hier lest ihr, warum gerade das am Ende so viel Sinn gemacht hat.

  Bologna, Ausgangspunkt des Apenninica-Rennens im Juli 2019.Foto: Igor Schifris
Bologna, Ausgangspunkt des Apenninica-Rennens im Juli 2019.

Eins müssen wir vorweg zugeben: Vom Appenninica MTB Stage Race hatten wir noch nie etwas gehört, bis wir zufällig in den sozialen Medien darüber stolperten. Aber schon beim zweiten Blick war klar: Italien, Sommer, Hammer-Kulisse und feine Trails, da müssen wir einfach mit dabei sein. Dass wir damit auch den südafrikanischen Winter gegen lange, italienische Sommertage tauschen würden, kam uns natürlich nicht ganz ungelegen.

  Siegerehrung am Abend.Foto: Igor Schifris
Siegerehrung am Abend.
  Beim Empfang in Berceto sorgte eine bulgarische Folklore-Gruppe für Stimmung.Foto: Igor Schifris
Beim Empfang in Berceto sorgte eine bulgarische Folklore-Gruppe für Stimmung.

Acht Tage mit 20 000 Höhenmetern

Das achttägige Appenninica-Etappenrennen orientiert sich lose am „Alta Via dei Parchi“-Wanderweg, der sich oft genau auf der Grenze zwischen der Emilia Romanga und der Toskana befindet und dabei immer auf den Rücken und Kämmen des italienischen Zentralmassivs entlangläuft. Der Apennin (
auch: die Apenninen, beides im Gegensatz zum Rennen mit nur einem "p", d. Red.
) sind natürlich nicht so hoch wie ihre Cousins im Norden, doch sollte man sie als Hindernis durchaus nicht unterschätzen: Eine raue Bergwelt voller fieser Rampen, die denen in den Dolomiten in nichts nachstehen. Dazu satte 550 Kilometer Renndistanz und 20 000 Höhenmeter in einer Woche. Da war klar, dass das Appenninica eine echte Herausforderung für uns werden würde.

  Vor dem Start der ersten Etappe in Berceto. Vorne in rotem T-Shirt Beppe Salerno, der Rennorganisator. Foto: Igor Schifris
Vor dem Start der ersten Etappe in Berceto. Vorne in rotem T-Shirt Beppe Salerno, der Rennorganisator. 

Prolog um Bologna

Aber bevor wir uns zu viele Gedanken über das Alles machen konnten, ging es auch schon los mit dem zehn Kilometer langen Prolog in Bologna rund um die Kirche der Madonna di San Luca. Ein wirklich passender Start: ein Rennen um eine der zentralen Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt der Emilia Romagna. Danach ging's in das Kloster von Berceto, wo wir uns beim Sonnenuntergang über der toskanischen Landschaft noch einmal entspannen konnten, bevor das Rennen richtig losgehen würde.

  Der Prolog bei Bologna. Vorne Yolandi im Trikot ihres Sponsors Garmin.Foto: Igor Schifris
Der Prolog bei Bologna. Vorne Yolandi im Trikot ihres Sponsors Garmin.

Wir waren insgesamt ein recht kleines Fahrerfeld und so kam es, dass wir uns bei den gemeinsamen Abendessen schnell kennenlernten und bald unter lautem Gelächter die Geschichten vom vergangenen Tag in einem Mix aus den verschiedensten Sprachen austauschten. Und apropos Abendessen: Definitiv ein Highlight der gesamten Veranstaltung. Die Organisatoren müssen viel Zeit investiert haben, um die lokale Bevölkerung in die Veranstaltung mit einzubeziehen. Sowohl als Streckenposten als auch als Köche.

  Heiß war's. Da half nur regelmäßig die Verdungstungskälte nutzen.Foto: Igor Schifris
Heiß war's. Da half nur regelmäßig die Verdungstungskälte nutzen.

La Dolce Vita – Genießen auf Italienisch

Meistens gab es ein italienisches Drei-Gänge-Menü mit perfekt gekochter Pasta und Reis begleitetet von regionalen Spezialitäten, um uns auch kulinarisch eins werden zu lassen mit der Region. Auch die allabendlichen Highlight-Shows mit den Bildern von der letzten Stage und den Siegerehrungen fanden immer auf den Piazzen der kleinen Orte statt, in denen wir gastierten. Natürlichen waren auch hier jede Menge interessierte Locals ganz vorn mit dabei.

  Zum Auffüllen nach der Etappe stehen Nudeln und Reis bereit.Foto: Igor Schifris
Zum Auffüllen nach der Etappe stehen Nudeln und Reis bereit.

Aber zurück zum Rennen. Stage 1 war nicht gerade das, was man einen sanften Start nennt: 80 Kilometer, 2500 Höhenmeter. Wenigstens führte die Strecke fast durchgängig durch schattige Wälder, die einen effektiven Schutz vor der brennenden Sommersonne boten. Wer weiß, ob wir sonst diese erste Stage überhaupt so gut überlebt hätten. So aber kamen wir noch einigermaßen entspannt im Ziel an.

  Im Schatten der Häuser gönnen sich Yolandi und Ben ein paar Stücke Wassermelone zur Stärkung.Foto: Igor Schifris
Im Schatten der Häuser gönnen sich Yolandi und Ben ein paar Stücke Wassermelone zur Stärkung.

Königsetappe an Tag zwei

Ein Glück! Denn für die 101 Kilometer lange Königsetappe mit 3760 Höhenmetern an Tag zwei würden wir alle Kraft brauchen, die wir aufbringen konnten. Also erstmal langsam in Richtung Fanano starten und dann später sehen, was hintenraus noch so geht. Aber der Tag schien endlos, voller kleiner Anstiege und Downhills und fast ohne Erholungsmöglichkeiten. Gerade der letzte Trail wäre eigentlich der Hammer gewesen, aber wir waren einfach zu müde und am Ende nur froh, diese Monsteretappe endlich hinter uns zu haben.

  Malerische Berglandschaften um den Pass von Poggio dei Preti.Foto: Igor Schifris
Malerische Berglandschaften um den Pass von Poggio dei Preti.
  Und immer schön dehnen. Insbesondere nach der Königsetappe waren das Laktatlevel hoch.Foto: Igor Schifris
Und immer schön dehnen. Insbesondere nach der Königsetappe waren das Laktatlevel hoch.

Dass Stage drei nur mit 51 Kilometern aufwartete, schien fast schon zu schön, um wahr zu sein. Und unser Instinkt täuschte nicht. Denn gerade die Downhills auf dieser Stage waren so schwierig, dass wir das Bike zum Teil für längere Strecken bergab tragen mussten. Von Entspannung in der Abfahrt also keine Spur. Wir waren heilfroh, als sich nach mehreren Kilometern der Trail endlich wieder zahmer dahinschlängelte und uns mit einer unglaublich schönen und flüssigen Abfahrt nach Poretta Terme beschenkte.

  Auf der Piazza begegnen sich abends die Rennfahrer und die lokale Bevölkerung, die durchaus Interesse am Event zeigt.Foto: Igor Schifris
Auf der Piazza begegnen sich abends die Rennfahrer und die lokale Bevölkerung, die durchaus Interesse am Event zeigt.
  So viele Mountainbiker sorgen bei der ländlichen Bevölkerung der Emilia Romagna schon mal für Aufsehen.Foto: Igor Schifris
So viele Mountainbiker sorgen bei der ländlichen Bevölkerung der Emilia Romagna schon mal für Aufsehen.

Zeitfahren: Etappen fünf und sechs

Stage vier brachte endlich einen Erholungstag mit einem kleinen Zeitfahren um Poretta Terme. Wieder voller anspruchsvoller und enger Trails und teils steiler Anstiege. Dafür war’s schnell vorbei und wir konnten den Rest des Tages die Beine hochlegen um uns für die Stages fünf und sechs zu wappnen. Die beiden letzten Transfer-Etappen vor dem Rundrennen in Bagno di Romagna am letzten Tag.

  Gehört beim Apenninica auch immer dazu: leckeres Essen.Foto: Igor Schifris
Gehört beim Apenninica auch immer dazu: leckeres Essen.

Auf jeweils etwa 50 Kilometern und 2000 Höhenmetern pro Tag durchquerten wir mehrere Nationalparks, einige Flüsse und unzählige Wälder. Wir konnten uns nie so recht entscheiden, ob wir die raue Natur oder die immer wieder plötzlich auftauchenden,uralten Gebäude interessanter finden sollten. Heiß war es an beiden Tagen, selbst für Südafrikaner. Doch die Trails und die Szenerie waren die Strapazen allemal wert.

  Die Wassermelone. Zum Flüssigkeit-Tanken immer wieder beliebt. Erst recht bei der Hitze.Foto: Igor Schifris
Die Wassermelone. Zum Flüssigkeit-Tanken immer wieder beliebt. Erst recht bei der Hitze.
  Die schnellsten Ärzte der Welt. Im Zweifel ist man per Motocrosser eben doch noch ein bisschen zügiger unterwegs.Foto: Igor Schifris
Die schnellsten Ärzte der Welt. Im Zweifel ist man per Motocrosser eben doch noch ein bisschen zügiger unterwegs.
  Yolandi und Ben füllen ihre Trikottaschen wieder auf.Foto: Igor Schifris
Yolandi und Ben füllen ihre Trikottaschen wieder auf.

Finale um Bagno di Romagna – Sieg in der Mixed-Wertung

Was ein Finale: Zweimal umrundeten wir am letzten Tag auf einer 17 Kilometer langen Schleife Bagno di Romagna. Diese letzten Meter des Rennens zeigten uns noch einmal, was die Appenninica so unglaublich spannend macht. Feinste Trails, steile Anstiege, mal flüssiger, mal technischer, einfach der perfekte Mix. Wir konnten uns kein besseres Ende für diese tolle Erfahrung vorstellen und platzten fast vor Stolz, dass wir uns als schnellstes Mixed-Team auch noch den Titel sichern konnten.

  Geschafft! Yolandi du Toit und Ben Melt Swanepoel gewinnen außerdem die Mixed-Wertung.Foto: Igor Schifris
Geschafft! Yolandi du Toit und Ben Melt Swanepoel gewinnen außerdem die Mixed-Wertung.

Bleibt uns nur noch eine Empfehlung auszusprechen: Wer Mountainbiken auf Italienisch erleben will, wird kaum etwas Besseres finden als das Appenninica Stage MTB. Tolle Eventorte, fantastisches Essen, gute und reibungslose Organisation, eine spektakuläre Strecke und immer ist man mittendrin statt nur dabei. Alle Infos zum Rennen gibt’s auf www.appenninica-mtb.com

  Das Organisationsteam hat alle Hände voll zu tun, aber trotzdem immer gute Laune.Foto: Igor Schifris
Das Organisationsteam hat alle Hände voll zu tun, aber trotzdem immer gute Laune.
  Die beiden Protagonisten dieser Geschichte: Yolandi (links) und Ben (rechts). Diesmal nicht im Bike-Trikot, sondern in italienisch-mittelalterlicher Klamotte.Foto: Igor Schifris
Die beiden Protagonisten dieser Geschichte: Yolandi (links) und Ben (rechts). Diesmal nicht im Bike-Trikot, sondern in italienisch-mittelalterlicher Klamotte.