Der Minister - Superstunt in Utah: Clemens Kaudela springt den größten Gap-Drop
Clemens Kaudela
· 19.11.2023
Crazy? Einen Moment lang dachte ich das, denn mein Schädel brummte noch vom Sturz, aber ich saß am Computer und buchte Flüge nach Utah. Flüge zurück an den Ort meines Crashs, der mich so ausgeknockt hatte, dass ich wie ein totes Pferd am Boden lag und keinen Mucks mehr von mir gab. Helm gesplittert, Bike kaputt, Moral am Boden. Aber der Reihe nach!
Ein Traum wird wahr
Seit 15 Jahren träume ich davon, Stunts in Utah zu machen. Dort, wo so viel Freeride -Geschichte geschrieben wurde. Hier wurden Filme wie New World Disorder und Kranked gedreht. Diese Filme haben mich damals umgehauen, sprachlos gemacht, Gänsehaut erzeugt und mich dazu gebracht, Freerider zu werden. Jetzt war die Zeit reif für Utah! Denn ich hatte mich für die Red Bull Rampage beworben und wollte meiner Bewerbung Nachdruck verleihen, sonst würde ich nie der erste Österreicher werden, der bei der Rampage mitfährt. Meine bisherigen Bewerbungen wurden immer abgelehnt. Mit einem Video-Clip wollte ich zeigen, dass in mir ein Rampage-Fahrer steckt.
Also: Crew zusammengestellt, hingeflogen, Pickup-Truck gemietet und eine Mail an Rampage-Organisator Todd Barber geschrieben, um zu fragen, wo wir graben dürfen, ohne jemandem in die Quere zu kommen. Am Ende landeten wir im alten Rampage-Gelände, wo auch die Red Bull Formation stattfindet.
Endlich: Ich baue meinen Minister-Jump.
Wir buddelten, filmten, buddelten und filmten. Den Minister-Jump wollte ich ganz zum Schluss machen. Er war fertig gebaut, riesig und ready to go. Und dann das: Ich überdrehte einen 360er-Drop an einer Klippe, hämmerte mit dem Kopf in den Boden und knockte mich aus. Abbruch, Krankenhaus, Flug nach Hause. Verdammt. Mein Minister stand unbewacht in der Wüste. Was, wenn jemand den Jump in meiner Abwesenheit machen würde und auf Insta postet, während ich daheim die Gehirnerschütterung auskurierte? Ich erzählte meine Bedenken Jaxson Riddle und Tyler McCaul.
Die zwei lachten auf und sagten: Da springt niemand, denn das Ding ist gestört fett.
Und ja, der Minister -Jump ist fett geworden. Um genau zu wissen, wie groß der Stunt war, hatte ich ein Laser -Messgerät von Bosch dabei. Ergebnis: Höhe vom Absprung bis zur Landung: 15,6 Meter. Weite: 24,8 Meter. Und die tatsächliche Flugweite 29,7 Meter.
Als ich zurückkam, stand der Minister noch genau so da, wie wir ihn verlassen hatten. Er wartete auf mich. Ist der Minister der fetteste Jump in Utah? Gar nicht einfach, das herauszufinden. Ich habe recherchiert, aber nichts Größeres gefunden.
Und los geht’s!
Während der Zwangspause Daheim geisterte der Stunt in meinem Kopf rum. Und er quälte mich. Wenn hier etwas schiefgeht, tut es richtig weh. Mit einer Gehirnerschütterung käme ich da nicht davon. Auf der anderen Seite: Jedes Mal wenn ich mir einen richtig fetten Stunt ausgedacht hatte, hat es geklappt. Warum also nicht auch dieses Mal? Trotzdem habe ich die Flüge Last Minute gebucht, um noch einen Rückzieher machen zu können. Denn das Bauchgefühl muss stimmen! Beim Bauen gehe ich akribisch vor: genaue Planung, alles wird ausgemessen und durchdacht. Ich habe über die Jahre viel Er fahrung gesammelt und weiß, was funktioniert und was nicht. Ich überlasse nichts dem Zufall. Irgendwann während der Bauarbeiten entwickelte das Projekt eine Eigendynamik.
Der Minister-Jump sollte das “Grande Finale” meines Clips werden, ohne würde was fehlen.
Flugweite 29,7 Meter
Mein Entschluss: Wenn das Wetter passt, kein Wind geht, ich mich gut fühle – dann ziehe ich das Ding durch. Spannungsfaktor Nr. 1: die Größe. Das ist XL. X Spannungsfaktor Nr. 2: Ich darf auf keinen Fall zu kurz springen! Wenn du hier cast und es dich wegkatapultiert, wird’s übel. Dann lieber zu weit fliegen! Für den Fall shapten wir die Landung so groß, als würde ich mit einer Cessna anrauschen. Beim diesjährigen Darkfest in Südafrika hatten wir einen 110 Footer (33,5 m) gebaut, der unglaublich gut funktio nierte. Dieser Jump gab mir das nötige Selbst vertrauen für den Minister. Und dann war es so weit: Zeit zum Fliegen! Tief Luft holen, meinem Propain Rage die Sporen geben, Vollgas auf den Kicker – abheben!
Was für ein Flug! Die Räder setzten perfekt auf, die ganze Energie verwandelte sich in Speed. Die Erleichterung danach war unwirklich. Ich schrie, meine Jungs schrien. Wir haben zusammen geschrien. Fünf Minuten tanzten wir wie die Verrückten schreiend durch die Wüste und eine wahnsinnige Last fiel von mir. Es ist geschafft! All die Mühe, all die Arbeit, all die Ungewissheit hat sich gelohnt und all das Geld – denn die Hälfte der Kosten habe ich aus eigener Tasche bezahlt. Plötzlich hatte ich keine Kraft mehr. Plötzlich hatte ich keine Lust mehr, das Rad den Berg hochzuschieben. Ende, happy, alles gutgegangen, keine Verletzung – geil! Jetzt ist mein Clip online. Ich hoffe, er gefällt Euch und den Rampage-Dudes, dass ich im Oktober eingeladen werde – das wäre das Sahnehäubchen auf der Minister -Torte. Wenn Ihr das hier lest, ist die Entscheidung gefallen.
Nun, es hat geklappt, die Rechnung ging auf: Clemens Kaudela war bei der Rampage 2023 am Start. Lest mehr dazu hier: >> Red Bull Rampage 2023: Die Top 10 der besten Rampage-Momente – Atem anhalten! <<
