Interview mit Johannes FischbachDownhill-Racer Fischi ist total verblüfft.

Laurin Lehner

 · 07.05.2023

Rennfahrer by nature: Der Oberpfälzer Johannes Fischbach (35) fuhr jahrelang Fourcross-Worldcup, 2012 wechselte er ins Downhill-Lager. Neben City-Downhills startete Fischi auch bei der Red Bull Hardline.
Foto: Rudi Schedl

Deutschlands prominentester DH-Worldcup-Racer Johannes “Fischi“ Fischbach startet 2023 in der neu gegründeten EDR-R-Rennserie – das E-Pendant zur Enduro World Series. Fischi über den Reiz des Wechsels, E-Doping und Wehwehchen.

Fischi, als langjähriger Racer im Downhill-Wordcup wirst Du 2023 in der Rennserie EDR-E starten. Ist Dir die Entscheidung schwergefallen, ins E-Enduro-Lager zu wechseln?

Nein. Denn da kamen drei Gründe zusammen: 1. Ich fuhr im DH-Worldcup einen Fremdrahmen, weil mein ehemaliger Sponsor keinen Downhiller im Programm hatte. 2. Den Fahrern ohne Renn-Team im Rücken wird es zunehmend schwerer gemacht durch die neuen UCI-Regeln und Gebühren. 3. Und mich langweilten die immer selben Strecken. Jedes Jahr der gleiche Ort, die gleiche Abfahrt – das nervte! E-Biken liegt mir schon lange, wie viele wissen, und das frische Rennformat reizt mich. Trotzdem: Ich sehe es eher als DH-Pause, schreibt mich im DH-Worldcup also nicht ab.

Als ehemaliger Fourcrosser bist Du topfit. Wieso nicht bei der EWS starten, Enduro-Racing ohne Motor?

Das neue E-Format finde ich noch spannender, alleine wegen der Vielseitigkeit. Beispiel: die technischen Uphills. Das ist neu, fresh und wird vielen gefallen, da bin ich mir sicher. Und das mit dem “Topfit-Sein“ ist so eine Sache. Mein Körper ist mittlerweile eine Baustelle. Mein Knie zwickt, der Rücken schmerzt. Manche Trainings­einheiten lässt mein Körper gar nicht mehr zu.

Siegesfeier beim Red Bull Valparaiso Cerro Abajo in Chile (Feb. 2022).Foto: Red Bull Content Pool
Siegesfeier beim Red Bull Valparaiso Cerro Abajo in Chile (Feb. 2022).

Das würde das Klischee untermauern: E-Biken nur für Alte und Gebrechliche.

Vergiss es! Die E-Bike-Rennen sind kein bisschen weniger anstrengend. Glaub’ mir, ich kenne beide Formate. Ich war total verblüfft, als ich letztes Jahr das Event in
Finale Ligure mitgefahren bin. Das hätte ich mir niemals so kräftezehrend vorgestellt.

Die UCI hat das E-Pendant nun im Programm aufgenommen. Das verspricht Medienaufmerksamkeit und Professionalität. Glaubst Du, die Serie wird mit Motor-Doping zu kämpfen haben?

Sobald es um etwas geht, kann man Betrug nie ausschließen. Ich hoffe, dass die UCI verlässlich kontrolliert. Die Regeln sind ja so, dass die Bikes auf 25 km/h gedrosselt sein müssen. Die Motorleistung ist nicht reguliert, und über die Akku-Kapazität kann jeder selbst entscheiden. Hier kann man strategisch vorgehen, denn wer einen 1000-Wattstunden-Akku wählt, muss mit dem Mehrgewicht klarkommen.

Die EDR-E ist noch ganz jung. Siehst Du das E-Rennformat in der Zukunft vielleicht sogar vor der EWS?

Es hat auf jeden Fall das Potenzial dazu. Die Uphill-Stages bringen die Würze. Du musst wissen: Verbockst du es bei einem technischen Uphill, kannst du einpacken. Denn hier verlierst du so viele Sekunden. Die kannst du bei der Abfahrts-Stage nicht mehr reinholen. Dazu kommen die strategischen Entscheidungen über die Akku-Kapazität, da sind unvorhersehbare Führungswechsel vorprogrammiert. So was macht das Rennformat aus und vielleicht sogar spannender als die Rennen der Kollegen ohne Motor.

Kannst Du Dir vorstellen, dass Enduro-Racer zur EDR-E-Serie wechseln, sobald sie vorne nicht mehr mitfahren können?

Natürlich wird es EWS-Fahrer geben, die das E-Pendant reizt. Mich reizt es ja auch. Schon alleine, weil es anders ist. Ich sehe die EDR-E nicht als schwächere Variante der EWS. Auch das Format und die Anforderungen sind ganz anders.

"Fischi" liebt den Downhill - in jeder Form.Foto: Rudi Schedl
"Fischi" liebt den Downhill - in jeder Form.

Weil wir gerade über die Hierarchie der Rennformate sprechen. Ist der Downhill-Worldcup die unangefochtene Nummer 1 im Mountainbiken?

Ja, der Downhill-Worldcup ist die Nummer 1. Das ist Spannung pur. Du hast eine kurze Strecke, die sich gut einsehen und übertragen lässt. Dazu starten die besseren Fahrer später, was einen ständigen Führungswechsel garantiert. Eine Hundertstel­sekunde entscheidet über Sieg und Niederlage. Beim Enduro-Format dagegen zieht sich alles in die Länge, und erst am Schluss werden die Zeiten addiert und die Sieger ermittelt. Da geht Spannung verloren.

Es wird nur fünf EDR-E-Rennen geben. Was machst Du den Rest des Jahres?

Stimmt, zumindest 2023. Rennen in Übersee wird es vorerst aus logistischen Gründen nicht geben. Ich liebe es, Rennen zu fahren, daher werde ich auch an anderen Events starten. Wer weiß, vielleicht lassen es manche Rennen zu, wenn ich den Akku aus meinem Bike nehme. Denn ein Bio-Bike hat mein Sponsor GasGas nicht im Programm. Ich habe aber noch viele andere Dinge auf meiner To-do-Liste, da wird es mir sicher nicht langweilig. Zum Beispiel werde ich viel mit meinem texanischen Buddy Uncle Ray unternehmen. Der Typ ist so krass und hat unglaubliche Dinge vor. Lasst Euch überraschen.

“Fischi” mal ganz entspannt privat.Foto: Lars Scharl
“Fischi” mal ganz entspannt privat.