Stefan Frey
· 17.07.2024
Auch wenn der Begriff so abgewetzt ist wie eine alte Schuhsohle: Die MTB-Schuhe im Test wollen die perfekten Allrounder sein. Mit strammem Tritt zum Gipfel und mit festem Halt im Pedal wieder ins Tal. Und wenn das Gelände mal zu unwegsam wird, geht es auch zu Fuß bequem weiter.
Dabei haben sich die Trail- und Enduro-Schuhe in den letzten Jahren stark verändert. Konnte man früheren Modellen ihren Einsatzzweck förmlich ansehen, ähneln einige von ihnen aktuell eher Skate-Sneakern als Bike-Schuhen. Was nicht verkehrt sein muss, denn die flachen Sohlen stehen gerade auf Pedalen mit Plattform besonders sicher und lassen sich – auch wenn sie nicht maximal steif sind – noch gut berghoch treten. Wer viele Höhenmeter sammelt oder nach der Bestzeit auf der Enduro-Strecke schielt, sollte trotzdem einen Schuh mit steiferer Sohle wählen.
Während man noch vor wenigen Jahren mit kippeligen Profilen durchs Gelände stöckelte, steht man mit dem aktuellen Jahrgang meist fest am Boden verwurzelt. Nahezu jeder Hersteller setzt auf rutschfestes Gummi von Vibram, SUPtraction oder einer Eigenmarke. Doch ein griffiger Name allein macht noch kein gutes Profil. Auf schwach konturierten Sohlen verliert man auf feuchten Wiesen, losem Waldboden oder moosigen Felsen schnell den Halt. Rollen die MTB-Schuhe dann auch noch schlecht ab, hebt es die Ferse schon mal hinten aus dem Schuh.
Spannend ist auch die Frage nach dem idealen Verschlusssystem: klassische Schnürung, Drehverschluss, Klett oder eine Kombination aus verschiedenen Optionen? Die sechs Bike-Schuhe hier haben sie alle im Angebot.
Drehräder lassen eine feine Anpassung auch während der Fahrt zu. Bei nur einem Rädchen fehlt es jedoch meist an Spannung im Bereich der Zehen. Die klassische Schnürung ist zwar etwas aufwendiger, dafür lassen sich die MTB-Schuhe über den gesamten Bereich sauber an den Fuß anpassen. Tipp: Fädelt man die Schnürsenkel von außen nach innen durch die Laschen, halten sie beim Schnüren besser die Spannung. Flache Senkel funktionieren in der Regel zudem besser als runde.
Optimal ist allerdings weder die eine noch die andere Variante, denn erst in Kombination mit einem Klettverschluss wird ein “Schuh” draus. Sowohl in Verbindung mit einem Drehverschluss als auch mit Schnürsenkel bringt ein einfacher Klettriemen zusätzlich Spannung und fixiert den Fuß. Das verbessert nicht nur die Kraftübertragung, sondern verhindert auch, dass es beim Schieben die Ferse lupft. Gerade in Verbindung mit eh schon nassen Socken könnte das sonst für unangenehme Reibung sorgen und der Tour ein jähes Ende bereiten.
Nie mehr nasse Füße? Für alle, die auf eine Regenmembran beim Bike-Schuh keinesfalls verzichten können, haben wir erst vor Kurzem vier wasserdichte MTB-Schuhe ins Visier genommen.
Für mich sind Schnürsenkel noch immer unschlagbar, weil einfach und unkompliziert. Mit ihnen lässt sich der Schuh sauber an den Fuß anpassen. In Verbindung mit einem Klettriemen liefern sie bombenfesten Halt – und wenn sie mal reißen, sind sie einfach zu ersetzen. Überall. Boa bietet zumindest kostenlosen Ersatz für defekte Teile. Aber während der Tour ist man aufgeschmissen. Wirklich praktisch sind zudem nur die Varianten, die sich auch schrittweise lockern lassen – so wie das X-Dial von Northwave. – Stefan Frey - BIKE Testredakteur
Der Mallet Trail ist ein echter Komfort-Treter und packt den Fuß bequem in weiche Polsterung. Die Zehen haben viel Bewegungsfreiheit, die Ferse guten Halt – beim Treten wie beim Laufen. Praktisch: Die Schnürsenkel lassen sich hinter einer Lasche verstecken. Mit seiner flachen Sohle steht der Mallet sicher auf dem Pedal und bietet zudem ausreichend Steifigkeit. Profil und Gummi generieren aber nicht ultimativ viel Grip beim Laufen. Ein Klettriemen wäre ein sinnvolles Upgrade, genauso wie etwas effektivere Lüftungsöffnungen.
Der Rockit kommt dem Ideal klassischer Tourenschuhe schon sehr nahe: komfortable Passform, wenn auch etwas schmal, griffige Vibramsohle mit ordentlichem Profil und robustes Obermaterial. Auch wenn der Drehverschluss umständlicher als das Boa-System arbeitet, fixiert er den Fuß doch optimal im Schuh und lässt sich zudem in Mikro-Schritten öffnen und schließen. Beim Antritt geht leider etwas Kraft in der flexenden Sohle verloren und auch der Stand auf dem Pedal ist etwas kippelig. Das Ripstop-Material lässt weder Wasser noch Luft an den Fuß.
Der letztjährige Testsieger geht leicht überarbeitet an den Start. Wenn der schlanke Schnitt passt, bekommt man hier einen top Trail-Schuh, der viel Komfort und Schutz bietet sowie passabel belüftet ist. Der einzelne Boa-Verschluss fixiert den Fuß sicher im Schuh. Man steht stabil und fest verbunden auf dem Pedal. Auch die Kraftübertragung stimmt. Dank breitem Cleat-Kanal findet man leicht in die Bindung. Der Shr-Alp rollt beim Gehen angenehm ab, das grobstollige Profil funktioniert auf vielen Untergründen und bietet Halt und Traktion.
Shimanos leichter Trail-Schuh schmeichelt den Füßen mit sehr hohem Tragekomfort. Der GE7 trägt und läuft sich fast wie ein Sneaker. Über die Kombi aus Schnürung und Klett lässt er sich sauber an den Fuß anpassen. Im Gelände liefern Gummimischung und Profil guten Grip. Auf dem Pedal spürt man jedoch deutlichen Flex in der Sohle. Ohne großen Pedalkäfig geht hier viel Beinkraft beim Treten verloren. Dank des langen Pedalkanals gelingt der Einstieg problemlos, der Verstellbereich für die Cleats ist jedoch auffällig kurz. Guter Spritzschutz, wenig Belüftung.
Lange hatten die Schweizer keinen Trail-Schuh im Programm und vollziehen nun direkt eine Punktlandung: top Tragekomfort, hervorragende Kraftübertragung und sicherer Stand auf dem Pedal. Der Suplest eignet sich bestens für anspruchsvolle Trail- und Enduro-Touren. Auch abseits des Pedals überzeugt er mit gutem Grip und robuster Bauweise. Die Kombi aus Klett und Boa fixiert den Fuß optimal im Schuh. Kleines Manko: hohes Gewicht und wenig Verstellbereich fürs Cleat. Für etwas mehr Schutz wäre ein leicht erhöhter Knöchelbereich wünschenswert.
In technischem Gelände punktet der Moab mit viel Schutz an Zehen und Knöchel. Zudem erzeugt die flache und steife Sohle ein hohes Maß an Kontrolle und Standsicherheit auf dem Pedal, rollt dafür beim Schieben kaum ab. Das robuste Obermaterial ist wenig anschmiegsam, zudem bringt der Boa-Verschluss kaum Zug auf die vorderste Schlaufe – ein typisches Problem. Dadurch ist der Halt im Schuh nicht ideal und die Ferse hat etwas Schlupf. Ein breiter Pedalkanal erleichtert das Einklicken. Der Moab ist sehr schwer und nur unzureichend belüftet.