Stefan Frey
· 03.07.2024
Im Bikepark gelten Torso-Protektoren seit jeher als unverzichtbar. Schützen sie doch die knöcherne Mitte des Körpers und das im Wirbelkanal liegende lebenswichtige Rückenmark. Nachdem wir bereits den Newschool-Protektoren für über das Shirt von Poc und Evoc auf den Zahn gefühlt und anschließend zwei leichte Schoner von Ion und Scott für den Trail-Einsatz getestet haben, sind jetzt die schweren Bikepark-Klassiker an der Reihe.
Während die leichten Rückenprotektoren lediglich nach dem geringeren Level 1 zertifiziert sind, bei dem im Schnitt maximal 18 kN Restkraft an den Körper durchdringen dürfen, sind die wuchtigen Park-Protektoren von Fox und Leatt nach dem hohen Schutzlevel 2 freigegeben. Hier dürfen die Restkräfte maximal 9 kN betragen. Das schaffen diese Modelle natürlich nur mit wesentlich dickeren und somit auch schwereren sowie unflexibleren Protektor-Pads. Fox und Leatt gehören damit zur Kategorie der schweren Park-Schoner. Für Trail-Einsätze sind diese wuchtigen Westen nicht zu empfehlen. Dafür vermitteln sie im Bikepark ein sehr hohes Maß an Sicherheit.
Bei den Rückenprotektoren von Fox wie von Leatt dient als Träger für die Pads eine Weste aus dünnem Mesh, die auch an heißen Tagen etwas Kühlung zulassen soll. So angenehm luftig wie die Torso-Protektoren von Evoc und Poc tragen sich die beiden Kandidaten aber nicht. Neben den Pads an Rücken und Brust verfügen beide Westen – also Fox und Leatt – über zusätzliche EVA-Pads im Bereich der Nieren, die auch hier für etwas Schutz sorgen sollen. Hier handelt es sich aber nicht um nach der Norm zertifizierte Einsätze, womit die Schutzwirkung eher gering ausfällt.
Ein Punkt bleibt auch nach diesem Test offen, auf den wir auch während unserer Testfahrten im Bikepark Geißkopf immer wieder angesprochen wurden. Keiner der getesteten Rückenprotektoren bedeckt auch nur annähernd die gesamte Wirbelsäule. Meist bleibt zumindest ein Teil der Lendenwirbel unbedeckt – und das, obwohl hier die wichtigen Nerven der unteren Extremitäten austreten. Umso wichtiger ist bei den Torso-Protektoren die Wahl der passenden Größe.
Wir haben uns zu dieser Problematik auch mit Nick Börger, Product Development Engineer bei Evoc Sports GmbH, unterhalten. Er schildert das Problem folgendermaßen:
Die Mindestgröße der Rückenprotektoren wird von der Norm vorgegeben. Beispielsweise muss bei einem Schulter-Taille-Abstand von 52cm (gängige Zertifizierungsgröße eines L/XL Protektors) die Schutzzone hinsichtlich Protektorlänge mindestens 374,4 cm betragen. Basierend auf dessen Grenzwert wird die Länge abhängig vom Hersteller gewählt. Aus unserer Sicht ist dies unzureichend, weswegen wir nicht die Mindestschutzzone der Norm gewählt haben, sondern die Schutzzone des Torsoprotektors vergrößert haben.
Zu lange Rückenprotektoren bergen auf der anderen Seite die Gefahr während des Bikens hochzurutschen und dann unergonomisch in den Nacken zu drücken.
Neben den beiden schweren Westen von Fox und Leatt haben wir noch weitere Rückenprotektoren von Ion, Scott, Evoc und Poc getestet. Hier zeigen wir alle von uns gemessenen Werte in der Übersicht. Erstaunlicherweise erfüllt der schwere Poc nur Level 1 der Norm. Der leichte Scott überzeugt dagegen mit hervorragenden Schlagwerten bei minimalem Gewicht.
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Fox schafft es mit seiner Baseframe, ein hohes Maß an Schutz bei gutem Tragekomfort zu bieten. Damit eignet sich die Weste vor allem für Enduro- und Parkbiker, die ihren Schutz gerne etwas weniger offensichtlich unter dem Jersey tragen. Die leichte Meshweste sitzt angenehm und passgenau, fällt dabei nicht zu lang oder zu labbrig aus und hält die Protektoren perfekt in Position. Auch die seitlichen EVA-Pads sind gut platziert. Weniger gut gelöst sind dagegen die Enden der Klett-Straps, die sich kaum durch ihre Laschen fädeln lassen. Das nervt bei jedem An- und Ausziehen. Ein weiteres Manko ist die kurz geratene Rückenplatte. Sie könnte in der Länge etwas weiter über die Brustwirbelsäule hinausreichen. Die Belüftung ist spürbar schlechter als bei den Modellen, die über dem Jersey getragen werden.
Wem Schutzwirkung über alles geht, der kommt bei der wuchtigen Leatt auf seine Kosten. Im Schnitt liefern die Südafrikaner die besten Werte im Labor, lediglich das etwas kurze Pad am Rücken gibt Abzüge. Nachteil: Die massiven Pads drücken aufs Gewicht und sind bei jeder Bewegung spürbar. In passender Größe fällt die Weste sehr lang aus, das Material und die seitlichen Nierenpolster schoppen sich am Hosenbund. Auch das Brustpad sitzt erstaunlich tief und drückt stellenweise auf das Zwerchfell, der seitliche Reißverschluss kneift am Hals. Über zwei seitliche Klettbänder lässt sich die 3DF gut an den Träger anpassen. Zum An- und Ausziehen lässt sich der linke Strap über ein Clip-System aushängen. Das ist komfortabler gelöst als bei der ähnlich konstruierten Fox-Weste.
Die Stoßdämpfung ist das wichtigste Kriterium bei Rückenprotektoren und fließt deshalb mit 50 % bei den Knie- bzw. 60 % bei den Rückenschonern in die Wertung ein. Wir prüfen auf den Prüfständen der Sas-Tec GmbH sowie von Evoc in München in enger Anlehnung an die Motorrad-Prüfnormen EN 1621-1: 2012 (Knie) und EN 1621-2: 2014 (Rücken). Bei den Rückenprotektoren wird ein stabförmiger Fallkörper mit der Grundfläche 160 x 50 mm ebenfalls mit einem Gewicht von fünf Kilogramm verwendet. Die kinetische Energie muss beim Aufprall 50 J betragen. Hier wird die verbleibende Restkraft in kN angegeben. Je höher die Werte, desto geringer der Schutz.
Sitz, Tragekomfort und Belüftung eines jeden Schoners haben wir mit insgesamt drei Testern überprüft. Mit jedem Modell haben wir dabei eine Strecke von ca. 20 Kilometern zurückgelegt. Die einzelnen Punkte fließen zu unterschiedlichen Anteilen in die Bewertung ein.
¹BIKE-Messwerte. ²Das Schutz-Level bezieht sich auf die offizielle Angabe des Herstellers. ³Die BIKE-Note ist preisunabhängig. Die BIKE-Bewertung orientiert sich am Schulnotensystem mit den Bewertungsstufen 1 bis 5.