Je länger ich im Geschäft bin, desto mehr Verletzungen. Einmal geriet ich beim Sturz mit den Fingern in eine Northshore-Leiter. Resultat: Drei Finger gebrochen und die Nägel ausgerissen. Ich brach mir viele Rippen und machte als junger Racer einen ungewollten Kopfsprung ins Steinfeld, dass zwei Wirbel brachen. Jeden Helm zerstörte ich, den ich je besessen habe. 22 zersplitterte Helme hängen in meinem Zimmer. Doch Angst vor Schmerzen und Verletzungen habe ich deswegen nicht. Nur Angst, nicht biken zu können. Deswegen geh’ ich auf volles Risiko nur, wenn es sich wirklich lohnt.
In meiner Schulter stecken Metallplatten, auch in meinem Knöchel. Das Zeug bleibt drin. Den Knöchel brach ich mir, als ich für das X-Games-Edit einen Wheelie to Tailwhip machen wollte. Mein Fuß rammte beim Crash in den Boden und schob die Zehen in den Fuß. Dabei brach ich mir ’ne ganze Menge, abgesehen vom Schmerz. Beim DH-Racing in San Remo riss ich mir das Kreuzband ein, daher ist mein Knie instabil. Wenn ich im Wald schaufle, strapse ich mir deswegen ein Schiene um.
Der Crash beim Rampage-Drop letztes Jahr hat meine Schulter übel zugerichtet. Die Wucht des Aufpralls drückte den Arm mit solcher Wucht aus dem Gelenk, dass ein Stück Knochen abbrach. Der blockierte die Schulter. Irre schmerzhaft. Die Ärzte mussten die Schulterkapsel aufschneiden, den Knochen reinschrauben, einen künstlich gezüchteten Knochen einfügen, den Arm wieder einsetzen und alles zunähen. Leider war ich ungeduldig, ging gleich wieder biken und fiel bei Dreharbeiten noch mal drauf. Ich bin zwar wieder fit, doch meine Schulter muss noch stärker werden. Deswegen verbringe ich viel Zeit mit meiner Physiotherapeutin im Olympia-Trainingszentrum in Oslo.
Ohne Workout geht’s nicht. Ein kräftiger Körper verletzt sich seltener. Ich bin stark. Das hat mir schon oft geholfen. Ich hatte richtig krasse Stürze, ohne dass mir was passiert ist. Und das liegt daran, dass ich viel Zeit im Gym verbringe: Crossfit, Kettlebell, Kniebeugen etc. Aber ich muss nicht aussehen wie ein Bodybuilder. Die Norwegerinnen mögen mich so, wie ich bin.
Früher als Racer habe ich auf meine Ernährung geachtet, jetzt sehe ich es etwas laxer und lebe ein Freeride-Leben, ha ha! Allerdings riet mir meine Fitness-Expertin zu Yoga und Stretching. Das ist nun Teil meiner Alltags-Routine. Ich bin deswegen noch kein Yoga-Nerd, doch merke ich, wie gut mir das tut. Das will ich weiter vertiefen. Worauf ich auch nicht mehr verzichten will: kalt duschen und gelegentliche Eisbäder. Das stärkt mein Immunsystem.
Der Norweger Brage Vestavik (24) gehört zu den angesagtesten Figuren der Freeride-Szene. Sein Style ist brachial, fast schon gewalttätig. Mit seinen Web-Clips begeistert Brage die gesamte Szene. Zeit, einen genaueren Blick auf sein Leben zu werfen.
Der kleine Brage beginnt früh zu biken. Als Junior fährt er imWorldcup, wechselt später sogar in die Elite-Klasse. AlleTüren stehen ihm offen, doch Brage entscheidet sich gegen die Race-Karriere. „Der Freeride-Gedanke lag mir schon immer mehr. Ich will kreativ sein, nicht nur schnell“, sagt Brage zu seiner Entscheidung.
Gut, dass Brage so stabil gebaut ist. Seine Krankenakte ist dennoch lang: drei gebrochene Finger, mehrere Rippenbrüche, zwei Wirbelfrakturen, OPs an Knöchel und Schulter, Kreuzbandriss.
Brage verbringt viel Zeit im Wald – meistens mit seinen Kumpels. Sie graben, schaufeln und hämmern neue Stunts. Die Arbeiten für die kurzen Webclips dauern oft mehrere Monate. Schlechtes Wetter hält sie nicht davon ab. „Manchmal macht mir das Schaufeln mehr Spaß als das Biken selbst“, sagt Brage.
Als Abschluss-Stunt für den Videowettbewerb X-Games Real droppte Brage aus 15 Metern in dieTiefe, laut eigenen Angaben. „Die Landung tat weh, von höher will ich nicht droppen“, sagte Brage später über seinen XXL-Stunt. Mit seinem Video gewann er die Silbermedaille bei den X-Games, viele Profikollegen sahen sein Video auf Platz 1. Kurz nach seinem Auftritt nahm ihn der Brausehersteller Red Bull unter Vertrag.
So viel Aktionismus braucht Energie. Brage hat eine Schwäche für Döner und Energy- Drinks. „Als Racer achtete ich auf meine Ernährung, jetzt sehe ich das etwas gelassener“, sagt Brage.
Vater Arnebjørn versorgte Sohn Brage früh mit Bikes, MTB-Videos und Material. „Für gute Noten besorgte mir mein Dad einen Anhänger Erde“, erinnert sich Brage. So schaufelte er früh Sprünge, während die meisten seiner Freunde lieber Fußball spielten.