Mountainbiker fahren Klickpedale, basta! Dieses Credo ist heute längst überholt. Zwar vertrauen gerade Biker mit Rennambitionen nach wie vor auf die feste Verbindung, weil sie damit die Kraft aus den Beinen optimal aufs Pedal bringen, ergonomisch stets richtig stehen und in technischen Sektionen die volle Kontrolle über ihr Bike haben. Für viele andere überwiegen inzwischen jedoch die Vorteile der Flat-Pedal-MTB-Schuhe.
Aus guten Gründen: Der Lernprozess für das Ausklicken? Fällt bei Plattformpedalen weg. In kniffligen Situation schnell mal einen Fuß absetzen, bevor man ins Gemüse kullert? Jederzeit möglich. Außerdem schult das Fahren mit Flatpedalen die Fahrtechnik, zudem sind die Schuhe bequemer – vor allem, wenn man auch mal ein längeres Stück schieben oder tragen muss. Und mit der Motorunterstützung des E-Bikes entfällt mit der Notwendigkeit auch meist der Wunsch, die maximale Bein-Power aufs Pedal zu bringen.
Was macht einen guten Flat-Pedal-Schuh aus, wieviel Grip sollte es denn sein und lassen sich Schuhsohlen, die von den Pins übel zugerichtet wurden noch reparieren? Wir haben mit Maximilian Meinhardt gesprochen. Er ist Produktdesigner und -entwickler beim Bike-Schuhlabel First Degree und hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
BIKE: Je griffiger, desto besser – trifft diese pauschale Aussage auf Flat-Pedal-Schuhe zu?
MAXIMILIAN MEINHARDT: Größtenteils ja, es kommt aber immer auf den Einsatzbereich an. So braucht man beispielsweise für Slopestyle MTB-Schuhe etwas anderes als für Gravity. Gerade von unseren Slopestyle-Teamfahrern bekommen wir immer wieder das Feedback, dass es tatsächlich auch zu viel Grip geben kann.
Deshalb haben wir beispielsweise die Sohle unseres Arcade so konzipiert, dass sie die perfekte Mischung aus Grip und Manövrierbarkeit am Pedal bietet. Beim Flite, der hauptsächlich für Gravity und Bikepark ausgelegt ist, haben wir andererseits bewusst auf maximalen Grip gesetzt.
>> Bei Fahrradpedalen haben Mountainbiker die Wahl: klassisch mit Klickies oder leichter lösbar mit Flat-Pedalen. Wir haben zwanzig Modelle aus beiden Kategorien getestet.
Welche Rolle spielt das Profil der MTB-Schuhe beim Grip auf dem Pedal?
Eine Große. Um den besten Grip zu erzeugen, müssen die Pins vom Pedal an möglichst unterschiedlichen Stellen auf das Gummi treffen. Das heißt, einige Pins sollten direkt senkrecht in Profilnoppen einstechen, während andere Pins seitlich an den Profilnoppen anliegen. So erzeugt man Grip in alle Richtungen.
Und welche Rolle spielen Form und Länge der Pins?
Mit den Pins kann man sich das Pedal gut auf eigene Bedürfnisse und die eigenen MTB-Schuhe abstimmen. Je dicker, desto weniger Grip und umgekehrt. Je länger, desto mehr Grip und umgekehrt. Beides gilt aber selbstverständlich immer nur zu einem gewissen Punkt, worüber hinaus es keinen Sinn mehr ergibt. Wichtig bei dem Thema ist aber auch die Verteilung und Anzahl der Pins auf dem Pedal. Zu viele Pins, zu eng beieinander, verringern den Grip auch wieder, egal wie spitz und lang sie sind.
Wie wirkt sich die Sohlenhärte der MTB-Schuhe auf den Grip am Pedal aus? Ist weicher vielleicht sogar besser (mehr Dämpfung)?
Das ist ein sehr komplexes Thema, da die Sohlenhärte von unterschiedlichen Komponenten definiert wird. Die Dämpfung übernimmt - nach der Einlegesohle - in den meisten Fällen eine Zwischensohle aus EVA-Schaum, welche sich aber nicht direkt auf die Sohlenhärte auswirken muss.
Die Flexibilität der ganzen Sohle wird größtenteils über die innen verbaute Brandsohle definiert, während die Gummi-Außensohle nur noch einen geringen Teil der gespürten Sohlenhärte ausmacht.
Deswegen kann man eine sehr weiche Gummimischung verwenden, aber trotzdem eine harte Sohle haben und gleichzeitig eine gute Dämpfung. Die Gummimischung ist also viel entscheidender für den Grip, als die allgemein gespürte Sohlenhärte.
Du suchst die perfekten Plattformpedale, doch bist überfordert von der schier endlosen Auswahl?Flat-Pedals unterscheiden sich nicht nur in der Farbe. Größe, Form und Pins entscheiden maßgeblich, ob ein Flat-Pedal zu deinem Fahrstil passt oder nicht. Wie du dein perfektes Pedal findest, erklären wir hier.
Je griffiger die Sohle der MTB-Schuhe, desto höher die Abnutzung. Stimmt das?
Zum Teil, ja. Griffigkeit und Abnutzung stehen sich prinzipiell immer gegenüber, ein wichtiger Faktor ist dabei aber noch die Qualität der Gummimischung. Wir sind mit unserem Sohlenhersteller in sehr engem Austausch um stets die perfekte Gummimischung für unsere jeweiligen Sohlen zu finden.
Wir setzen hier auf Mischungen, die bei hoher Griffigkeit verhältnismäßig wenig Abnutzung zeigen. Trotzdem muss man bei Flat-Pedal-Sohlen immer Kompromisse in irgendeine Richtung eingehen. Gerade dazu ist uns das Feedback unserer Teamfahrer immer eine riesige Hilfe.
Die Sohle ist teilweise schon zerfurcht von den Pins, während der Oberschuh noch aussieht wie neu. Lässt sich die Sohle reparieren?
Prinzipiell ja, leider gibt es hier aber noch zu wenig Kapazitäten, als dass wir so etwas nachhaltig machen könnten. Ein guter Schuster könnte den zerfurchten Teil der Sohle abschleifen und ein Stück Sohlengummi aufkleben. Das würde aber den Grip und das Sohlengefühl stark beeinträchtigen.
Deshalb versuchen wir, wie zuvor schon erwähnt, immer die perfekte Gummimischung zu finden um die Abnutzung der Sohle so gering wie möglich zu halten, ohne gleichzeitig den Grip negativ zu beeinflussen.
Gibt es auch die Möglichkeit, MTB-Schuhe komplett neu besohlen zu lassen?
Prinzipiell ja, aber danach ist es ein ganz anderer Schuh. Unsere Sohlen sind in ihrer Geometrie sehr komplex und genau auf den Oberschuh abgestimmt. Die gesamte Performance, die aus diesem Zusammenspiel entsteht, könnte man mit einer normalen Sohle, auf die ein Schuster Zugriff hätte, nicht nachempfinden.
Beim Kauf von Flat-Pedalen kann man kaum etwas falsch machen. Solange die Standfläche groß genug ist und die Pins schön scharfkantig sind, landet man auch schon mit den meisten Modellen unter 100 Euro einen Volltreffer.
Anders sieht es bei den Schuhen aus. Ist die Sohle zu hart oder die Profilierung zu grob, schmiert man auch auf den griffigsten Pedalen ab. Ebenso nützt die größte Auflagefläche nichts, wenn sich die Sohle zu stark verwindet oder der Schuh selbst zu wenig Stabilität vermittelt.
Deshalb mein Tipp: die Impact-Modelle von Fiveten. Die klobigen Klassiger sind zwar nicht so stylisch wie die moderneren Modelle im Sneaker-Look, sitzen aber bombenfest am Fuß, bieten extrem viel Stabilität und der Grip lässt auch keine Wünsche offen.