Red Bull Rampage 2023Best-Trick-Winner Bienvenido Aquada Alba im Interview

Dimitri Lehner

 · 10.11.2023

Im Glück: Bienvenido Aguado Alba gewinnt den Best Trick Award.
Foto: Red Bull
Verrückter, krasser, gefährlicher: Die Red Bull Rampage ist das größte Spektakel im Mountainbike-Sport, das steht fest. Die Stuntshow in den roten Felsen Utahs ist die inoffizielle Weltmeisterschaft der Freerider. Dieses Jahr stach ein Fahrer besonders heraus: der Spanier Bienvenido Aquada Alba. Wir sprachen mit dem Freeride-Hero über die Red Bull Rampage 2023.

Die Red Bull Rampage ist das größte Spektakel im Mountainbike-Sport, das steht fest. Kein anderes Event erreicht so viele Menschen. Die Stuntshow in den roten Felsen Utahs ist die inoffizielle Weltmeisterschaft der Freerider.

Jedes Jahr wird der Big-Mountain-Wettkampf verrückter, krasser, gefährlicher. Die Red Bull Rampage polarisiert. Das macht sie auch so spannend. “Zu riskant, mehr noch: lebensgefährlich!”, sagen die einen, “genau im Zeitgeist, was der Sport braucht”, sagen die anderen.

Und dann ist da noch die Bewertung der Jury. Jedes Jahr ereifern, dissen, klugscheißen, bashen die Fans weltweit; jeder will es anderes gesehen haben, besser einschätzen können. Auch das macht die Red Bull Rampage so unterhaltend. Dieses Jahr stach ein Fahrer besonders heraus: der Spanier Bienvenido Aquada Alba. Wir sprachen mit dem Freeride-Hero über die Red Bull Rampage 2023.

FREERIDE: Bienve, was für eine Show! Mit deinem Frontflip über das Canyon-Gap hast du die ganze Freeride-Szene zum Jubeln gebracht.
Alba: Dank dir. Das freut mich riesig. Vor allem nach meinem verpatzten Debüt 2019 war mir das eine Riesen-Genugtuung.

Bilderbuch-Flip: Bienvenido gelingt der Superstunt der Red Bull Rampage 2023.Foto: Red BullBilderbuch-Flip: Bienvenido gelingt der Superstunt der Red Bull Rampage 2023.

Du hattest einen super Run, das war Fluch und Segen zugleich in meinen Augen. Vielleicht hast du es schlichtweg zu geschmeidig aussehen lassen. Zu wenig Drama.
Ha ha, das kann gut sein. Der Anfang meines Runs war etwas zu zahm. Das Problem lag im Wind. Es war sehr windig und das Risiko daher hoch, bei einem Trick verblasen zu werden. Deswegen bin ich oben auf Nummer sicher gegangen, um weiter unten richtig zu glänzen.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Cam Zink hatte da die bessere Strategie, ungewollt natürlich. Er hatte Drama im ersten Lauf mit seinem Sturz und so wirkte der zweite Lauf doppelt stark.
Du hast Recht, vielleicht hätte mir etwas Drama geholfen. Doch eher fürs Publikum, nicht bei den Wettkampfrichtern. Das glaube ich auf keinen Fall. Die hatten gesehen, dass der obere Teil meines Runs etwas soft war. Egal. Ich habe mich über meine zwei “Top to Bottom”-Runs ohne Drama gefreut.

Ja, du schienst auf Happy-Pills nach deinem Run. War da kein bisschen Enttäuschung als du langsam aber stetig im Ranking nach unten gewandert bist?
Nicht wirklich. Denn mein einziger Wunsch war, wieder zur Rampage eingeladen zu werden. Ohne dass ich mich erneut bewerben muss oder mich auf irgendeine Art qualifizieren. Das war meine Mission. Und natürlich: mich nicht zu verletzen. Als ich festgestellt habe, dass mir das gelungen ist und ich noch einige Awards obendrein bekommen habe – da konnte ich nur happy sein.

Da ist also kein fader Beigeschmack?
Nein. Ich bin glücklich. Ich bin nächstes Jahr dabei, bekam drei Awards und die Liebesdusche vom Publikum.

Rampage-Fotograf Ale di Lullo sagte übers Judging: “Es ist halt ein amerikanischer Wettkampf”. Glaubst du, der Rampage würde eine internationale Jury gut stehen?
Ich finde die jetzigen Judges eigentlich okay. Die Typen sind alle Legenden in meinen Augen. Doch ja, das wäre eine coole Veränderung, wenn unter den Wettkampfrichter auch Europäer wären wie Martin Söderström, Sam Reynolds, Yannik Granieri oder Andreu Lacondeguy. Aber im Grunde ist mir die Zusammensetzung der Jury egal.

Wie viele Rider auf der Welt kriegen so einen Frontflip hin?
Momentan nur ein Mensch auf der Welt: Tom van Steenbergen. Tom würde das schaffen. Er hatte es 2014 schon mal versucht und hätte es beinahe geschafft.

Nur er hätte so einen Frontflip drauf: Tom Van Steenbergen. Doch der Kanadier entschied sich für den Caveman und landete damit auf Platz 2.Foto: Red BullNur er hätte so einen Frontflip drauf: Tom Van Steenbergen. Doch der Kanadier entschied sich für den Caveman und landete damit auf Platz 2.

Was ist dir vor dem Stunt durch den Kopf gegangen?
Die richtige Geschwindigkeit. Das Risiko zu schnell zu sein, war immens. Denn bei Frontflips fliegst du meist noch weiter als gedacht. Ich musste also viel bremsen. Das hinzukriegen, war nicht einfach. Ich musste weit genug fliegen, um übers Canyon-Gap zu kommen, doch durfte auf keinen Fall die Landung überschießen. Das war richtig scary. Im Training ist mir das an einem anderen Sprung passiert. Du bist aufgeregt und neigst dazu, zu schnell zu sein. Ich habe es also “the hard way” gelernt.

War das dein weitester Frontflip, den du je gesprungen bist?
Nein, den machte ich beim Darkfest in Südafrika. Das waren 100 Feet, also knapp über 30 Meter. Bei der Rampage flippte ich 72 Feet weit, also 22 Meter. Doch die Landung beim Darkfest war fünf Mal so groß. Und das macht einen enormen Unterschied. Denn das ist viel sicherer.

Wenn du einen der beiden noch mal machen müsstest?
Den weiten vom Darkfest wegen seiner breiten Landung.

Welcher Fahrer hat dich bei der Rampage 2023 besonders beeindruckt?
Emil Johansson. Mich hat sehr gewundert, dass er nur auf Platz 7 gelandet ist. Und natürlich Brendan Fairclough. Seine Line war verrückt. Da war das Risiko am höchsten. Brendog hätte besser platziert werden müssen, ganz sicher. Genau wie Emil. Doch das Judging ist hart. Denn jede Line ist anders. Dadurch entstehen die Diskussionen. Am Bildschirm zuhause sieht alles anders aus. Du musst vor Ort sein und die Lines kennen.

Schlachtschiff nannten Fairclough und Szymon Godziek ihren verrückten Felsgrat, auf den sie wie auf einem Flugzeugträger landeten und danach wieder runter sprangen. Mit dem Unterschied, dass die Landebahn mini war.Foto: Red BullSchlachtschiff nannten Fairclough und Szymon Godziek ihren verrückten Felsgrat, auf den sie wie auf einem Flugzeugträger landeten und danach wieder runter sprangen. Mit dem Unterschied, dass die Landebahn mini war.

Dich haben also Johansson und Fairclough beeindruckt.
Und Zink natürlich. Das war krank, was er gemacht hat.

Du bist auch ein Meister der Backflips. Hättest du Zinks Backflip machen können?
Ich glaube schon, dass ich so einen großen Backflip Stepdown hinkriegen würde. Doch der Inrun zum dem Stunt, den Zink wählte, war wild. Wow, dass war ein krasser In-Run. Er musste springen, er musste einen Turn machen, alles ziemlich beengt und das unmittelbar vor dem Backflip. Das war ne krasse Nummer und er ließ es viel leichter aussehen als es war.

Letzte Frage: Hat Gee Atherton komplett den Verstand verloren?
(Zur Erklärung: Der 38-jährige Engländer sprang im Training den höchsten Drop der Rampage mit schätzungsweise 18 bis 20 Metern vertikaler Höhe.)
Gee Atherton war auf einer Mission. Der Typ ist der Hammer. Richtig beeindruckend. Gee ist ein Wildman, er ist wild im Wortsinn! Wir fuhren zusammen vor dem Wettkampf auf dem alten Rampage-Gelände. Er scherte sich einen Dreck ums Risiko und machte alle großen Stunts, die man machen konnte. So sicher und so kontrolliert. Bei dem Superdrop hatte er schlichtweg Pech.

Hast du den Drop selbst gesehen?
Ja, ich war dort. Ich habe ihn mir genau angeschaut. Es war ein sehr langsamer Oldschool-Drop. Super sketchy, denn du hast gar nichts gesehen. Du musstest super langsam fahren, denn die Landung war fast senkrecht unter dem Absprung.

Ich habe gehört, es soll der höchste Drop in der Geschichte der Rampage gewesen sein.
Ja, die vertikale Höhe war die höchste. Das kann ich mir gut vorstellen. Er war 18 bis 20 Meter hoch, senkrecht nach oben gemessen von der Landung, also reiner Höhenunterschied. Und dabei noch furchtbar kurz. Ich kann mir sogar vorstellen, dass das der höchste Drop überhaupt ist, der je versucht wurde. Nicht nur bei der Rampage.

Bienve, danke für das Gespräch!

Meistgelesen in der Rubrik Events