Was war passiert: Der Spanier Adolf Silva erlitt den schwersten Sturz der Rampage 2025 und möglicherweise aller vorherigen Rampages. Im ersten Durchgang hatte Silva einen Missgeschick, bei dem er fast seine Hose verlor und mit entblößtem Hintern durch die Luft flog.
Im zweiten Versuch versuchte er das schier Unmögliche: einen Doppel-Backflip über eine Klippe. Leider geschah das, was bei einem Doppel-Flip unbedingt vermieden werden muss: Silva drehte sich zu wenig, blieb mit dem Vorderrad hängen und traf den Boden wie bei einem Kopfsprung ins Schwimmbad. Adolf verletzt sich so schwer, dass er nun im Rollstuhl sitzt. Die knallharte Prognose der Ärzte: Du wirst nicht mehr laufen können. Doch Adolf lässt sich dadurch nicht beirren, wie er im Q&A-Interview auf seinem Youtube-Kanal erzählt.
BIKE: Wie geht es dir mental?
Adolf Silva: Mental fühle ich mich stärker als je zuvor. So verrückt es klingt: Das, was passiert ist, hat mich irgendwie noch widerstandsfähiger gemacht. Ich fühle mich gut, motiviert und bereit, weiterzumachen.
War der Double Backflip geplant – und warum hast du ihn gemacht?
Ja, der Double Flip war geplant. Ich hatte ihn zu Hause schon ausprobiert, auch wenn das Setup dort nicht ideal war. Trotzdem war ich mir zu 100 Prozent sicher, dass es funktionieren würde. Die Idee begleitet mich seit Rampage 2018, als mir viele davon abgeraten hatten, ihn ungeprobt zu versuchen. Seitdem war er immer im Hinterkopf, und dieses Jahr wollte ich es endlich durchziehen.
Erinnerst du dich an den Unfall?
Ja, an alles. Ich habe nie das Bewusstsein verloren und war jederzeit klar – ich wusste, wo ich war, was passierte und was die Leute um mich herum sagten. Ich erinnere mich sogar noch an die Landung des Canyon Gaps, ans Anbremsen für den Double und den Fokus für den Drop. Was genau schiefging – zu wenig Speed, zu wenig Zug – weiß niemand. Aber ich erinnere mich an jede Sekunde.
Was hast du direkt nach dem Crash gefühlt?
Als ich zum Stillstand kam, habe ich sofort gemerkt, dass ich meinen Körper ab der Brust abwärts nicht mehr fühle. Ich sagte meiner Frau direkt, dass meine Beine nicht funktionieren würden. Gleichzeitig hatte ich starke Schmerzen im oberen Rücken. Ich wusste sofort, dass etwas Ernstes passiert war.
Wie lautet die genaue Verletzungsstufe?
Es ist eine T3-Verletzung – also ab Brusthöhe abwärts.
Was wurde während der Operation gemacht?
Die OP dauerte fünf bis sechs Stunden. Mein Rücken war disloziert, T2 und T3 waren gebrochen. Die Ärzte richteten die Wirbelsäule wieder aus, verschraubten und versteiften sie von T2 bis T6 mit zwei Platten und mehreren Schrauben.
Welche Behandlungen gibt es für Rückenmarksverletzungen?
Es gibt viele Ansätze – Stammzelltherapien, elektrische Nervenstimulationen und andere experimentelle Methoden. Aber nichts davon ist derzeit wissenschaftlich bewiesen. Wir schauen uns alles an, prüfen mit den Ärzten, was Sinn macht, und entscheiden Schritt für Schritt.
Was fällt dir am schwersten zu akzeptieren?
Ganz klar: der ganze Toilettenprozess. Wenn nichts unterhalb der Brust funktioniert, muss alles komplett anders erfolgen. Das ist für alle Betroffenen die größte Umstellung – und für mich auch.
Würdest du es wieder versuchen? Bereust du es, den Double Backflip versucht zu haben?
Nein, ich bereue es nicht. Dieser Trick war seit Jahren in meinem Kopf, und ich wusste, dass der Moment kommen würde. Würde ich es wieder versuchen? Ja. Man weiß nie, was sonst passiert wäre – vielleicht wäre es perfekt gelandet, vielleicht wäre ich später im Run gestürzt. Es ist einfach passiert. Der einzige Weg ist jetzt nach vorne: akzeptieren, anpassen, weitermachen.
Was hat sich seit dem Unfall am meisten verändert?
Eigentlich alles: Anziehen, ins Auto steigen, ins Bett gehen – alles passiert nur noch mit den Armen und im Rollstuhl. Der größte Einschnitt bleibt aber, wie gesagt, das Toilettenthema.
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Wie waren die ersten Wochen im Krankenhaus?
Trotz allem waren die ersten Wochen gut. Die Pflegekräfte haben sich unglaublich gut um uns gekümmert. Ich lag zunächst viel, um die Heilung nicht zu stören. Viele Freunde kamen vorbei, was die Zeit leichter gemacht hat.
Wie sieht ein Tag mit guten und schlechten Momenten aus?
Ich würde nicht sagen, dass es eine bestimmte Prozentzahl gibt. Im Moment sind die meisten Tage wirklich gut. Natürlich gibt es kurze Tiefs – das ist normal. Aber insgesamt fühle ich mich motiviert und neugierig auf das, was kommt.
Wie nimmst du die Reaktionen der Community wahr?
Dafür fehlen mir die Worte. Die Unterstützung ist unfassbar und viel größer, als ich je erwartet hätte. Ich kann nicht jedem antworten, aber ich lese so viel wie möglich. Diese Liebe und Unterstützung bedeuten mir enorm viel.
Wie beschäftigst du dich neben der Reha?
Eigentlich nimmt die Reha den ganzen Tag ein – von 10 bis 17 Uhr, mit kurzen Pausen. Danach kommen oft Freunde vorbei, wir reden viel, und am Wochenende kann ich nach Hause, Zeit mit meiner Frau und meinem Hund verbringen und wieder ein Stück Normalität genießen.
Was sagen die Ärzte: Wirst du vielleicht wieder laufen können?
Die Ärzte sagen klar, dass ich im Rollstuhl bleiben werde und nicht wieder laufen kann. Aber gleichzeitig wissen wir alle: Es gab Fälle, in denen Menschen entgegen der Prognose wieder Schritte gemacht haben. Man weiß es nicht. Im Moment ist die Realität: Ich sitze im Rollstuhl. Ich arbeite von hier aus weiter, lerne, passe mich an. Und was auch immer die Zukunft bringt – wir nehmen es an.
Und was war mit dem „Po“-Moment im ersten Run?
Ja, das war witzig. Wenn der Sturz nicht passiert wäre, hätten sicher viele darüber gesprochen. Ich habe es beim Fahren gar nicht bemerkt – erst als Freunde mir Videos schickten. Anscheinend war mein kompletter Hintern im TV zu sehen. Ich hoffe, ihr hattet Spaß damit!
Adolf, nach allem, was passiert ist: Wie schaffst du es, so positiv zu bleiben?
Ich glaube, es gibt für mich nur einen Weg, mit der Situation umzugehen. Die Art, wie du etwas annimmst und wie du darauf reagierst, verändert den ganzen Prozess. Negativ zu denken bringt dich keinen Schritt weiter. Also versuche ich, positiv zu bleiben, nach vorne zu schauen, glücklich zu sein und mich jeden Tag ein kleines Stück zu verbessern.
Wie sieht aktuell der Zeitplan für deine Reha aus?
Einen festen Plan gibt es eigentlich nicht. Im Moment sind wir jeden Tag im Krankenhaus und schlafen nur zu Hause. Das wird wahrscheinlich noch ein paar Monate so gehen. Danach wechseln wir vermutlich für weitere sechs Monate in ein anderes Reha-Zentrum. Die Idee ist klar: so viel wie möglich machen, ein Jahr lang konstant arbeiten – und dann schauen, wo ich stehe.
Was sind deine kurzfristigen und langfristigen Ziele in der Physiotherapie?
Kurzfristig geht es um die Basics: selbstständig vom Rollstuhl ins Bett, in die Dusche oder auf die Toilette kommen. Alltägliche Dinge eben. Dazu Kraft im Oberkörper aufbauen, Balance finden, den Core aktivieren. Langfristig läuft alles auf dasselbe hinaus: unabhängig sein und mein Leben selbst gestalten.
Hat sich bereits körperlich etwas gebessert/ist geheilt?
Im Prinzip unverändert seit Tag eins. Ab der Brust abwärts habe ich keine Gefühle und keine Bewegung.
Was ist dein übergeordnetes Ziel für die Recovery?
Hundert Prozent unabhängig sein. Alleine leben, alleine reisen, alles alleine machen. Es dauert, es ist schmerzhaft – aber wir arbeiten weiter und schauen, wohin der Weg führt.
Wie war es, nach Monaten zum ersten Mal wieder nach Hause zu kommen?
Das war eine Mischung aus vielen Gefühlen. Glücklich, aber auch nervös. Die Jumps im Garten zu sehen, in die eigene Werkstatt zu gehen, wieder im eigenen Haus zu sein – das hat sich gut angefühlt. Noch sind wir nicht komplett zurück, aber bald.
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Wie gut kommst du mit deinem neuen Alltag zurecht?
Bis jetzt eigentlich ziemlich gut. Es ist nicht einfach, aber wir versuchen, es so angenehm und sogar ein bisschen spaßig wie möglich zu machen. Vieles wird sich erst zeigen, wenn ich komplett wieder zu Hause lebe. Dann kommen die echten Herausforderungen – aber wir nehmen sie, wie sie kommen.
Wobei brauchst du aktuell Hilfe?
Vor allem morgens im Bad oder wenn etwas nicht kontrollierbar ist. Durch Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit sind auch Schuhe anziehen oder Umziehen manchmal schwierig. Der Rest klappt ganz gut – aber zu Hause wird sich das sicher nochmal verändern.
Du hast dir den Crash selbst mehrfach angesehen. Wie hat sich das angefühlt?
Überraschend okay. Direkt nach der OP wollte ich das Video sehen, habe mir alle Perspektiven angeschaut. Das war kein großes Ding für mich.
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Wirst du je wieder Biken können?
Das ist eine große Frage. Man weiß nie, was passiert – vielleicht gibt es ein Wunder. Aber aktuell ist das kein Thema. Ich wäre schon glücklich genug, wieder laufen zu können.
Welche Gefühle hast du, wenn du ans Biken denkst?
Ehrlich gesagt denke ich im Moment kaum darüber nach. Mein Fokus liegt komplett auf der Recovery. Alles andere ist gerade weit weg.
Hast du schon Pläne für die Zukunft?
Viel zu früh. Die nächsten zwölf Monate drehen sich nur um meine Genesung. Danach? Keine Ahnung. Ideen habe ich viele – wahrscheinlich irgendwas mit Autos. Hauptsache, Spaß haben und „loco“ bleiben.
Das Interview wurde aus den beiden Youtube-Folgen #STILLLOCO #6 und #7 von uns verschriftlich und ins Deutsche übersetzt.