Das Lexware Mountainbike Team gehört zu den Top-Adressen im deutschen MTB-Sport. Hinter den Kulissen zieht Daniel Berhe die Fäden – als Teammanager sorgt er dafür, dass seine Athleten optimal aufgestellt sind, von Nachwuchstalenten bis zu Worldcup-Fahrern.
BIKE: Daniel, du bist Teammanager, Gründer und Inhaber des Lexware-Teams. Wie kam es dazu?
Daniel Berhe: 2008 habe ich zusammen mit Steffen Rust, einem guten Freund der Familie, unser Team gegründet. Bemerkenswert ist, dass wir seitdem denselben Hauptsponsor haben – eine Seltenheit im Worldcup-Bereich. Unser Sponsor ist sogar branchenfremd, was unsere Partnerschaft noch besonderer macht. In den schwierigen Zeiten der Bike-Branche war Lexware immer zuverlässig an unserer Seite. Wir freuen uns sehr, eine Vertragsverlängerung bis 2029 erhalten zu haben. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken!
Ihr habt letztes Jahr die World-Cup-Saison im Teamranking auf Platz 10 beendet, euch aber für eine Konzentration auf U23 und jünger ab 2025 entschieden. Warum?
2024 haben wir beschlossen, uns in der Saison 2025 auf U23 und jüngere Talente zu konzentrieren. Diese Ausrichtung ermöglicht es uns, die nächste Generation von Mountainbiker/innen zu fördern und nachhaltig in der Weltspitze zu bleiben. Ein US-Teammanager fasste es treffend zusammen: "Lexware don’t buy, they build talents." Diese Aussage freut uns sehr und spiegelt unsere Philosophie wider.
Ähnlich wie der SC Freiburg im Fußball setzen wir auf starke Nachwuchsarbeit. Seit 2005 investieren wir mit unserer Mountainbike-Schule, die rund 200 Kinder umfasst, in die Zukunft des Mountainbike-Sports. Wir sind überzeugt, dass unser Engagement im Nachwuchsbereich nicht nur die Talente von morgen fördert, sondern auch wichtige gesellschaftliche und freundschaftliche Werte vermittelt.
Jedes Bike-Brand will Olympia-Teilnehmer, Weltmeister und World-Cup-Sieger, aber niemand möchte sich im Nachwuchs engagieren. Deutschland gehört zu den größten Bike-Märkten der Welt, aber das Engagement im MTB-Nachwuchs ist nahezu unterirdisch. - Daniel Berhe, Teammanager
Hast du alle Erfolge des Teams seit 2008 im Kopf?
Zu den größten Erfolgen gehören sicher die drei Teilnahmen an den Olympischen Spielen, drei Weltmeistertitel, zwei World-Cup-Gesamtsiege und ca. 50 deutsche Meistertitel.
Ihr habt euch für die kommende Saison internationaler aufgestellt. Eine bewusste Entscheidung?
Ja, das war eine bewusste Entscheidung. Mit Martin Vidaurre hatten wir bereits einen internationalen Fahrer, der unser Team bereichert hat. Nun freuen wir uns, Nicholas Konecny aus den USA, Noel Toth und Elina Benoit aus der Schweiz im Team zu haben. Beim ersten Team-Training im Dezember trafen Sina van Thiel, Emil Schmidt und Paul Schehl auf ihre neuen Teamkolleg/innen. Antonia Weeger konnte leider krankheitsbedingt nicht teilnehmen.
Ein wichtiger Baustein unseres Teams ist unser Headmechaniker Nicola Bicelli aus Italien, der trotz seines jungen Alters zu den besten World-Cup-Mechanikern gehört. Inklusive der Betreuer sind wir das jüngste Team im World Cup. Diese Vielfalt fördert den Teamgeist und ermöglicht uns, voneinander zu lernen. In der U19 starten wir mit Elias Hückmann, Ole Riesterer und Paulina Weigelt.
Wir legen auch großen Wert auf die Nachwuchsförderung in den Altersgruppen U17 und jünger. Clara Hirsch, Maxi Strittmatter, Clara Hirsch und Finn Laichinger werden unsere Lexware-Farben vertreten. Die regionale und nationale Nachwuchsarbeit bleibt für uns ein zentraler Baustein, um die Zukunft des deutschen Mountainbike-Sports zu sichern.
Warum seid ihr nicht bei der Elite geblieben und habt die Verträge mit David List, Luca Schwarzbauer, Max Brandl, Georg Egger etc. verlängert?
Wir haben uns bewusst für die U23 entschieden. Es erfreut uns sehr, dass Athleten wie Luca Schwarzbauer, Martin Vidaurre, David List, Max Brandl und Julian Schelb ihre Jugend größtenteils im Lexware-Team verbracht haben und nun an der Weltspitze stehen. Auch Enduro-Fahrer wie Torben Drach und Frederick Matz haben seit der U9 bei uns trainiert und sind heute erfolgreich.
Die Zeit mit all diesen Sportlern war großartig. Hätten wir 2-3 Elite-Fahrer finanziert, hätten wir die gesamte Nachwuchsarbeit einstellen müssen – und das kam für Steffen und mich nicht in Frage. Wir hätten mit diesen Fahrern sicher zu den besten Teams der Welt gehören können, aber das wäre nur mit starken Sponsoren aus der Industrie möglich gewesen. Deutscher Mountainbike-Sport wird jedoch kaum unterstützt.
Bei unseren Nachbarn in der Schweiz und Frankreich ist das anders. Nationale Firmen aus der Bike-Branche unterstützen dort nationale Teams!
Seit 2005 engagieren wir uns intensiv in der Mountainbike-Nachwuchsarbeit und gründeten 2008 das Lexware-Mountainbike-Team. Trotz unserer Bemühungen und der Unterstützung einiger weniger deutscher Firmen scheint das Interesse der Bike-Industrie am Nachwuchs gering zu sein. Jede Marke will Olympia-Teilnehmer, Weltmeister und World-Cup-Sieger, aber kaum eine engagiert sich im Nachwuchsbereich. Deutschland gehört zu den größten Bike-Märkten der Welt, aber das Engagement ist erschreckend niedrig. Wir kämpfen seit Jahren für jede Kette, jeden Bremsbelag und Reifen.
Fazit: Es ist jetzt entscheidend, der nächsten Generation die Chance zu bieten, von der auch Luca, David, Max und viele andere Athleten/innen profitiert haben.
Wie beurteilst du die internationalen Entwicklungen im World-Series-Bereich, in dem ein Medien-Gigant wie Warner Brothers die Richtung vorgibt?
Veränderungen sind nicht grundsätzlich schlecht, aber die Kommunikation seitens der UCI war mangelhaft. Wichtige Informationen wurden nur wenigen Elite-Teams bereitgestellt, während kleinere Teams außen vor blieben. Die Teamgebühren stiegen erheblich, ohne Klarheit über konkrete Leistungen oder Mehrwerte. Für die besten fünf Teams der Welt war das kein Problem, aber für alle anderen führte es zu einem Wettrüsten um World-Cup-Fahrer mit vielen UCI-Punkten. Zudem stiegen die Fahrergehälter, was erfreulich ist. Wir entschieden uns, bodenständige Nachwuchsarbeit auf höchstem Niveau zu leisten und dem Trend nicht zu folgen.
Wie hoch sind die aktuellen Gebühren für ein World-Series-Team?
Die Gebühr für ein World-Series-Team liegt derzeit bei 45.000 Euro. Es gibt 20 XCO-Teams und 20 Gravity-Teams, die diese Gebühr zahlen. Zudem gibt es rund 200 XCO-UCI-Teams, die etwa 5.000 Euro zahlen müssen. Bei den Downhill-Teams kommen weitere UCI-Teams hinzu. Es ist klar, dass sich hier eine beachtliche Summe ansammelt. Die UCI konnte bei der Kommunikation und im Umgang mit den Teams nicht glänzen.
Denkst du, dass die Starterfelder deutlich kleiner werden?
Bei Rennen in Übersee oder Asien haben wir oft kleinere Starterfelder wegen der hohen Reisekosten. Nicht jedes Team kann sich diese Reisen leisten. Die Startkriterien ermöglichen jedoch vielen Fahrern/-innen die Teilnahme. Derzeit müssen Elite-Fahrer/-innen unter den Top 100 im UCI-Ranking liegen, U23-Fahrer/-innen unter den Top 200, Nationalmeister oder Weltmeister erhalten eine Wildcard, und die Top 5 der Continental-Rennserien können sich qualifizieren. Ich denke nicht, dass die Starterfelder bei den World Cups in Europa kleiner werden.
Startet ihr bei allen World Cups?
Ja, wir starten bei allen World Cups! Fast alle unsere Teamfahrer/-innen haben ausreichend UCI-Punkte. Für die World Cups in Brasilien haben wir eine Wildcard erhalten. Es lässt sich darüber streiten, ob es fair ist, dass Top-Teams Vorteile wie die Befreiung von Startgeldern, freien Zugang zur Expo und teilweise Übernahme der Übernachtungskosten erhalten. Aber die Reisekosten wie Flüge, Mietwagen und Unterkunft sind für alle Teams gleich. Fluggesellschaften machen keinen Unterschied zwischen World Series und U23 Team mit Wild Card.
Was ist dein Fazit zur Entwicklung des World Cups?
Das lässt sich erst im Rückblick abschließend beurteilen. Mein erster Eindruck jedoch wird bestätigt: Die Veranstaltungen werden deutlich teurer, während die Starterfelder bei den World Cups in Europa nicht kleiner werden.
Abschließend: Du führst mit Steffen Rust das Lexware-Team seit 2008. Seid ihr nicht langsam müde?
Nein, es macht weiterhin großen Spaß. Ich dachte anfangs, wir machen das ein paar Jahre, sammeln Erfahrung und dann läuft alles problemlos. Ich lag falsch. Sicherlich haben wir ein gutes Gespür dafür, wie wir Sportler/-innen an die Weltspitze bringen können. Die größte Herausforderung bleibt jedoch seit 2008 die rechtzeitige Beschaffung von Material.
Eine gute Zusammenarbeit mit Bundestrainern, Partnerschulen, Partnerhochschulen und den Eltern der Sportler/-innen ist essenziell. Seit der Gründung fördern wir die duale Karriere. Besonders in den U23-Jahren durchlaufen die jungen Menschen viele Veränderungen wie Schulabschlüsse, Studium und Umzüge.
Für viele Eltern ist es eine enorme Herausforderung, ihren Kindern den Mountainbike-Rennsport zu ermöglichen. Daher ist es wichtig, dass Teams sich professionell in den Nachwuchsklassen engagieren. Wie man so schön sagt: "Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen."
Vielen Dank & bis bald auf der Rennstrecke, Daniel