Flashback 1996Als Marcus Klausmann beinahe Worldcup-Gesamtsieger wurde

Laurin Lehner

 · 20.01.2025

Flashback 1996: Als Marcus Klausmann beinahe Worldcup-Gesamtsieger wurdeFoto: Privatarchiv/Klausmann
Karriere-Höhepunkt: Marcus posiert mit dem Pokal für den 2. Platz in der Worldcup-Gesamtwertung.
1996 wird Marcus Klausmann beinahe Downhill-Worldcup-Gesamtsieger – doch eben nur beinahe. Am Ende reicht es für den 19-Jährigen für Platz zwei. Auf dem Podium steht er dennoch nicht, die Siegerehrung verschläft Klausmann im Wohnwagen.

Marcus Klausmann ist Deutschlands erfolgreichster Downhill-Racer. Der Badener ist 15-facher Deutscher Meister. 2016 beendete er seine Rennkarriere aufgrund von Herzrhythmusstörungen. Heute unterstützt der 47-Jährige seinen Sohn Levin neben der Rennstrecke und bietet unter seinem Label Klausmann-Suspension Tuning und Service für Fahrwerkskomponenten an.

Rückblick 1996

1996 dominierten Typen wie Nico Vouilloz, John Tomac und Shaun Palmer die Ranglisten im Downhill-Worldcup. Und noch ein Name tauchte weit oben im Ranking auf – ein deutscher: Marcus Klausmann.

Der Badener war gerade mal 19 Jahre alt und trug noch eine Zahnspange. Es war die Zeit, als der Worldcup live auf Eurosport im Fernsehen lief, Lenker im Rennen wegknickten wie Holzstöckchen, Rahmen brachen und die Downhill-Boliden gerade mal 140 Millimeter Federweg besaßen.

Der junge Klausmann tingelte mit seinem Hot Chili „X-Rage“ um die Welt; Papa Klausmann kümmerte sich um das Race-Setup. „1996 war mein Jahr. Ich war ganz nah dran an der Weltspitze“, erinnert sich Marcus.

Der Worldcup blieb spannend bis zum letzten Rennen. Das Finale fand auf der Hawaii-Insel Maui statt. Im Tropen-Dschungel wollte sich Klausmann die Downhill-Krone erkämpfen. Das wollten aber auch Mike King, Shaun Palmer und Thomas Misser – und allen voran Nico Vouilloz.

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Rutschpartie: Marcus gibt beim Qualifikations-Lauf Gas, ist sauschnell und macht dennoch alles falsch. Im Finallauf trifft Regen auf Lehmboden.Foto: Privatarchiv/KlausmannRutschpartie: Marcus gibt beim Qualifikations-Lauf Gas, ist sauschnell und macht dennoch alles falsch. Im Finallauf trifft Regen auf Lehmboden.

Die Abfahrt startete im Regenwald und führte dann über Highspeed-Passagen auf meist lehmigem Untergrund ins Tal. Schnell bemerkten manche Fahrer, dass immer am Nachmittag Regen einsetzte. “Man konnte die Uhr danach stellen. Um Punkt zwei Uhr begann es zu pissen”, erinnert sich Marcus im Nachhinein.

Dummerweise fiel das damals ihm selbst nicht auf. Der Regen verwandelte den Lehmboden in eine Rutschbahn – als hätte man Laminat mit Vaseline poliert. Viele Fahrer trödelten bei der Quali bewusst, um im Finale so früh wie möglich und noch im Trockenen zu starten.

Klausmann dagegen gab Gas. “Ich gab alles – ich Depp”, erzählt Marcus. Im Finale kam es, wie es kommen musste. Die Rechnung von Fahrern wie Miles Rockwell oder John Tomac ging auf. Sie starteten dank schlechter Quali-Zeit früh im Finale, als der Boden noch trocken und griffig war. Marcus dagegen spät.

Die Strecke glänzte jetzt vor Nässe – und Marcus stürzte im Glibber. Dennoch: Es reichte für den 11. Platz. Sein Rivale Nico Vouilloz fuhr auf Platz 9. “Dabei hätte ich nur Vouilloz schlagen müssen, um Worldcup-Gesamtsieger zu werden”, sagt Marcus.

Am Ende wurde er Zweiter, auf dem Podium stand er trotzdem nicht: Nach dem Rennen legte sich Klausmann im Wohnwagen kurz aufs Ohr – und verpennte so glatt die Siegerehrung.

Marcus Klausmann im Interview

“Ich habe mich nach dem Rennen noch oft genug darüber geärgert”, sagt Marcus Klausmann (47) heute.Foto: Laurin Lehner“Ich habe mich nach dem Rennen noch oft genug darüber geärgert”, sagt Marcus Klausmann (47) heute.

BIKE: Marcus, wie oft hast du dich im Nachhinein über deinen Strategie-Fehler geärgert?
MARCUS KLAUSMANN: Puh, oft. Ich erinnere mich, wie Miles Rockwell nach dem Rennen zu mir kam und sagte: “Sag mal, hast du das nicht gemerkt?! Ab zwei Uhr regnet es hier”. Man muss aber auch sagen, dass es Nico Vouilloz genauso ging wie mir. Es war also ein faires Duell.

Du bist in dem Jahr noch Fünfter in der Weltmeisterschaft geworden, in der darauffolgenden Saison lief es dann nicht mehr so rund.
Das stimmt. Ich bin in das falsche Team gewechselt. Im Nachhinein sehe ich das als die größte Fehlentscheidung meiner Karriere. Das Bike war nicht schlecht, aber das Material kam nicht an das der Konkurrenz ran, die Stimmung im Team war mies und es kam kein Geld auf meinem Konto an. Zu guter Letzt wurde ich auch noch krank und musste Rennen aussetzen.

Was würdest du deinem 19-jährigen Ich heute raten?
Glaub nicht alles, was dir versprochen wird und lies das Kleingedruckte gut durch.

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