Kommentar„Tour de France nach Starnberg?“

Dimitri Lehner

 · 18.07.2025

Kommentar: „Tour de France nach Starnberg?“Foto: Red Bull
Rennradler in Straßenmitte: „nervig, gefährlich, beides“
Mal wieder: Stress auf der Straße! Rennradfahrer fahren gerne in Straßenmitte. Besonders wenn sie nebeneinander fahren, selbst auf viel befahrenen Bundes- und Landstraßen. Wollt ihr meine Meinung dazu? Ja, haben sie euch ins Hirn geschissen! Ein Kommentar von Dimitri Lehner.

Gestern passiert auf der Olympia-Straße zwischen München und Starnberg, meiner täglichen Radel-Strecke zwischen Zuhause und Büro: Da überholt mich dieses fesche Roadie-Pärchen. Fescher geht’s kaum. Die zwei Rennradler haben sich durchgestylt. Sie wie er ganz in Weiß mit Weltmeisterstreifen auf dem hautengen Trikot. Alles identisch: von Socken bis Helm. Alles windschnittig: von Helm bis Schuh. Er auf einem weißen S-Works. Sie vermutlich auch, das konnte ich nicht erkennen.

Die zwei fahren nebeneinander. War klar! Sie ein, zwei Meter neben ihm, fast in Straßenmitte.

Ah so, denke ich, die Ausreißer der Tour die France 2025 nehmen jetzt also Kurs auf Starnberg!

Gleich beginnt ein Radweg. Er wurde vor ein paar Jahren neu gebaut. Damals dachte ich, es würde die angekündigte vierte Landebahn des Münchner Flughafens werden – so breit wurde der feine Asphalt hier auswalzt. Aber unser Roadie-Pärchen bleibt auf der Straße. Natürlich. Weiterhin nebeneinander.
Autos kommen, fahren auf, bremsen, stauen sich. Die zwei fahren unbeirrt nebeneinander weiter. Gegenverkehr naht, daher staut es sich noch mehr.

Ich beobachte, was passiert. Was passiert? Nix passiert. Noch nix.

Mein Pärchen in Weiß zieht’s durch, vermutlich autorisiert durch die Weltmeister-Streifen. Als Autofahrer würde ich ausrasten. Denn diese Attitude triggert mich.
Was soll das?

“Wanna-Be-Van-der-Poels“ schädigen den Ruf aller Radler

Nur weil ich ein Chamois-Höschen trage und die weißen Rapha Pro Team Socken nach oben gezogen habe, darf ich mir alles erlauben? Diese „Wanna-Be-Van-der-Poels“ legen eine Arroganz und Ignoranz an den Tag, die den Ruf aller Radler schädigt. Mehr noch: Oft wird’s richtig gefährlich – durch dieses Verhalten! An einem anderen Tag, vor Wangen, scherte ein genervter BMW-Fahrer hinter zwei parallel fahrenden Rennradlern aus und überholte mit heulendem Motor, wo man nicht überholen kann. Schreckmoment! Um ein Haar wäre er mit einem Unimog zusammen geprallt. In meinen Augen war das ganz klar provoziert durch die Roadies. Ich versteh es nicht – wir sind doch alle auch Autofahrer! Was soll der Mist!

Die StVO – das weiß ich – erlaubt grundsätzlich, dass Radfahrer nebeneinander fahren dürfen, solange der Verkehr nicht behindert wird. Doch darum geht es nicht. Denn die Gesetzeslage erlaubt auch, dass ich an der Isar, wo andere in der Sonne liegen und Stille und die Natur genießen, meine Beatbox aufdrehe und Techno-Mucke höre. Trotzdem ist das respektlos, ignorant und extrem störend.

Also, hergehört ihr selbsternannten Götter der Straße! Hört auf mit dem Scheiß! Und fahrt hintereinander wie wir anderen alle auch, wenn Autos kommen. Und wenn’s einen guten Radweg gibt, dann dort. Denn dafür ist er gemacht – und dafür haben wir mit unseren Steuergeldern bezahlt!

Gelten als Verband: 16 Radler oder mehr.Foto: Maximilian Fries / Red BullGelten als Verband: 16 Radler oder mehr.

Gut zu wissen!


In Deutschland dürfen Radfahrer gemäß der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ab einer Gruppengröße von 16 Personen auch in geschlossenen Verbänden nebeneinander auf der Fahrbahn fahren. In diesem Fall gelten sie als „geschlossener Verband“ und dürfen die gesamte Fahrbahn in Anspruch nehmen, vergleichbar mit einem Fahrzeug. Es ist wichtig, dass der Verband erkennbar zusammengehört, zum Beispiel durch eine einheitliche Fahrweise.

Fährt am liebsten, wo keiner fährt: Dimitri LehnerFoto: Georg GrieshaberFährt am liebsten, wo keiner fährt: Dimitri Lehner

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