Durchschnittlich sieben Maschinen starten täglich vom Dresdener Flughafen zu Zielen in Deutschland, Europa und Großbritannien. Darum soll es jetzt nicht gehen, sondern um die Bespoked. Auf zwei Ebenen – im letzten Jahr war es nur eine– gab es rund 150 Fahrräder, aber auch Komponenten, Taschen, Accessoires und Bekleidung zu bestaunen. In jedem Stück steckte viel Liebe zum Detail und zur Funktion. Die Ausstellerinnen und Aussteller kamen aus 19 Ländern. Es gab Räder mit breiten Reifen, welche mit schmalen, welche mit Transportlösungen für den Alltag, welche für den sportlichen Einsatz, welche für schnelle Abfahrten, welche für lange Touren, ...
Im Artikel zeigen wir einen bunten rundumblick über die Messe und eine Auswahl an Mountainbikes der Bespoked.
Der Tastsinn von Fingern und Augen kam bei der Materialvielfalt voll auf seine Kosten. Ähnlich wie in einem Museum möchte man alles anfassen. Nur im Museum ist das eher nicht erlaubt. Auf der Messe schon. „Bitte nicht berühren“ stand nur an einem Rad, eine 3D-Druck-Studie von Sour Bikes und weiteren. Sonst gab es viel zu ertasten: Rahmen aus Stahl, Titan, Carbon, Alu, Holz, Bambus mit Kunststoff-Spritzguss-Elementen, …, mit und ohne Farbe Klamotten und Taschen, Komponenten und Zubehör. Alles wurde beäugt und untersucht, Taschen z. B. auf ihre Befestigung überprüft – auf dem Foto eine Rahmentasche von Cours s’il pleut.
Auch interaktive Elemente und Mitmachangebote bot die Bespoked. Auf den funktionierenden QR-Code auf einem Gravelbike von Significant Other war die Rahmenbauerin besonders stolz. Es konnten kurze Botschaften in Ahead-Kappen gefräst werden und Vorträgen gaben unter anderem hilfreiche Tipps zu Sitzbeschwerden.
Im vergangenen Jahr war es bunter. Nein, nicht die Menschen, die Bikes. Der diesjährige Trend ist raw und clean. Rohe Rohre mit sichtbaren Schweißnähten, Fillern und Rostspuren, nacktes Titan dominieren. Carbon, Alu und Farbe gab es auch. Farbtupfer waren mal dezent, mal knallig und ebenso wie nackte Rohre eine Augenweide. Mein persönliches Lieblingsrad: Yo Ferny von Fern Fahrräder, das mit passenden Bikepacking-Taschen von Gramm Tourpacking ausgestattet war. Eine gelungene Kombination, die das “haben will”. Das Bike hat auch einen Award für das beste Touring Bike gewonnen.
Für jede und jeden gab es auf der Bespoked ein passendes Rad. Vom Abenteuerrad über ein Bambus-Kinderrad, Gravelbike, Lastenrad, MTB, Rennrad … bis zum Zinglespeeder. Zugegeben, hier mussten wir einen Schreibfehler einbauen, um ein Rad mit Z zu finden – alternativ hätten wir noch ein Zoceli-MTB im Angebot. Hinter Zoceli steckt Martin Saida, der unter Zoceli handgefertigte Stahl-Mountainbikes anbietet – made in Tschechien.
Auf dem Foto eine Huhn Cycles-Spezialanfertigung mit dem Namen Ko Shamo für Tallbike Tommy. Der will damit in 120 Tagen von München nach Peking radeln. Am ersten Mai 2025 geht es los. Dabei sollen genauso viele Euro Spenden gesammelt werden wie Kilometer zurückgelegt werden: 13.000. Und wo wir schon bei München sind. Ein Lastenrad aus München von Sayle Cycles hat den Award für das beste Cargobike der Bespoked gewonnen.
Die Bespoked war vielfältig, nicht nur, was die Ausstellungsstücke angeht, sondern auch die Menschen dahinter. Wenn man an Rahmenbauer denkt, denkt man in vielen Fällen an Männer. Dieses Bild bestätigt die Bespoked nicht ganz, aber die Besucherschaft erscheint subjektiv aus mehr Männern zu bestehen als beispielsweise die Besucherschaft der Cyclingworld Düsseldorf. Trauen sich Frauen nicht an die Themen Custombike heran?
Einige Gesichter machen Mut. Und auch eine Initiative von Sran. Das Unternehmen hat mit einem Stipendium ein paar Rahmenbauerinnen und Rahmenbauern ermöglicht, ihre Werke auf der Bespoked auszustellen. “Wenn du Leute wie dich im Radsport nicht angemessen vertreten siehst, solltest du dich bewerben” lautete die Ausschreibung. Und so war mit Good Grief ein Native American Teil der Ausstellung, mit Éliane Trudeau von Memento Cycles war eine nicht-binäre Person aus dem Rahmenbau-Business vor Ort mit Rahmenbau-Kunstwerken, die wahrlich eine Augenweide waren. Am Bike vorn sind viele Augenpaare kleben geblieben. Die Kabelführung, die sich um das Oberrohr schlängelt, geschwungene und gebogene Rohre finden sich auch am Hinterbau und am Frontgepäckträger. Ebenfalls verspielt und mit Statement behaftet ist die Schönheit in Rosa im Hintergrund. Dezent glitzert das ganze Rad, die gehämmerten Schutzbleche werfen Licht gegen den Rahmen und lassen es funkeln. Von vorn ist der Frontrack ein Herz, dahinter ein Trans-Symbol und auch die Farbgebung des Rades generell ist in Trans-Farbcode gestaltet, etwa die Spacer (blau-rosa-weiß-rosa-blau).
Ebenfalls spannend: Das Significant Other Gravelbike. Auf den ersten Blick fällt die Platzierung der Sitzstreben auf. Eine Besonderheit an diesem Rad: Am Steuerrohr ist ein scannbarer QR-Code. Das klingt nicht so spektakulär, war aber gar nicht so leicht, den auf das Rad zu bekommen.
Noch eine Rahmenbauerin ist Marie von Avalanche Bicycles. Gemeinsam mit Laurent hat sie 2019 die Rahmenbauwerkstatt gegründet. Mit Hintergründen in Industrie Design entwerfen beide Rahmen und erwecken sie zum Leben. Auch das individuelle Design wird passend zum Rad gestaltet. Ein Merkmal von Maries Rahmen ist, dass immer irgendwo ein Vogel versteckt ist. Rahmen ohne Farbe gibt es nicht bei Avalanche, einfach aus dem Grund, dass das individuelle Design unterstreicht, dass es sich um einen Custom-Rahmen handelt.
Keine Unbekannte ist Kristin, die Gründerin von Gramm Tourpacking. Überall auf der Messe konnte man Taschen von ihr entdecken. Besonders amüsant war eine Bananentasche für den Fahrradhelm. Taschen von Gramm gibt es unter gramm-tourpacking.com.
Mehr Stoff - aber zum Anziehen - hatte Marketa von Mura mitgebracht. Beeindruckt von der Funktionalität von Merino-Ski-Unterwäsche wollte sie das Material aufs Rad bringen, in ansprechendem Design. Die Aufregung ist groß, denn kürzlich konnte sie sich mit ihrem Label selbstständig machen. Mehr Info’s auf muracycling.com
Mehr Taschen und auch ein Fahrrad-Hemd aus Leinen hatte Gaëlle Bojko dabei. Sie ist selbst Bike-Abenteurerin. Die Produkte gibt es unter ihrem Label Cours s’il pleut courssilpleut.com.
Weiter mit Taschen, dieses Mal aus Dresden. Thea näht farbenfrohe Taschen ganz individuell nach den Wünschen ihrer Auftraggeberinnen oder Auftraggeber, passend zum Rad in Form und Design. Die Webseite ist unter timba.equipment zu finden.
Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass es immer Frauen sind, die sich textilem Fahrradzubehör hingeben. Flo (Florian Schuster, in der Mitte auf dem Foto unten) ist ein Beweis. Sein Taschenlabel heißt fO.goods, er hat sich Bikepacking-Taschen verschrieben, die möglichst nachhaltig sind. Die Taschen sind funktional und schön anzusehen.