Sandra Schuberth
· 04.10.2023
Wir greifen das Thema Schuhe auf, weil es in unzähligen Gesprächen bei Radsportveranstaltungen immer wieder zur Sprache kommt. Brennende Fußsohlen, unangenehmer Druck und taube Zehen werden als erstes genannt, wenn es um die Schuhe geht. Und es werden Tipps gegeben: “Probier mal Schuh XY, der ist gut”. Schon bei den Sätteln wissen wir, dass das nicht von einer Person auf die andere übertragbar ist. Nicht jeder ist mit demselben Sattel zufrieden. Bei den Schuhen ist es ähnlich. Gängige Aussagen über die Passform von Radschuhen werden schnell missverstanden: Fahrradschuhe sollen eng am Fuß sitzen. Damit ist aber nicht gemeint, dass der Schuh drückt und einengt, sondern dass er dem Fuß beim Treten festen Halt gibt. Der Halt im Schuh in Verbindung mit einer steifen Sohle trägt letztlich dazu bei, effizient zu treten. Wir beginnen also mit ein paar Grundlagen darüber, wie man einen passenden Fahrradschuh finden kann.
Über einen Klick oder Tippen auf das jeweilige Schuh-Modell geht’s aber direkt zu den Schuh-Schnellchecks- hier von A nach Z sortiert.
Wie oben erwähnt trägt ein gut passender Schuh dazu bei, effizient zu treten und er sollte keine Schmerzen verursachen. Und doch: Oft sind die Schuhe zu eng, weiß Alexander Mathe vom Trainings- und Bikefitting-Dienstleister HYCYS in München. Denn rund 60 Prozent der Kunden, die zu HYCYS ins gebioMized Concept Lab zum Bikefitting kommen, haben zu enge Schuhe. “Probleme durch zu enge Schuhe sind vor allem Taubheitsgefühle, brennende Fußsohlen und Kribbeln”, sagt er. Jörg Schmidt, Vertriebsleiter gebioMized & Lake Cycling im D-A-CH-Raum, ergänzt: “Auch viele Knieprobleme lassen sich auf den Fuß zurückführen”, etwa wenn ein zu enger Schuh einfach eine Nummer größer gekauft wird. Die Schuhe werden zwar länger, aber kaum merklich breiter. Oft kann die Pedalplatte nicht mehr richtig eingestellt werden, was zu Knieproblemen führt.
Etwa 60 % unserer Bikefitting-Kunden haben zu enge Schuhe - Alexander Mathe, HYCYS München
Aber wie findet man ihn, den passenden Fahrradschuh? Sicher nicht wie bei Aschenputtel - na ja, im Märchen sucht man auch den passenden Fuß und nicht den passenden Schuh.
Die meisten wählen für ihr Gravelbike MTB-Pedale mit Klicksystem. Die Cleats, also die Verbindung zwischen Schuh und Pedal, unterscheiden sich je nach Pedalhersteller. Allen gemeinsam ist, dass sie mit zwei Schrauben am Schuh befestigt werden (bei Rennradschuhen sind es drei Schrauben). Wer will, kann übrigens auch Gravel-Schuhe am Rennrad verwenden. Vorteile sind z. B. gleiches Pedalsystem an allen Rädern, bequemeres Gehen, die Cleats halten länger. Nachteilig ist, dass die meisten Offroad-Platten und -Pedale die Kontaktfläche zum Schuh verringern, was die Kraftübertragung verschlechtern und den punktuellen Druck auf die Fußsohle erhöhen kann.
Wer unsicher ist oder kein auf Bikepacking-Touren extra Paar Schuhe transportieren möchte, trifft auch mit Plattformpedalen und Schuhen ohne Klick-System eine gute Wahl.
Drehverschlüsse, Klettverschlüsse und der gute alte Schnürsenkel sind die wichtigsten Verschlusssysteme für Gravelschuhe - oder eine Kombination aus allem. Vorteil von Drehverschlüssen wie Boa: Die Schuhe lassen sich schnell öffnen und schließen und gut anpassen - auch während der Fahrt. Schnürsenkel lassen sich während der Fahrt nicht verstellen. Sind sie zu eng oder zu locker geschnürt, muss angehalten werden. Klettverschlüsse wie beim Fizik Terra Powerstrap X4 sind ebenfalls schnell zu bedienen und halten bei guter Qualität das Schuhleben lang.
Haben Sie die Innensohle aus dem Schuh herausgenommen und sich darauf gestellt? Nein? Dann probieren Sie es mal! Welche Form muss der Fuß annehmen, um in den Schuh zu passen?
Viele Größentabellen fragen lediglich die Länge ab, die Fußbreite bleibt bei der Größenwahl unberücksichtigt. Manchmal gibt es Schuhe in wide - also in einer breiteren Version. Viele Hersteller nutzen Fußscans von zahllosen Menschen und entwickeln einen Allround-Leisten, der dem Großteil der Füße gerecht werden soll. Aber “one size does not fit all” - eine Größe passt eben nicht allen, beschreibt der Hersteller Lake aus den USA seine Passform-Philosophie. Seine Schuhe werden auf 11 unterschiedlichen Leisten gebaut. So entstehen passende Schuhe für verschiedene Einsatzgebiete und unterschiedliche Fußformen. Zur Philosophie von Lake gehört auch, dass es die Schuhe überwiegend direkt bei Bikefittern gibt. Auch der australische Hersteller Bont geht andere Wege und hat bis zu vier unterschiedliche Schuhbreiten je Modell im Programm.
Die richtige Passform ermöglicht mehr Effizienz und ... Komfort, egal wie weit die Strecke ist. - Bont Cycling
Weil die Ursache von Probleme wie Knieschmerzen auch bei Füßen bzw. den Schuhen und der Einstellung der Cleats liegen kann, schauen Bikefitter hier genau hin - je nach gebuchtem Fitting-Paket. Ein einfaches Messen der Länge reicht nicht, um den passenden Schuh zu finden. Wir haben den Prozess der Fußvermessung und der Suche nach dem passenden Schuh einmal durchgespielt. Dazu waren wir im gebioMized Concept Lab bei HYCYS in München. Hier wurden unsere Füße gescannt und vermessen und es wurde ein Blick auf die getragene Einlegsohle geworfen. Die verrät oft schon einiges über die Passform des aktuellen Fußes. Eine Tabelle mit Fußform und Einsatztweck gibt dem Bikefitter schließlich Aufschluss, welcher Leisten und damit welcher Schuh passen könnte, natürlich spielt auch das geplante Einsatzgebiet des Schuhs dabei eine Rolle. Ein Schuh für Rennradrennen sitzt anders am Fuß als einer für entspannte Bikepacking-Touren, bei denen der Schuh auch an langen Tagen bequem sein soll.
Wie wir gelernt haben, tragen viele Leute zu enge Schuhe zum Radfahren. Statt einfach den Schuh eine oder zwei Nummern größer zu kaufen und damit andere Probleme zu riskieren, sollte auch auf die passende Breite geachtet werden.
Menschen mit Hallux valgus oder anderen Fußfehlstellungen haben es oft besonders schwer, überhaupt passende Schuhe zu finden, geschweige denn passende Radschuhe. Das Schaftmaterial von Radschuhen ist meist wenig flexibel und soll es auch nicht sein. Aber es gibt Lösungen. Hier kommt wieder Lake ins Spiel - mit seiner Schaftkonstruktion, die bei allen Modellen mit der Bezeichnung 242 zum Einsatz kommt. Das Obermaterial der 242er Schuhe ist in sechs Segmente unterteilt, um auch schwer anpassbaren Fußtypen gerecht zu werden. Personen mit Ballenzehen, Fehlstellungen, sehr schmalen oder breiten Füßen, sehr niedrigem oder hohem Rist können mit diesem Schuh glücklich werden. Die Laschenkonstruktion ermöglicht eine Feinabstimmung der Passform und entlasten empfindliche oder schmerzende Stellen am Fuß. Zusätzlich kann die Fersenkappe durch Wärme verformt und dem Fuß angepasst werden.
Steif, abriebfest, atmungsaktiv, wasserdicht, griffig... das sind nur einige Adjektive, mit denen sich Fahrradschuhe beschreiben lassen. Je nach Einsatzgebiet muss ein Radschuh bestimmte Anforderungen erfüllen. Was müssen Schuhe für schnelle Gravel-Rennen leisten? Welche Anforderungen sollten Schuhe für Bikepacking- und Abenteuertouren erfüllen? Der Gravelschuh-Test verrät es.
In unserem Gravelschuh-Test haben wir verschiedene Schuhe mit zwei Paar unterschiedlichen Füßen ausprobiert und haben damit ordentlich Kilometer gesammelt - mit einigen mehr mit anderen weniger, da sie später dazu kamen.
Die Schuhe haben wir in verschiedene Kategorien unterteilt:
Offenliegende Carbonsohlen sind nicht unbedingt die beste Idee für abenteuerliche Touren, bei denen das Rad auch mal geschoben oder getragen werden muss. Steine können der Carbonsohle ganz schön zusetzen - und das Material bietet wenig Halt. Quoc kombiniert beim Grand Tourer XC eine steife Carbonsohle mit einem griffigen TPU-Material. So ist der Schuh einerseits steif, andererseits griffig beim Gehen. Beim Recon ADV macht Specialized es ähnlich und überzieht die Carbonsohle teilweise. Für sogenannte Hike-A-Bike-Passagen, also Streckenabschnitte, die zu steil oder zu unwegsam sind, um zu fahren, ist der Recon ADV zusätzlich etwas flexibel im Zehenbereich - für ein besseres Laufgefühl.
Das ist wichtig:
Das ist weniger wichtig:
Der Recon ADV ist der Abenteuer-Gravelschuh von Specialized. Drehverschlüsse wie die Boa lassen sich zwar leicht austauschen, wenn sie kaputt gehen, aber wo bekommt man auf einer Bikepacking-Tour Ersatz her? Schnürsenkel sind etwas zeitaufwendiger beim An- und Ausziehen. Sie können aber vielerorts ersetzt werden. Einmal richtig geschnürt, sitzt der Schuh auch auf längeren Strecken bequem am Fuß. Die längste Strecke im Test waren 540 Kilometer und 10.000 Höhenmeter in gut 41 Stunden nonstop beim Seven Serpents Quick Bite.
Bisher der beste Schuh für lange Distanzen, den ich hatte. Allerdings staut sich die Wärme im Schuh, das wird an heißen Tagen unangenehm. - Sandra Schuberth, Delius Klasing Online-Redakteurin
Plus: Ein Schuh zum Wohlfühlen
Minus: Wärme staut sich, nicht so gut für den Hochsommer
Der Grand Tourer XC ist für den Hersteller Quoc der ultimative Offroad-Abenteuerschuh. Egal ob auf dem Gravelbike oder mit dem Mountainbike. Zwei Drehverschlüsse sorgen dafür, dass der Schuh fest am Fuß sitzt, ohne zu drücken. Die TPU-beschichtete Carbon-Sohle ist steif und sorgt für eine gute Kraftübertragung. Gleichzeitig bietet sie Halt, wenn in unwegsamem Gelände geschoben werden muss. Im Vorfußbereich ist der Quoc ähnlich geschnitten wie der Specialized Recon ADV.
Plus: beschichtete Carbonsohle schützt Carbon und bietet Halt, reflektierende Details
Minus: kleines Größenspektrum
Nach zwei Jahren im Dauereinsatz halten die Klettverschlüsse entgegen anfänglicher Bedenken immer noch einwandfrei. Die beiden Riemen ermöglichen auch während der Fahrt ein schnelles Nachjustieren, falls der Schuh einmal zu locker sitzen sollte. Das geht zwar nicht so schnell wie mit einem Boa-Drehrad, ist aber auch weniger schmutzanfällig.
Die X4 fallen zwar entsprechend der Größenangabe aus, passen aber eher an schmale Füße. Mit dicken Socken kann es schnell schwierig werden. Die eher schlichte Einlegesohle haben wir durch eine individuelle ersetzt, was den Tragekomfort deutlich verbessert.
Vor allem die Geh- und Wanderpassagen haben sichtbare Spuren am Schuh hinterlassen und das spärliche Profil abgetragen, so dass die Cleats beim Laufen den Boden berühren. Der X4 empfiehlt sich daher leichter und vergleichsweise günstiger Schuh für schnelle Runden mit wenig Bodenkontakt. Aufgrund des legeren Designs ist er aber auch fürs Commuten gut geeignet.
Plus: Asymmetrischer Strap gibt guten Halt; leicht zu justieren; angenehme Passform
Minus: keine reflektierenden Elemente
Die Sohle vom Shimano SH-RX600 ist steif aber nicht bretthart. Deshalb führen wir ihn in unserer Kategorie Bikepacking und Abenteuer auf. Wer beides macht, sowohl Rennen, als auch Abenteuertouren mit nicht zu vielen Schiebepassagen, findet im Shimano SH-RX600 einen guten Begleiter. Die Sohle ist carbonverstärkt, insgesamt sind Schuh und Sohle leicht und von Gravelrennen inspiriert.
Die Damenvariante ist schmaler geschnitten. Personen mit schmaleren Füßen, denen ein Schuh in Größe 36 bis 44 passt, können sich das Damenmodell genauer anschauen. Wem breitere Schuhe besser passen, findet Größe 38 bis 50 beim Herrenmodell. In wide gibt es den Schuh von Größe 38 bis 48.
Ein ausführliches Testfazit folgt.
Plus: leicht, etwas weiter geschnitten
Minus: Die Innensohle bietet wenig Halt, ggf. mit hochwertiger Sohle austauschen für eine bessere Passform
In Rennen geht es um Geschwindigkeit. Und wenn es um Geschwindigkeit geht, spielt auch das Gewicht keine unwichtige Rolle. Für eine effiziente Kraftübertragung bedarf es einer steifen Sohle, häufig wird mit Carbonsohlen gearbeitet. Bei Gravelschuhen wie dem S-Works Recon liegt das Carbon frei.
Das ist wichtig:
Das ist nicht so wichtig:
Mit dem S-Works Recon hat Specialized einen Gravelschuh kreiert, der sich fast anfühlt wie ein Rennradschuh. Der S-Works ist für schnelle Fahrten und Rennen gemacht; nicht zum Schieben oder Gehen. Speziell, und im ersten Moment gewöhnungsbedürftig, ist die ergonomische Anpassung im Fußbett. Da hat Specialized/S-Works einen Keil im Vorfußbereich untergebracht, der sich unter den Ballen des großen Zehs schiebt. Dadurch soll eine bessere Kraftübertragung aus dem Vorfuß möglich werden. Unser Eindruck: Nach kurzer Gewöhnungsphase fühlt man sich wohl und hat tatsächlich das Gefühl, gezielter mit dem Vorfuß Druck auf das Pedal ausüben zu können.
Die S-Works Recon sind recht luftig, was sie für warme Tage auszeichnet, für kühle nicht so und für nasse gar nicht. Sollten sie einmal dreckig sein, lassen sie sich problemlos mit einem feuchten Lappen von Staub und Matsch befreien. Die Sohle ist Race-like steif - ein Performance-Schuh mit guter, nicht zu schmaler Passform. Die Carbon-Sohle ist allerdings empfindlich und verkratzt stark, wenn man das Bike öfter im Gelände schiebt/trägt oder ungestüm ins Klick-Pedal einklickt.
Plus: luftig, spezielle Ergonomie-Anpassung im Vorfußbereich, recht steife Sohle
Minus: Auch beim Gehen fühlt er sich fast wie ein Rennradschuh an, Carbon-Sohle verkratzt schnell
Seit wenigen Wochen gibt es den edlen und luftigen Fizik Vento Ferox Carbon in einer Sonderedition, die in Kooperation mit dem dänischen Fahrradbekleidungshersteller Pas Normal Studios entstanden ist. Klar, dass da ein edles und minimalistisches Design entstanden ist. Klettverschluss in Kombination mit Boa-Drehverschluss sorgen für fein justierbare Einstellung. Fizik-üblich passt der Schuh eher an schmale bis normal breite Füße. Die Sohle ist bretthart, so dass der Schuh prädestiniert für Rennen und schnelle Touren ist. Sowohl an der Seite als auch hinten verfügt der Schuh über reflektierende Details.
Wem 330 Euro für die, schon fast überall ausverkaufte, Sonderedition zu viel sind, bekommt den Schuh ohne PNS für 30 Euro weniger. Außer dem Design gibt es keine Unterschiede.
Plus: leicht, schmale Passform, sehr steife Sohle, gut anpassbar, reflektierende Details
Minus: teuer
Der Schuh befindet sich aktuell noch im Praxistest. Erste Eindrücke können wir schon verraten. Die Passform ist dank Laschenkonstruktion und doppeltem Boa-Verschluss sehr gut. Zunge und Schaft schließen nah am Knöchel ab, potentiell kann hier Druck entstehen. Das relativ hohe Gewicht spielt in der Praxis keine Rolle. Gut gefällt uns der breite Kanal zur Cleat-Installation. Die Sohle ist sehr steif, bietet aber gleichzeitig sehr guten Halt, um damit auch zu gehen.
Plus: Wohlfülschuhe, auch bei Fußproblemen und Problemfüßen
Minus: teuer, schwer, keine Variante ohne Leder