Es muss ja nicht immer ein Lift sein. Die Teilnehmerinnen des ersten BIKE Women Camps in Davos Klosters staunten nicht schlecht, als sie sich am ersten Tag zum Abendessen in der Hotel-Lobby einfinden sollten. Da waren keine Tische im hauseigenen Restaurant für sie gedeckt - es standen vier Pferdekutschen vor der Tür. Damit ging es zur Einstimmung und zum Kennenlernen erst einmal in einen original Bündener Landgasthof. Das ist das Schöne an diesem Spot, der mitten in der Bergwelt des Schweizer Kantons Graubünden liegt: Stadt- und alpines Landleben liegen hier nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Oder eben eine gemütliche Kutschfahrt von 30 Minuten.
Deutlich schneller sind natürlich die Seilbahnen, die in der Region Davos Klosters wie S-Bahnen genutzt werden. Mit dem Unterschied zu anderen europäischen Städten: Wenn sich hier die Türen an der Endstation öffnen, strahlt einen das Gipfelpanorama an. Und unsere Camp-Teilnehmerinnen strahlten am nächsten Morgen um halb zehn zurück. Die Parsenn-Standseilbahn zippte sie in nur wenigen Minuten auf 2844 Meter Höhe und entließ sie in die Prachtaussicht am Weißfluhjoch. Von hier oben überblickt man die komplette Trail-Arena von Davos: ein 700 Kilometer weites, breit in die alpinen Bergflanken gespanntes Pfadnetz, das von der Davoser Trailcrew gehegt und gepflegt wird. Direkt gegenüber warten zum Beispiel Jakobshorn und Rinerhorn. Zwei Gipfel über die der von der IMBA prämierte Alps Epic Trail fast 40 Kilometer lang dahin mäandert. Schräg dahinter thront der berühmte Scaletta-Pass mit dem Engadin auf seiner Rückseite - eine mehrtägige, epische Aufgabe für laktaterfahrene Kletterer. Oder links die Flowtrails, die sich in sanfteren Kehren Richtung Klosters hinüber schlängeln.
Unsere Camperinnen aber sollten am ersten Tag mit einer anderen Trail-Persönlichkeit Bekanntschaft machen: und zwar mit dem Chörbschhorn-Trail. Die Holprigkeit dieses Namens ist hier Programm. Nach einer kurzen, verheißungsvollen Abfahrt Richtung Davos folgt man dem Trail nämlich bald bergauf. Schön zu fahren noch, die Aussicht stabil, doch der eigene Puls ist bald nicht mehr zu überhören. 350 Höhenmeter summieren sich auf diesem Höhenweg, der sich im Auf und Ab über die Bergkämme gen Süden zieht. Am Ende muss man sogar noch ein Stück schieben, weil der Untergrund zu grob und die Steigung zu gemein werden. Doch der Einsatz bleibt nicht unbelohnt. Es gibt schließlich Gründe, warum jedes Jahr Tausende Mountainbiker aus aller Welt anreisen und diese Davos-typischen Extra-Höhenmeter auf sich nehmen. Und das wird allen Teilnehmerinnen klar, als sie schließlich die kleine Chörbschhorn-Hütte erreichen und auf den Trail blicken, der sich von hier aus ins Tal hinunter windet.
Harmonisch in die Bergflanke komponiert, in kleinen Kehren den Kamm hinunter gewickelt, ausladend über die nächste Geländestufe geschwungen, mal feingekieselt, dann wieder mit groben Felsplatten ausgekachelt - ein wirklich episches Natur-Trail-Erlebnis, das über 1500 Tiefenmeter andauert.
Unterwegs wird natürlich an Schlüsselstellen Halt gemacht und an der Fahrtechnik gefeilt. Dabei hilft auch so mancher Ratschlag, den die Teilnehmerinnen am Vorabend von Wordcup-Racerin Sina Frei bekommen haben. Die Silbermedaillen-Gewinnerin der Olympischen Spiele 2021 war extra nach Davos gereist, um von ihrem Leben im Cross Country-Sport zu erzählen. Sie gab Tipps zu Training und mentaler Stärke in kniffligem Gelände und beantwortete den ganzen Abend auch die bohrendste Frage. Gerne wäre sie auch am nächsten Tag noch mit auf Tour gegangen, doch das ließ ihr eng getakteter Race-Kalender leider nicht zu.
Absolut BIKE Women Camp-tauglich erwies sich auch das Hotel: Traut man sich nach einem langen Tagesausritt dreckig, verstaubt und verschwitzt an der Rezeption eines Vier-Sterne-Hotels vorbei? Im Hotel Ameron schon. Man darf sogar das dreckige Bike mit in den Lift schieben und damit aufs Zimmer fahren. Danach hatten die Teilnehmerinnen zwei Stunden Zeit für den Wellness-Bereich des Hauses: Die Liegestühle auf der Sonnenterrasse, das große Pool-Becken für ein paar Extra-Runde im Wasser, die Saunalandschaft und/oder die Massageliege der eigens für uns abgestellten Physiotherapeutin. Die meisten aber entschieden sich erstmal für ein Bitburger 0,0, um sich den Trail-Staub aus der Kehle zu spülen und rollten danach für eine Stunde ihre Yoga-Matten aus. Anschließend traf man sich wieder auf einen Apero, bevor das mehrgängige Abendmenü serviert wurde.
Ein bisschen gearbeitet wurde in Davos aber auch: Abus hatte Helme zum Testen mitgegeben und Camelbak seine neuesten Rucksäcke. Die Vorzüge und Verbesserungsvorschläge wurden während der Touren und abends beim Essen heiß diskutiert.
Am Ende des BIKE Women Camps waren sich alle einig: Mehr Trail-Wellness-Programm in vier Tagen geht nicht. Vielen Dank fürs Dabeisein, liebe Camperinnen. Wir sehen uns im nächsten Jahr!