Der Radsport-Weltverband UCI hat den spanischen Mountainbike-Profi Edgar Carballo Gonzalez für zwölf Monate von allen radsportbezogenen Aktivitäten ausgeschlossen. Die unabhängige Ethikkommission des Verbandes fällte diese Entscheidung nach einem Vorfall, der als sexuelle Belästigung eingestuft wurde. Der 36-jährige Downhill- und Enduro-Spezialist muss damit für ein Jahr pausieren, während sein bisheriger Ausrüster Mondraker bereits die sofortige Beendigung der Zusammenarbeit verkündet hat. Die Sperre betrifft sämtliche Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Radsport und stellt einen der seltenen Fälle dar, in denen die UCI-Ethikkommission wegen sexueller Belästigung eine derart weitreichende Sanktion verhängt.
Auslöser für das Verfahren war eine Meldung über die UCI-Plattform SpeakUp, die Betroffenen die Möglichkeit bietet, Missstände vertraulich anzuzeigen. Eine Fahrerin hatte dort einen Vorfall gemeldet, der sich in ihrem Van im offiziellen Fahrerlager des UCI-Weltcups in Leogang ereignet hatte. Laut dem Bericht habe Carballo Gonzalez trotz eindeutiger Ablehnung sexuelle Annäherungsversuche unternommen und die Athletin unangemessen berührt. Besonders schwerwiegend wertete die Kommission, dass der Spanier während des Vorfalls sogar das Wort "Vergewaltigung" benutzt haben soll. Die Ethikkommission sah in diesem Verhalten eine klare Verletzung der Würde der Fahrerin und stufte den Vorfall als eindeutigen Fall von sexueller Belästigung ein. Die Untersuchung führte zu dem Schluss, dass ein gravierender Verstoß gegen die ethischen Grundsätze des Radsportverbandes vorlag.
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Die Ethikkommission kam zu dem Ergebnis, dass Carballo Gonzalez mit seinem Verhalten gegen mehrere Bestimmungen des UCI-Ethikcodes verstoßen hat. Konkret wurden Verstöße gegen Artikel 6.4, der den Schutz der körperlichen und geistigen Unversehrtheit regelt, sowie gegen Artikel 2.3 im Anhang 1 des Codes, der explizit sexuelle Belästigung behandelt, festgestellt. Diese Verstöße wurden als so schwerwiegend eingestuft, dass die Kommission eine einjährige Sperre für angemessen hielt. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da Carballo Gonzalez die Möglichkeit hat, gegen das Urteil vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) Einspruch einzulegen. Ob der Spanier von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird, ist bislang nicht bekannt. Die Sperre unterstreicht jedoch die Entschlossenheit der UCI, gegen Fehlverhalten im Radsport konsequent vorzugehen.
Edgar Carballo Gonzalez hat sich in der Mountainbike-Szene vor allem im Downhill und Enduro einen Namen gemacht. Der 36-jährige Spanier konnte in seiner Heimat mehrere nationale Meistertitel in beiden Disziplinen erringen und zählte damit zu den erfolgreichsten Mountainbikern Spaniens. Seinen größten internationalen Erfolg feierte er 2022 mit dem Sieg beim E-EDR-Weltcuprennen im schottischen Innerleithen. Dieser Erfolg im aufstrebenden Segment des elektrisch unterstützten Enduro-Racings unterstrich seine Vielseitigkeit als Fahrer. Zuletzt war Carballo Gonzalez für das Team Vadebicis–Mondraker an den Start gegangen und hatte dort als einer der Teamleader fungiert. Die nun verhängte Sperre bedeutet einen erheblichen Einschnitt in seiner sportlichen Laufbahn, da er für ein volles Jahr keine Rennen bestreiten darf.
Der spanische Fahrradhersteller Mondraker, der als einer der Hauptsponsoren von Carballo Gonzalez fungierte, reagierte umgehend auf die Entscheidung der UCI-Ethikkommission. In einem offiziellen Statement gab das Unternehmen bekannt, die Zusammenarbeit mit dem Athleten mit sofortiger Wirkung zu beenden. Mondraker betonte, dass man die Entscheidung der UCI respektiere und "bis auf Weiteres" keine geschäftliche Beziehung zu Carballo Gonzalez unterhalten werde. Diese schnelle und deutliche Reaktion des Sponsors zeigt, wie ernst derartige Vorwürfe in der Radsportindustrie genommen werden. Für Carballo Gonzalez bedeutet dies neben der sportlichen Sperre auch einen erheblichen finanziellen Einschnitt, da er nun einen seiner wichtigsten Unterstützer verloren hat.
Der Radsport-Weltverband UCI nutzte den Fall, um seinen Einsatz für Sicherheit und Integrität im Radsport zu bekräftigen. Die UCI betonte, dass man weiterhin konsequent gegen Verstöße vorgehen werde, die die Würde und Integrität von Personen im Radsportumfeld verletzen. Die Plattform UCI SpeakUp, über die der Vorfall gemeldet wurde, sei ein wichtiger Baustein, um Betroffenen einen geschützten Weg zur Meldung von Vorfällen zu bieten. Der Verband sieht in solchen Meldesystemen ein wesentliches Instrument, um Fehlverhalten aufzudecken und angemessen darauf reagieren zu können. Die UCI signalisiert damit, dass sie sexuelle Belästigung und andere Formen von Fehlverhalten im Radsport nicht toleriert und bereit ist, auch gegen etablierte Athleten vorzugehen, wenn diese gegen die ethischen Grundsätze des Sports verstoßen.