Stefan Frey
, Matthias Borchers
· 07.01.2023
Jetzt hilft nur ein dick gefütterter und wasserdichter Winterschuh: An kalten und nassen Wintertagen kühlen die Füße beim Fahrradfahren meist besonders schnell aus. Da hilft auch kein Wackeln mit den Zehen. Wir haben 7 aktuelle Fahrradschuhe getestet und zeigen, welcher den Zehen am besten einheizt.
(Per Klick geht’s zur Einzelbewertung)
Wer auch im Winter ambitioniert durchs Gelände heizen will, für den ist der gefütterte und wasserdichte Winterschuh die richtige Wahl. Im Vergleich zum Sommerschuh, den alle Hersteller in zahlreichen Varianten und Preisklassen im Sortiment haben, ist die Auswahl an Winterschuhen allerdings überschaubar.
Für unseren aktuellen Test konnten sieben Hersteller je ein Modell ins Rennen schicken. Marken wie Bontrager oder Specialized, die früher mit von der Partie waren, bieten inzwischen keine Winterschuhe mehr an; Sidi wollte mit seinem aktuellen Modell nicht an unserem Test teilnehmen.
Mit einer Ausnahme verwenden alle Hersteller dampfdurchlässige Membrane von Gore-Tex zwischen Außenhaut und Futter. Die Ausnahme Vaude vertraut auf das recyclingfähige Porenmaterial von Sympatex.
Alle getesteten Fahrradschuhe verfügen über einen umlaufenden Kantenschutz, um Schnitte im Obermaterial durch scharfes Gestein zu verhindern. An einigen können zusätzliche Schraubstollen für besseren Halt beim Laufen im Gelände ergänzt werden.
Die Modelle von Fizik und Northwave sind mit besonders dickem Teddyflausch ausgestattet. Der Fizik-Schuh gibt sich mit dem niedrigsten Schaft betont sportlich, während der Schuh von 45NRTH mit extralangem Neoprenschaft schon fast als Stiefel durchgeht.
Unsere Testerinnen und Tester haben alle Schuhe intensiv ausprobiert und ihre Eindrücke zur Passform sowie die Erfahrungen aus der Praxis dokumentiert. Unter Laborbedingungen mussten die Schuhe ihre Wasserdichtigkeit und Isolationseigenschaften unter Beweis stellen.
45NRTH und Northwave schneiden bei Wasserdichtigkeit und Isolation am besten ab – damit sind sie eine Empfehlung für besonders kälteempfindliche Radler. Beide Modelle verfügen außerdem über einen besonders hohen Schaft, der Regen und Matschspritzer zuverlässig abwehrt.
Deutlich weniger wärmen die Modelle von Gaerne und Scott. Das muss kein Nachteil sein: Zum einen ist das individuelle Kälteempfinden sehr unterschiedlich, und zum anderen kann es bei intensivem Training in stark isolierenden Schuhen schnell zu warm und damit feucht und in der Folge kalt werden.
Viel Lob gab es von allen Testern für die Passform des Fizik-Schuhs, der sich zudem am besten an- und ausziehen lässt. Doch kein Vorteil ohne Nachteil: Wegen des kurzen Schafts läuft Regen und Spritzwasser schnell von oben in die Schuhe.
Wer mindestens 230 Euro in einen guten Winterschuh investiert, sollte schon regelmäßig bei fiesen Temperaturen aufs Bike steigen. Für alle anderen sind die deutlich günstigeren und in vielen warmen und wasserdichten Varianten erhältlichen Überschuhe wohl die bessere Wahl.
Das Gesamturteil basiert auf den Bewertungen der vier Kriterien Wasserdichtigkeit, Handling, Ausstattung und Gewicht, die unterschiedlich stark einfließen. Das Isolationsvermögen der Schuhe haben wir mit Hilfe eines reproduzierbaren Verfahrens ermittelt. Dabei kühlt erwärmtes Wasser im Schuhinneren über den Testzeitraum ab, während der Schuh bei etwa null Grad Außentemperatur mit kaltem Wasser besprüht und dem simulierten Fahrtwind eines Ventilators ausgesetzt wird. Am besten wärmt der Schuh, bei dem das Wasser am langsamsten abkühlt.
Die Schuhe werden mit Packpapier und Papierhandtüchern ausgestopft und anschließend über eine festgelegte Dauer einem Wasserstrahl ausgesetzt. Anschließend dokumentieren wir, an welcher Stelle wie viel Wasser in den Schuh eindringt.
Hier entscheiden Bauart und Bedienung von Drehverschlüssen und Schnürungen darüber, wie gut sich ein Schuh auch während einer Fahrt anpassen lässt. Die Beschaffenheit von Klettverschlüssen, der Zunge oder Fersenform können das An- und Ausziehen erleichtern oder erschweren. Auf Sohlen mit integrierten, weichen Gummiblöcken geht man sicherer als auf sehr harten Sohlen.
Am besten schneiden hier Schuhe ab, deren Drehverschlüsse sich in beide Richtungen feinjustieren lassen, die mit einer Innensohle zur Fußgewölbeunterstützung ausgestattet sind, die Montage zusätzlicher Schraubstollen erlauben und über ausreichend und sinnvoll platziertes Reflexmaterial verfügen.
Der Gewichtsunterschied zwischen dem schwersten (Vaude) und dem leichtesten Schuh (Northwave) beträgt immerhin ein halbes Pfund. Leichte Schuhe tragen sich bei gleich guter Passform komfortabler als schwere und trocknen in der Regel auch etwas schneller.
Wenig verwunderlich bieten die Winterspezialisten einen der wärmsten Schuhe im Vergleich. Dank seinem hohen Schaft fällt auch der Spritzschutz hervorragend aus. Der breite Klett erleichtert dabei das An- und Ausziehen des Ragnarök. Auch die Weitenanpassung gelingt während der Fahrt sehr gut. Viel Reflexmaterial schützt
bei der Heimfahrt auf der Straße. Der 45NRTH fällt recht klein aus. Am besten gleich eine Nummer größer ausprobieren.
Die Italiener haben zum ersten Mal einen Gore-Tex-Schuh im Programm. Der Artica überzeugt vor allem durch seine tolle Passform, doch auch der Nässeschutz des Materials ist exzellent. Über den niedrigen Schaft kann jedoch leicht Spritzwasser in den Schuh eindringen. Das flauschige Futter hält die Füße angenehm warm. Der Boa-Verschluss rastet leider nur in eine Richtung ein, was die Anpassung etwas erschwert. Leichter Schuh für Racer.
Der Gaerne kann seinem Namenszusatz G.Ice nicht ganz gerecht werden und eignet sich eher für Temperaturen über dem Gefrierpunkt oder für starke Schwitzer. Typisch Gaerne fällt der Schuh recht klein aus, ist aber auch in halben Größen erhältlich. Über den Boa-Verschluss lässt sich der G.Ice fein in der Weite justieren. Hinter der Zunge kann Spritzwasser eindringen. Der Gaerne ist im Vergleich der leichteste Schuh und eine gute Wahl für sportliche Fahrer.
Northwave hat den Dreh mit den Winterschuhen raus, da macht auch der X-Celsius keine Ausnahme. Der Wetterschutz ist dank der hohen Gamasche sehr gut, und auch die Isolation der Arctic-Version ist top. Der Drehverschluss erfordert etwas Übung und lässt sich mit Handschuhen nicht immer optimal bedienen. Beim Einstieg in den Neoprenschaft hilft ein Schuhlöffel. Der Testsieger fällt insgesamt eher groß aus und passt damit meist eine Nummer kleiner als gewohnt.
Mit einer Kombi aus Klett- und Reißverschluss bietet der Heater einen soliden Spritzschutz. Darunter verbirgt sich die eigentliche Schnürung des Schuhs, mit der sich die Weite gut regulieren lässt, die allerdings etwas fummelig im Handling ist. Die Isolation fällt geringer aus als erwartet, wodurch sich der Scott eher für milde Wintertage eignet. Die Zehenbox bietet relativ viel Platz, so kann man den Schuh auch mit dicken Socken noch gut tragen, oder man wählt eine Größer kleiner.
Der Winterklassiker von Shimano ist einer der komfortabelsten Kandidaten im Test. Seine Innensohle unterstützt das Fußgewölbe. Der SH-MW701 lässt sich leicht an- und ausziehen. Sein Boa-Verschluss ermöglicht eine Weiteneinstellung auch während der Fahrt. Die Michelin-Sohle bietet guten Grip im Gelände, der Schuh ist insgesamt gut gegen Spritzwasser geschützt und auch für kalte Tage ausreichend isoliert.
Vaude liefert mit dem Minaki Mid STX II den wärmsten Schuh in diesem Vergleich. Mit seiner grobstolligen Profilsohle ist man auch zu Fuß gut gerüstet. Dank Cleat-Abdeckung lässt sich der Minaki auch mit Plattformpedalen fahren. Der Drehverschluss ist etwas ungünstig unter der Abdeckung platziert, eine Anpassung während der Fahrt somit nicht möglich. Der Schuh fällt insgesamt klein und schmal aus, der Regen- und Spritzwasserschutz ist gut, aber nicht perfekt.
¹ BIKE-Messung
² BIKE-Urteil: > 55 super, > 50 sehr gut, >45 gut.
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