Wiebke Lühmann in Marokko5000 Kilometer bis Marrakesch

Sandra Schuberth

 · 20.01.2024

Kurz vor Neujahr hat Wiebke Lühmann die Fähre von Spanien nach Marokko genommen.
Foto: Robbie Pickering
Seit 115 Tagen reist Wiebke Lühmann bereits per Rad in Richtung Südafrika. Die Reise führt sie seit Anfang Oktober von Freiburg im Breisgau immer gen Süden bis zum Kap der Guten Hoffnung. Nach etwa 5000 Kilometern hat sie Marrakesch erreicht, am 106. Tag ihrer Reise. Ein Update.

Am 29.12. setzte Wiebke mit ihrem Fahrrad, dem treuen Begleiter mit der Fähre über nach Marokko. Deutschland, Frankreich, Spanien und Portugal liegen hinter ihr.

Die ersten Monate der Radreise nach Südafrika

Anfang Oktober 2023 ist Wiebke Lühmann aufgebrochen, um mit ihrem Rad zum Kap der Guten Hoffnung zu radeln. In den ersten Wochen wurde sie von Hannah Rapp begleitet. Dann ging es für die Fahrradabenteurerin Wiebke allein weiter Richtung Marokko. Insgesamt soll die Reise etwa 14 Monate dauern, Weihnachten 2024 will Wiebke wieder bei ihrer Familie sein, wir berichteten.

Auf Instagram postete Wiebke Ende Dezember über ihre zwiegespaltene Gefühlslage gerade vor Weihnachten. “Werde ich mich einsam fühlen?”. Aber den Weihnachtsabend hat sie sich selbst schön gemacht. Es gab Nudeln und Tee. Und am Tag drauf wurde Marokko zum ersten Mal am Horizont sichtbar.

Neuer Antrieb, mehr Gepäck

Bevor sie den Europäischen Kontinent verließ, hat sie ihr Bike durchgecheckt und den Antrieb erneuert. Außerdem hat sie ihr Gepäck aufgestockt aus zweierlei Gründen. Erstens, um mehr Snacks und Wasser transportieren zu können und zweitens, um mehr Ersatzteile dabei zu haben. Zu ihrem bisherigen Reisegepäck kam hinzu:

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Ihre kurzen, enganliegenden Radtrikots hat Wiebke außerdem gegen lange und lockerer sitzende Radkleidung getauscht.

Neu ist die Tasche, die oben auf den Gepäckträger geschnallt ist.Foto: Wiebke LühmannNeu ist die Tasche, die oben auf den Gepäckträger geschnallt ist.

Wiebke Lühmann erreicht Marokko

Von Tarifa in Spanien brachte eine Fähre Wiebke am 29.12.2023 nach Tanger (Marokko). Die Silvesternacht verbrachte sie mit anderen Reisenden in einem kleinen marokkanischen Bergdorf. Nach den ersten Tagen in Marokko teilt sie via Instagram ihren ersten Eindruck des für sie zuvor noch gänzlich unbekannten Landes: Essen, Landschaften und Menschen sind unglaublich - “so far I can say that people, food & landscapes are incredible”.

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Trotz der positiven ersten Eindrücke glich die erste Woche in Marokko eher einer Achterbahnfahrt. Auf die schöne Silvesternacht folgte wenig später eine nahezu schlaflosen Nacht - Grund war eine Lebensmittelvergiftung. Der wiederum folgte als Highlight die Durchquerung des Ifrane Nationalparks. Die Zeit im Nationalpark muss atemberaubend gewesen sein. Es gab perfekte Gravelwege, wilde Affen, nahezu unberührte Natur - kurz: die Augen wurden vollgestopft mit allerhand beeindruckenden Ausblicken.

Ein Highlight war der Nationalpark IfraneFoto: Wiebke LühmannEin Highlight war der Nationalpark Ifrane

Robbie - Wiebkes großer Bikepacking-Bruder

Auf der Fähre von nach Marokko traf Wiebke Robbie Pickering, einen anderen Radreisenden, der seit fast drei Jahren mit dem Rad unterwegs ist. Auf der Fähre hätten beide nicht für möglich gehalten, dass sie sich anfreunden und gemeinsam reisen würden. Aber der erste Eindruck kann trügerisch sein. Und so setzten sie die Reise gemeinsam fort. Von Robbie hörte Wiebke allerhand Geschichten und Erfahrungsberichte aus verschiedenen afrikanischen Ländern, die er schon bereist hatte. “Es ist, als sei er mein großer Bikepacking-Bruder”. Und das war gerade in den ersten Tagen in dem neuen und unbekannten Land gut. Der Weggefährte hat das Ankommen erleichtert und auch das Reisen.

Etwas mehr als zwei Wochen war Wiebke mit Robbie gemeinsam unterwegs, bis kurz vor Marrakesch eine Panne Robbie in ein Taxi zwang. Die Wege trennten sich also erstmal. In Marrakesch gab es noch ein Abschiedsessen. Jetzt warten neue Erfahrungen und Erlebnisse auf Bikepackerin Wiebke Lühmann - schöne und weniger schöne, mehr dazu weiter unten im Artikel.

Die Schaltung macht nicht, was sie soll

Ein Weggefährte bleibt immer an Wiebkes Seite, und das ist ihr Fahrrad, ein Wilier Triestina Adlar, individuell für sie aufgebaut. Ihr Supergravelbike ist ausgestattet mit einer 1 x 12-fach Shimano Deore XT Schaltgruppe. Mit einem 32er Kettenblatt und einem 10-52er Ritzelpaket ist das Bike gewappnet für die Reise mit schwerem Gepäck und den zahllosen Höhenmetern, die sie auf dem Weg von Freiburg im Breisgau bis zum Kap der Guten Hoffnung überwinden muss.

Auf einer so langen Reise kommt man wohl kaum um einen Defekt herum. Aber bis Marokko gab es keinerlei Probleme. Mit der Ankunft in Marokko fing aber auch ein Problem an: Die Kette sprang munter von Ritzel zu Ritzel, die Schaltung machte nicht, was sie sollte. Mehrfach hat Wiebke die Schaltung neu eingestellt. Das brachte jeweils nur kurzen Erfolg. Auch nach dem Besuch in einer Fahrradwerkstatt war das Problem nicht behoben, eine zweite Werkstatt brachte das gleiche Resultat. Nun liegt die Hoffnung in Marrakesch, wo Schaltzug und Hülle erneuert werden sollen. Wir drücken die Daumen, dass sich das Problem dadurch löst.

Eine schlaflose Nacht

War es tatsächlich eine Lebensmittelvergiftung? Genau kann Wiebke es nicht sagen. Es kann am Essen gelegen haben, an einem Hotel, das nicht sehr sauber war, an Stress, an Anstrengung - oder es war eine Mischung aus allem. Fakt ist, wiederholtes Erbrechen brachte sie eine Nacht lang um den Schlaf. Am nächsten Tag war es besser, aber der Magen ist noch immer empfindlich. Sie sagt, sie werde sich wohl gewöhnen.

Neues Land, neue Sprache, neue Erfahrungen

Mit Marokko hat Wiebke das erste Land auf afrikanischem Kontinent erreicht. Bis nach Südafrika sind es noch viele mehr. Dabei ist nicht nur landschaftlich vieles neu. Wir haben kurz bei ihr nachfragen können.

BIKE: Was ist anders im Vergleich zu deiner Reise vorher?

Wiebke: Sehr viel. Drei Dinge, die mir sofort in den Kopf kommen: die Sprachbarriere, da hier viele nur arabisch sprechen — das ist eine neue Herausforderung. Dann die Kinder, die viel aktiver sind und mich oft ganz verblüfft anschauen, zu mir gerannt kommen, mich aus- und anlachen und auch manchmal nach Geld fragen. Die Vorsicht, die ich nach und nach entwickle vor Männern, damit ich unangenehme Situationen vermeide.

Allein reisen als Frau

Nachdem sich die Wege von Wiebke und Robbie getrennt hatten, musste Wiebke die erste Erfahrung machen, wie es sein kann als allein reisende Frau nicht ernst genommen zu werden. Zuvor hatte sie lediglich Vermutungen.

Wiebke ist Optimistin. Fröhlich, offen, freundlich, hilfsbereit. Sie geht immer davon aus, dass sie Gutes erwartet, dass Menschen freundlich sind und hilfsbereit. Das ist auch in Marokko meistens der Fall. Es gab allerdings auch schon Situationen, in denen ihr Urvertrauen erschüttert wurde. Etwa wenn sie als weiße, nicht verheiratete Frau nicht ernst genommen wird, oder wenn sie wegen der Sprachbarriere missverstanden wird und die Menschen deshalb verärgert sind, was sie wohl sehr schnell sind. An solch schmerzhafte Erfahrungen muss Wiebke sich gewöhnen und sie will lernen, solche Situationen besser vermeiden zu können.

Meine Freiheit ist mir sehr wichtig und ich bin als ein gleichwertiger Teil der Gesellschaft aufgewachsen. Nun verschieben sich meine Freiheiten hier und weil ich noch nicht so lange Zeit hier bin, kann ich diese Veränderung noch nicht so gut definieren. - Wiebke Lühmann

Eine Radreise gleicht einem Marathon

Pausen werden genutzt, um alles zu verarbeiten.Foto: Wiebke LühmannPausen werden genutzt, um alles zu verarbeiten.

All die neuen Eindrücke, Erlebnisse, Höhepunkte und Tiefpunkte können überfordernd sein. Bis sie sich einigermaßen angekommen fühlte, hat es einige Tage gedauert und die Gewöhnung dauert weiter an. Deshalb sagt sie sich selbst:

Sei geduldig. Anpassung bedarf Zeit. Und eine Radreise gleicht einem Marathon und ist alles andere als ein Sprint. - Wiebke Lühmann

Nach vielen neuen Erlebnissen, nach etwa zwei Wochen gemeinsamer Reise mit Robbie, nach einer Lebensmittelvergiftung, nach einer Woche ohne warme Dusche mit 500 Kilometer Radfahren unter der Sonne Afrikas, ohne zu wissen, wo sie die kommende Nacht verbringen wird, nach spontanen Fußballspielen mit Kindern und viel mehr hat Wiebke Lühmann Marrakesch erreicht.

Vorfreude - das kommt als nächstes

Fabienne Engel ist auf dem Weg nach Marrakesch. Fabienne ist eine Foto- und Videografin - und eine gute Freundin von Wiebke. Gemeinsam haben sie schon ein Videoprojekt erfolgreich beendet. Der Film “On her own” zeigt Wiebkes Reise zum Nordkap. Auch von der Fahrt zum Kap der Guten Hoffnung soll ein Film entstehen, auch der Film soll viele andere Menschen dazu inspirieren, mutig zu sein und loszufahren. Das Ziel muss dabei nicht die andere Seite des Planeten sein, es kann auch die erste Bikepacking-Tour des Lebens sein. Auch dass Radfahren mehr ist als Sport, soll der Film zeigen - nämlich eine Art zu leben.

The goal is to inspire many others, showing the beauty of the world and promoting cycling as not only a sport but also a way of life. - Wiebke Lühmann

In den kommenden Wochen geht es für die zwei Freundinnen also gemeinsam von Marrakesch über das Atlas-Gebirge wieder an die Atlantik-Küste. In Agadir heißt es dann, erst einmal Abschied zu nehmen, denn Fabienne fliegt zurück in die Heimat, während Wiebke immer weiter nach Süden radelt.

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