Der höchste Drop im MountainbikingVinny T spring den Superdrop

Dimitri Lehner

 · 04.08.2025

Der 25-Meter-Drop: „wie ein Base-Jump“.
Foto: Germain Favre-Félix
Der Franzose Vincent Tupin springt den höchsten Drop in der Geschichte des Mountainbikens. Die Maße: 25 Meter runter, 14 Meter raus und 31,3 Meter schräg bis zur Landung. Das sind Zahlen, die man sich kaum vorstellen mag. Und auch Vincent sagt: “Ein Drop wie ein Base-Jump”. Doch leider beginnt der Schrecken erst richtig, nach dem Bild Nr. 12 der Sequenz.

Vinny T, wie Vincent Tupin in der Szene genannt wird, hat schon alles gesehen, was es im Gravity-Mountainbiken zu sehen gibt. Der Franzose hat an Rennen teilgenommen und an haarsträubenden Freeride-Events. Vinny schanzte über die größten Kicker der Welt bei der legendären Fest-Series, nahm mehrfach an der Red Bull Rampage teil – bekanntlich: die inoffizielle Weltmeisterschaft der Freerider. Aber Vinny T stellte sich auch dem härtesten Downhill-Race der Welt, der Red Bull Hardline in Wales. Mit dem Superdrop im Wallis hat sich der Frenchi nun ein weiteres Denkmal gesetzt, auch wenn der Stunt nicht ganz so verlief, wie er sich das vorgestellt hatte.

BIKE: Hast du deinen Verstand verloren, Vincent?

Vincent Tupin: Das könnte man meinen, wenn man den Video-Clip sieht, ich weiß. Doch ich war wirklich davon überzeugt, dass es mir gelingt, den Drop zu landen. Das musst du auch, sonst würdest du es nie machen.

Wie findest du so eine Klippe?

Ich habe sie gar nicht gefunden. Mein Freund Seb Giraldi fuhr daran vorbei. Er musste gleich an mich denken, als er die Abbruchkante sah. Der Drop ist in der Gemeinde Liddes im Kanton Wallis in der Schweiz.

Ein Monsterdrop mit Monster-Maßen

Hast du ausgemessen wir hoch der Drop ist?

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Ja, nach meinem Stunt haben wir die Klippe vermessen. Bei dem Gap-Drop geht’s 25 Meter runter, 14 Meter raus und 31,3 Meter schräg bis zur Landung.

Erst danach habt ihr die Klippe vermessen? Verrückt! Mit den Daten scheint das der höchste Drop zu sein, der je probiert wurde. Ich weiß vom Jah-Drop in Kamloops, der Referenz aller Knochenbrecher-Drops, dass er knapp 17 Meter vertikal misst. Und anscheinend war der Drop, an dem Gee Atherton bei der Rampage 2023 gescheitert ist, 22 Meter hoch.

​Ja, ich wusste, dass er verdammt hoch ist.


Übrigens: Wenn du wissen willst, wie der Jah-Drop aussieht: Brage Vestavik springt den Jah-Drop


Blaue Augen und Mut für 10: Vincent Tupin.Foto: Germain Favre-FélixBlaue Augen und Mut für 10: Vincent Tupin.

Gedanken im Kopf, den Kopf voller Gedanken


Was ging in deinen Kopf vor sich, als du da oben deine Goggle aufgesetzt hast?

Bitte nicht zu kurz springen! Und auch nicht zu weit! Das waren meine größten Befürchtungen und ich will mir gar nicht ausmalen, was dann passiert wäre. Du musst wissen, das war alles andere als eine spontane Entscheidung.

Wie lange hattest du mir dir gerungen?

Ein Jahr lang. Immer wieder schauten wir uns die Klippe an, shapten an der Landung, überlegten den besten Run-In. Das Wetter hatte ebenfalls seine ganz eigenen Launen. Ich wusste: Alles muss passen. Vor allem mein Kopf. Doch ich habe nie gezweifelt, ich wusste, dass ich springen würde, nur nicht wann.

Angst?

Oh ja, eine Menge Angst.

Wie ist es dir gelungen, mit der richtigen Geschwindigkeit anzufahren?

Das ist tatsächlich die größte Schwierigkeit. Natürlich kannst du Steine werfen und dir die Flugbahn anschauen, doch am Ende hängt viel von deiner Erfahrung und deiner Intuition ab. Hier war es auch schwer, Steine zu werfen, denn das Gelände ist so steil, es war kaum möglich gefahrlos vor an die Abbruchkante zu kommen. Und ich jhatte keine Referenz, denn so ein dickes Ding habe ich zuvor noch nie gemacht. Also konnte ich nur meinen Instinkten und meinem Gefühl vertrauen und hoffen, dass ich spontan das Richtige mache. Aber ich kann dir sagen: Ich habe dennoch eine Menge Steine geworden.

Der Drop, die Angst, die Airtime


Und dann: Rüber über die Kante und: Airtime!

Lange Airtime. Ich wusste zwar, dass ich lange segeln würde. Doch war dann erstaunt, dass es so lange dauerte. Ich habe nie einen Base-Jump gemacht, doch genau so stelle ich ihn mir vor.

Hast du ihn der Luft gedacht, dass alles gut geht?

Anfangs ja. Da dachte ich: Super, es läuft perfekt. Doch dann war ich so lange in der Luft, dass mir doch Angst und bange wurde und ich irgendwie ahnte, dass die Landung nicht zu schaffen sein würde. Nicht nach diesem Monster-Flug nach unten.

Keine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Landung.

Nein, sicher nicht. Aber das sagte mein Gefühl als ich da angerauscht kam. Ich spürte, dass da viel zu viel Energie im Spiel war. So sehr ich den Lenker auch festhalten würde, dieser Aufschlag würde zu heftig werden, um ihn abzufedern.

Und so war es dann auch.

Ja, ich explodierte förmlich. Mein Kinn rauschte fast runter bis zur Gabel, das Vorderrad faltete sich ein und ich rollte mich ganz klein zusammen. Das war eine Landung wie ein Autounfall.

"Any landing you can walk away from is a good landing." (Piloten-Spruch)


Der Sturz sah brutal aus. Vor allem hattest du verdammt viel Glück, dass du gerade runter taumeltest und nicht zur Seite, denn da lagen dicke Felsbrocken.

Ja, ich hatte irres Glück. Ich rollte mich zusammen und ließ den Sturz über mich ergehen. Dann stand ich auf, klopfte mir den Dreck aus der Hose und dachte: Ich bin am Leben! Wie geil ist das bitte schön? Ich kann mich an alles erinnern und nix tut mir weh. Absolut keine Verletzung!

Glückwunsch! Und jetzt? Willst du es noch mal versuchen?

Nein, das mache ich nicht noch mal. Ganz sicher nicht. So einen Drop wagt man nur einmal im Leben. Ich will mein Glück nicht nochmal herausfordern, denn so eine Landung steckt man nur einmal weg.

“Da war zu viel Energie im Spiel”: bei der Landung das Vorderrad explodiert.Foto: Germain Favre-Félix“Da war zu viel Energie im Spiel”: bei der Landung das Vorderrad explodiert.

War die Landung vielleicht zu flach?

Ich weiß, auf dem Video sieht sie flach aus, doch sie war sehr steil. Ich glaube, der Drop ist zu hoch, der Aufprall zu hart, egal wie steil die Landung auch sein mag.

Drop mit Sturz = No Go?

Unter BMXern gibt es die Regel, nur gelandete Stunts zu zeigen. Was sagst du dazu?

Ich weiß. So sehe ich das eigentlich auch. Doch der Drop ist zu hoch, um ihn zu landen. Ähnlich wie damals der Jah-Drop von Josh Bender. Daher entschlossen wir uns, den Stunt zu zeigen.

Hast du ihn auch zeigen wollen, um dich für die Red Bull Rampage zu empfehlen?

Ja, den Gedanken hatte ich tatsächlich. Ich dachte, wenn es mir gelingt, diesen Drop zu landen, bekommen ich vielleicht wieder eine Einladung für die Rampage diesen Oktober.

Wie war das Feedback, das du auf deinen Stunt bekommen hast?

Von den anderen Ridern durchweg positiv. Von ihnen bekam ich Respekt und Glückwünsche zu meinem neuen Leben. Lacht. Nichtbiker allerdings waren der Meinung, ich hätte komplett den Verstand verloren und würde mich umbringen wollen.

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