Bikepacking-Tipps29 Fehler - und wie sie sich vermeiden lassen

Gitta Beimfohr

 · 21.06.2025

Solche Campplätze wie hier im Kaukasus sind in Deutschland rar. Aber es lohnt sich vorab in der Karte schon mal nach guten Plätzen Ausschau zu halten.
Foto: Moritz Ablinger
Die größte Herausforderung beim Bikepacking ist weniger das Radeln und das Schaffen der selbstgesteckten Etappenziele, sondern vielmehr das dazugehörige Leben in und mit der Natur. Hier die Tipps der Profis - denn sie haben all diese Fehler schon gemacht...

Vorbereitung: Das kann man vor dem Start planen

1. Tagesziele stecken: 50, 80 oder 100 Kilometer?

Das große Ziel erreicht man am besten über vorab gesteckte Tageziele. Da darf es ruhig etwas mehr sein als sonst, schließlich hat man ja den ganzen Tag Zeit. Aber Raum für Pannen, Pausen, Unterkunftssuche und Wetter unbedingt einplanen!

2. Packen mit Luft

Spätestens am 3. Morgen scheinen die Taschen kleiner geworden zu sein. Man kriegt seine Sachen einfach nicht mehr so leicht verstaut wie Zuhause. Deshalb die Taschen von vornherein nicht bis auf den letzten Reißverschlusszahn vollstopfen, sondern etwas Raum für später eventuell hektischere oder regennasse Packmomente lassen.

3. Unterkünfte oder Schlafplätze vorab scouten

Einsame Wiese gefunden: check. Bachlauf in der Nähe: check. Das sollte eine gute Nacht werden.Foto: Moritz AblingerEinsame Wiese gefunden: check. Bachlauf in der Nähe: check. Das sollte eine gute Nacht werden.

100 Kilometer fahren und dann nach einem Schlafplatz umschauen? Das kann bei untergehender Sonne schnell in Stress ausarten. In ländlichen Gegenden gibt es nicht viele Unterkünfte. Kommt dann noch eine größere Veranstaltung dazu, kann eventuell der ganze Landkreis ausgebucht sein. Auch wer draußen schlafen möchte, kann in der Topokarte schon mal nach geeigneten Plätzen (z. B. Waldränder, abgelegene Bachufer, keine mückenintensiven Moorgebiete!) Ausschau halten.

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An der romantischen Vorstellung, einfach beim Bauern nach einem Platz in der Scheune zu fragen, sind übrigens schon viele Bikepacker gescheitert. Jenseits der deutschen Grenze soll das deutlich einfacher sein!

4. Will ich wirklich selbst kochen?

Na, das gehört zum Bikepacking doch dazu! Jain. Vom eigenen Kaffee am Morgen schwärmen die meisten Bikepacker, von platzfressendem Kochgeschirr, dem Spülen mit teurem Trinkwasser oder dem dreckig wieder einzupackenden Equipment hat man dagegen doch ziemlich schnell die Nase voll. Besser vielleicht tagsüber für ein warmes Essen einkehren und abends eine ausgiebige Brotzeit machen. Dafür reicht dann die Mitnahme von Besteck: Messer und Göffel!

5. Die Falttopf-Lösung

Top-Erfindung Falttopf: Aus Stahl oder Aluminium mit faltbarem Silkon-Mittelteil.Foto: Sea to summitTop-Erfindung Falttopf: Aus Stahl oder Aluminium mit faltbarem Silkon-Mittelteil.

Das Problem mit dem Spülen bleibt natürlich, aber der Falttopf (>> hier erhältlich) nimmt wenigstens nicht so viel Platz in den Gepäcktaschen ein. Top-Erfindung für alle, die auf Tour unbedingt selbst kochen wollen. Schon weil es eine schöne Abendbeschäftigung ist.

6. Supermarkt: Einkauf und Transport

Nicht vergessen: Andere (Bundes-)Länder, andere Öffnungszeiten! Am besten auch gleich fürs Frühstück mit einkaufen. Wer nach dem Einkauf aber mit voller, schlenkernder Tüte am Lenker erst noch einen Schlafplatz suchen muss, wird hoffentlich nur fluchen und nicht über den Lenker gehen. Eventuell einen leichten Stoffturnbeutel mitnehmen, den man sich auf den Rücken werfen kann. Oder von vornherein mit einem zusätzlichen Tagesrucksack losziehen (mit Trinkblase?), den man so leicht wie möglich hält und nur als Zusatzstauraum für Lebensmittel o. Ä. nutzt.

7. Abendprogramm

Schlafplatzsuche, Essen und für die Nacht einrichten – das erledigt man am besten, wenn es noch hell ist. Tja, und dann? Survival-Experten empfehlen, nicht zu früh schlafen zu gehen. Wer den eigenen Rhythmus gänzlich durchbricht, schläft schlecht und beschneidet die Regeneration. An eine Beschäftigung denken!

Wohnen in und mit der Natur

8. Der frühe Vogel...

Früh, aber nicht zu früh aufstehen: Eine Stunde vor Sonnenaufgang ist die Nacht am kältesten. In dieser “Blauen Stunde” den Schlafsack am besten nicht verlassen. Auch wenn das Vogelgezwitscher das Wiedereinschlafen erschwert. Trotzdem natürlich versuchen, das ganze Tageslicht zu nutzen. Das Einsammeln, sortieren und Taschen packen knapst morgens doch einiges von der Zeit im Sattel ab.

9. Pausentag einlegen

Auch auf Solotour trifft man unterwegs andere Leute. Allein für solche Momente lohnt sich zwischendurch ein Waschtag.Foto: Henri LesewitzAuch auf Solotour trifft man unterwegs andere Leute. Allein für solche Momente lohnt sich zwischendurch ein Waschtag.

Auf langen Trips mindestens einen Tag Pause pro Woche einplanen zur Regeneration, zum Bikecheck und zum Wäschewaschen.

10. Duschbrocken

Duschbrocken: Praktischer Klotz Seife, der im Bikepacker-Haushalt von Kopf bis Topf alles sauber macht.Foto: DuschbrockenDuschbrocken: Praktischer Klotz Seife, der im Bikepacker-Haushalt von Kopf bis Topf alles sauber macht.

Keine Plastikverpackung, er läuft in den Taschen nicht aus, er ist biologisch abbaubar, ph-neutral und wäscht nicht nur Körper und Haare, sondern auch Klamotten und Kochgeschirr. Den Duschbrocken gibt es in verschiedenen Duftnoten >> z. B. hier erhältlich . Wir empfehlen Kokos. #Mückenabwehr!

11. Pausen kurz halten

Auskühlung geht superschnell. Nach einer Stunde Mittagspause kann es leicht zwei Stunden dauern, bis man wieder in den Tritt kommt. Auf langen Etappen daher lieber langsamer fahren und dafür eventuell sogar auf dem Bike essen. Dafür wurde bereits der Food Pouch erfunden, den man sich praktischerweise zugriffbereit an den Lenker klemmt.

12. Süß oder salzig?

Bei sportlicher Fahrweise verbrennt man bis zu 800 Kalorien pro Stunde. Regelmäßiges Nachfuttern ist also nicht nur erlaubt, sondern wichtig. Interessant: Anfangs verlangen Kopf und Körper nach süßem Nachschub, nach ein paar Tagen kommt der Umschwung auf salzig.

13. Regentage

Irgendwann erwischt es jeden. Keine funktionelle Regenjacke der Welt hält den ganzen Tag dicht. An Regentagen daher maximal den halben Tag fahren und die andere Hälfte zum Trocknen der Klamotten einplanen.

14. Wasser!

Nicht mal die Ranger in der kanadischen Wildnis trinken das Wasser aus einem klaren Bach. 50 Meter stromaufwärts kann immer mal ein totes Tier oder ähnlich Bakterienhaltiges im Wasser liegen. Deshalb immer genug Wasser für abends besorgen für: Trinken, Kochen, Katzenwäsche, Zähneputzen und Kaffeekochen.

15. Das Schäufelchen

Weil das “Große Geschäft” auch im Wald Regeln hat.Foto: Sea to SummitWeil das “Große Geschäft” auch im Wald Regeln hat.

Ob man sie nun wirklich einpackt oder sich mit Stöckchen zu helfen weiß - ein Ehrenkodex unter Bikepackern lautet: Ein nicht länger aufzuhaltendes „großes Geschäft“ in freier Wildbahn muss vergraben werden! Achtung: Das verwendete Klopapier verrottet dagegen über Jahre nicht. Experten haben dafür Hundekot-Beutel dabei. Damit lässt sich das verwendete Papier im nächsten Mülleimer umweltgerecht entsorgen. Das Schäufelchen von Sea to Summit ist z. B. hier erhältlich.

Tipps für eine erholsame Nacht

16. Isolier-Tricks für die Nacht

Mit einem Hüttenschlafsack lässt sich eine zusätzliche Isolierungsschicht in den Schlafsack ziehen. Das spart Platz und Gewicht im Vergleich zum dicken Schlafsack-Modell. So hält man die Kälte von unten ab: Eine Rettungsdecke unter die Isomatte legen!

17. Camper-Safe

Die einen haben Wertgegenstände immer am Körper (z. B. Hipbag), andere verstecken sie lieber dort, wo selbst Diebe ihre Langfinger ungern reinstecken: z. B. Geldscheine in nicht mehr ganz so frisch riechenden Bike-Socken oder das Navi in der Nudeltüte.

18. Nacht unter der Brücke?

Gerade in regnerischen Nächten scheint die Übernachtung unter einer Brücke eine gute Idee. Ist sie aber nicht: Hier pfeift immer der Wind durch und die Heringe fürs Tarp als Windschutz lassen sich auch nur selten in den harten Boden schlagen.

19. Keine Mücke sticht mehr

Na ja, schön wär’s. Aber mit diesen Tipps fressen einen die kleinen Quälgeister wenigstens nicht ganz auf. Die Mücken-Sprays “Anti-Brumm” und “Nobite” enthalten synthetische Abwehrmittel und schneiden damit in verschiedenen Vergleichstests immer wieder am besten ab.

Was man sonst noch gegen Mücken tun kann:

  • Knoblauch und Chili essen
  • Schweiß nach der Tour von der Haut spülen
  • Nicht an stehenden Gewässern oder völlig windstillen Plätzen campen
  • Moskito-Netz einpacken
  • Mücken mögen keinen Kokos-Duft!

20. Wildes Zelten...

...ist in Europa nur in Skandinavien erlaubt (Jedermannsrecht). Wer trotzdem keine Campingplätze ansteuern möchte, findet hier vielleicht einen erlaubten Platz:

  • 1 Nite Tent: Überraschend viele Gartenbesitzer bieten für kleines Geld einen Stellplatz auf ihrem Rasen an, Info: 1nitetent.com
  • One Night Wild: Trekking- und Biwakplätze in Deutschland, onenightwild.com
  • Trekkingplätze: Vom 1. April bis 31. Oktober stehen allein in Deutschland 200 dieser geheimen Plätze im Wald zur Verfügung. Man bucht per App einen Platz (5-15 Euro) und bekommt die GPS-Daten zu diesen Orten (inkl. Feuerstelle, Feuerholz und Toilette aufs Handy geschickt. trekkingtrails.de

Spezial-Tipps der Profis

21. Anreise mit der Bahn

Ohne Gepäck kein Problem. Ist das Bike dagegen mit vollen Taschen behangen, macht mehrmaliges Umsteigen mit der Bahn wenig Spaß.Foto: Georg GrieshaberOhne Gepäck kein Problem. Ist das Bike dagegen mit vollen Taschen behangen, macht mehrmaliges Umsteigen mit der Bahn wenig Spaß.

Nicht immer ist der Bike-Transport ins gewünschte Reiseland mit der Bahn möglich oder stellt sich wegen mehrmaliger Umsteige-Manöver als zu unhandlich heraus. Erfahrene Bikepacker schicken ihr Bike auch schon mal samt Gepäcktaschen per DHL voraus. Zum Beispiel an die Adresse eines Hotels, das man für die erste Nacht am Zielort bucht.

22. Die Top 5 der gern vergessenen Dinge

Nach dieser Königsetappe gönne ich mir mal ein Weinchen - ohne dieses Werkzeug ist die Partylaune schnell dahin.Foto: bigjomNach dieser Königsetappe gönne ich mir mal ein Weinchen - ohne dieses Werkzeug ist die Partylaune schnell dahin.
  1. Korkenzieher: Da hat man sich eiiiiinmal zur Feier eines guten Tages ein Fläschchen Wein aus dem Supermarkt mitgenommen – und dann muss man den edlen Tropfen mit Korken-in-die-Flasche-drücken versauen?
  2. Toilettenpapier: Am ärgerlichsten, wenn man es erst im Nadelwald hockend bemerkt.
  3. Kleines Schloss: Ohne mein Bike geh ich eh nirgendwohin? Doch: z. B. einkaufen
  4. Mücken-Spray: Sie werden aus Boden und Gebüsch aufsteigen. Und zwar mit der Dämmerung, wenn der gemütliche Teil des Tages beginnen soll...
  5. Kleines Kopfkissen: Ach, da nehm ich meinen Pulli! Die Profis raten: Eine Draußennacht ist lang, der Boden hart und jede gut geschlafene Minute Gold wert! Ein kleines Kissen zum Aufblasen hat noch niemand bereut.

23. Transport im Flugzeug

Im Flugzeug lässt sich das Gepäck im Bike-Karton schon mitverstauen. Allerdings hat man dann besser eine Adresse vor Ort, wo man den Karton für die Rückreise unterstellen kann. Einen vergleichbar großen Ersatzkarton zu finden wird eventuell schwierig.

24. Schweden: Hütten & Mücken

In Schweden gilt nicht nur das Jedermannsrecht, es warten auch im ganzen Land verteilt Selbstversorgerhütten, die man auf Tour für eine Nacht beziehen kann. Teils mit separaten Klo- und Sauna-Häuschen. Fluch und Segen dagegen zugleich: die Mitternachtssonne. Man kann zwar deutlich länger auf dem Rad sitzen, findet aber auch schlechter in den Schlaf, wenn man das Dauerlicht nicht gewohnt ist. Was die Mücken betrifft: Bis Höhe Stockholm sind es nicht mehr als bei uns. Weiter nördlich sei dagegen das Moskitonetz wärmstens empfohlen!

25. Achtung, Schuhdiebe!

Nicht nur Mücken lieben Schweißgeruch, sondern auch Füchse! Die surren zwar nicht so nervtötend und zapfen kein Blut ab, dafür schnappen sie sich aber gern mal einen Schuh. Vor allem, wenn diese aus Geruchsgründen vor dem Zelt geparkt werden!

Füchse schleppen ihre Trophäen bis vor ihren Bau. Die lokalen Förster wissen meistens, wo das ist.Foto: Picture Alliance / LehtikuvaFüchse schleppen ihre Trophäen bis vor ihren Bau. Die lokalen Förster wissen meistens, wo das ist.

26. Abkleben hilft doppelt

Dort, wo die Taschen am Bike-Rahmen aufliegen oder beim ersten Packen schon recht nah kommen, kann man den Rahmen mit Duct Tape gegen Kratzer schützen. Dabei ruhig ein bisschen dicker auftragen, denn Tape gehört sowieso in die Werkzeug-Tasche, weil man damit so unglaublich viel reparieren kann.

Duct Tape hat schon so manchem aus einer echten Patsche geholfen.Foto: Georg GrieshaberDuct Tape hat schon so manchem aus einer echten Patsche geholfen.

27. Tücken der Arschrakete

So gut wie jeder Bikepacker hat diese Erfahrung schon machen müssen: Klemmt man seine Schuhe für den Abend (Schlappen, Flipflops) in die Gummischnürung auf der Satteltasche, ist am Ende der Etappe sehr wahrscheinlich mindestens ein Schuh weg. Durch die ständigen Erschütterungen während der Fahrt arbeiten sich vor allem Flipflops schnell aus der vermeintlich strammen Klemmung heraus. Daher besser mit Schuhband o. ä. zusätzlich sichern!

28. Plusgrade abwarten

Schon weil Minusgrade mehr Gepäck bedeuten, sollte man mit der Tour mindestens bis zum Frühjahr warten.Foto: Bohdan KotoshchukSchon weil Minusgrade mehr Gepäck bedeuten, sollte man mit der Tour mindestens bis zum Frühjahr warten.

Bikepacking-Guru Gunnar Fehlau war erst kürzlich ein ganzes Jahr mit Lastenrad auf Deutschland-Tour. Er rät: „Bikepacking ist im Winter zu hart. Ich hatte sogar einen kleinen Ofen dabei, stellte aber sehr schnell fest: Zeltwände halten die Wärme nicht. Wer Spaß möchte, startet seine Tour erst, wenn auch die Nächte wieder Plusgrade haben.

29. Schlafplatz immer durchdenken!

Es lohnt sich, bei jedem vermeintlich guten Schlafplatz ein paar Was-wäre-wenn-Gedanken durchzuspielen. Es sind schon Bikepacker morgens mitten im FKK-Gelände aufgewacht oder ein Bach wurde durch ein Gewitter zum reißenden Fluss. Auch Gunnar Fehlau durfte sein Zelt mal auf einem Firmengelände aufstellen. Dazu ein Mitarbeiter der Firma: “Ach ja, den Mähroboter haben wir heute Nacht übrigens ausgestellt.”

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