Laurin Lehner
, Teresa Holler
· 11.04.2023
Nachdem sich die 24-jährige Cross-Country-Fahrerin Nina Benz letzte Saison nach einem Sturz im Wettkampf das Sprunggelenk gebrochen hatte, gewann sie ihr erstes Comeback-Rennen bereits 10 Wochen nach dieser Verletzung. In unserem Interview verrät sie uns ihre Pläne für diese Saison - und wie sie Studium und Leistungssport miteinander vereint.
Nina Benz will ganz nach oben im Cross-Country-Sport. Ganz nach ihrem Motto “It will be hard, it will be epic” startet sie jetzt motiviert in die neue Saison. Ihr großes Ziel: Olympia 2024 in Paris. Zusammen mit dem Lexware-Mountainbike-Team bereitet sie sich darauf vor. Zeitgleich studiert sie VWL in Freiburg und ist immer auf der Suche nach dem besten Kaffee der Stadt.
BIKE: Auf deinem Blog hast du verkündet: Olympia 2024 sei dein großes Ziel beim Cross-Country. Wie präsent ist Olympia jetzt schon in deinem Kopf?
Nina Benz: Aktuell eher nicht, denn jetzt liegen erstmal andere Ziele vor mir. Ich möchte mich wieder in die Top 40 der Weltrangliste zurück arbeiten. Für eine bessere Startposition und um wieder im Short Track starten zu dürfen. Außerdem konzentriere ich mich auf die EM, WM und die Deutsche Meisterschaft.
Lass uns trotzdem über Olympia 2024 sprechen. Ist deine Olympia-Vorbereitung identisch mit der eines Worldcups?
Das Training zielt hauptsächlich auf die Highlights, wie EM, WM und die Deutsche Meisterschaft, ab. Aber das Gesamtkonzept meines Trainers, Fabian Neunstöcklin, fokussiert sich langfristig auf Olympia.
Die Konkurrenz im Cross-County ist groß. Wie schätzt du deine Chancen für die Qualifikation für Olympia ein?
Ich finde es ziemlich cool, dass die deutschen Mädels immer stärker werden. Aber ich sehe es als realistisch an, dass ich es auch zu Olympia schaffen kann. 2021 war es schon ganz knapp für mich und jetzt gebe ich wieder mein Bestes, um 2024 in Paris starten zu können.
Letztes Jahr bist du gestürzt und hast dir dein Sprunggelenk gebrochen. Inwiefern beeinträchtigt dich die Verletzung heute noch?
Meine Reha hat so gut funktioniert, dass ich auf dem Fahrrad saß bevor ich überhaupt laufen konnte. Körperlich beeinflusst mich die Verletzung seit Dezember gar nicht mehr. Durch das Schwimmtraining konnte ich meine Ausdauer gut erhalten.
Und mental?
Nach der Prognose, dass ich drei Monate keinen Sport machen darf, hat es natürlich im Kopf gerattert. Ich musste daran denken, wie groß der Einfluss auf die Saison sein wird. Bei dem Sturz bin ich in einer Linkskurve weggerutscht und habe mich mit dem Fuß abgestützt. Dabei brach das Sprunggelenk. Mir war bewusst, dass die Situation wieder vorkommen wird. Egal ob im Wettkampf oder im Training. Im letzten Trainingslager gab es einen ganz ähnlichen Vorfall. Da haben meine Reflexe aber funktioniert und ich habe mich gekonnt abgefangen. Das Sprunggelenk hat gehalten. Das war der Moment, in dem ich gemerkt hab: Ich bin im Kopf wieder frei.
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Du studierst parallel VWL in Freiburg. Wie schwer ist, es Studium und Training zu vereinen? Ist das nicht immer ein Kompromiss?
Ja, das stimmt. Ich sage immer: Ich bin Vollzeit-Profi und Hobby-Studentin. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht. Danach habe ich das Studium in Freiburg angefangen. Das versuche ich jetzt durchzuziehen. Mein Fokus liegt zwar auf dem Radfahren, aber ein bisschen Kopftraining schadet nicht.
Würde es nicht helfen, dich voll auf den Sport zu konzentrieren?
Meine Konzentration liegt auf dem Profi-Sport. Aber: Wenn ich etwas angefangen habe, dann möchte ich das auch durchziehen. Ich habe schon so viel Zeit in mein Studium investiert, dass es viel zu schade wäre, das jetzt wegzuschmeißen.
Schaffen andere mehr Trainingsstunden, wenn sie vollkommen auf das Training konzentriert sind?
Ich bin der Meinung, dass man sich da gar nicht vergleichen kann. Jeder braucht von vornherein ein anderes Trainingsvolumen. Mein Trainer gibt mir meinen Trainingsplan und ich passe den Rest daran an. Mir tut es gut, noch etwas neben dem Sport zu machen, sodass sich meine Gedanken nicht 24/7 um mein Training drehen.
Du hattest letztes Jahr Corona und dann noch deine Knöchelverletzung. Dadurch bist du wochenlang ausgefallen. Konntest du hier auch etwas Positives rausziehen?
Also im ersten Moment denkt man sich: Ich will jetzt endlich wieder trainieren und schlimmer geht es nicht mehr. Aber mir ist klar: schlimmer geht immer. Für einen selbst bleibt eine vergleichsweise leichte Verletzung trotzdem belastend. Irgendwann dachte ich mir dann aber: Jetzt reicht’s! Wenn man immer so negativ eingestellt ist, zieht man auch das Negative an. Und ich bin eigentlich ein positiver Mensch. Das war dann mein Wendepunkt, an dem meine Motivation auch wieder zurückgekommen ist. Von da an ging es bergauf.
Hast du bei Rennen mit Sturzangst zu kämpfen oder kannst du das gut ausblenden?
Nein, Sturzangst hatte ich noch nie. Ich kann meinen Kopf im Wettkampf gut ausschalten. In den ersten beiden Wochen nach dem Unfall ist man auf dem Rad natürlich vorsichtiger unterwegs. Aber ich habe den Sturz damals mit einer Sportpsychologin aufgearbeitet. Das war sehr wichtig für mich.
Du bist seit einigen Jahren im World Cup dabei, hast Rückschläge erlebt, Verletzungen. Welche Erkenntnisse würdest du deinem 18-jährigen Ich mit auf den Weg geben?
Ich würde ihr sagen: Hab Spaß, glaube an das, was du tust und gib nicht auf. Und vor allem: Mach dich nicht verrückt!
Gehst du vor Rennen eine bestimmte Routine durch, um dich zu fokussieren?
Ja. Ich habe eine Playlist, die ich mir immer vor dem Rennen anhöre und esse dasselbe Frühstück. Die Anspannung lässt sich nicht bei jedem Rennen steuern, aber ich versuche möglichst gelassen zu bleiben.
Eine Playlist – welcher Song zählt zu deinen Favoriten?
Wenn ich zusammen mit den anderen Mädels an den Rennplatz fahre, hören wir “Girls just want to have fun” von Cyndi Lauper. Das passt vor jedem Wettkampf.