Ob steile Abfahrten, technische Trails oder große Sprünge – wer im Bikepark oder auf zornigen Enduro-Strecken unterwegs ist, bewegt sich oft am Limit. Dabei sind Stürze keine Seltenheit, selbst für erfahrene Fahrer. Umso wichtiger ist ein verlässlicher Schutz für den Oberkörper. Protektoren-Westen spielen hier eine zentrale Rolle: Sie schützen Rücken, Wirbelsäule und oft auch Brust und Rippen vor schweren Verletzungen, Prellungen und Schürfwunden.
Doch nicht jede Weste ist gleich. Eine gute Protektoren-Weste muss nicht nur effektiv schützen, sondern auch angenehm zu tragen sein, ausreichend Bewegungsfreiheit bieten und bei Bedarf gut belüftet sein. In unserem Vergleichstest haben wir verschiedene Modelle unter die Lupe genommen – mit Fokus auf Schutzwirkung, Tragekomfort, Passform und Verarbeitung. Welche Weste im Bikepark wirklich überzeugt, erfährst du hier.
Der Poc VPD Torso kann über der Kleidung getragen werden, was einen stylischen Motocross-Look erzeugt. Es fühlt sich ähnlich an wie eine kugelsichere Weste und steigert das Selbstbewusstsein.
Der POC VPD Torso verzichtet komplett auf Stoff oder eine Westenstruktur und besteht nur aus Brust- und Rückenprotektoren, die mit Gummibändern verbunden sind. Dies hat den Vorteil, dass der Protektor weniger anfällig für unangenehme Gerüche ist.
Das VPD-Material wird bei Wärme weicher, was den Tragekomfort verbessert. Bei einem Aufprall verhärtet es sich und bietet Schutz. Der Protektor ist gut belüftet.
Der Rückenprotektor ist nur nach dem einfacheren EN 1621-2-Level 1 zertifiziert. Zugunsten von Komfort und Gewicht wurde hier bewusst auf sichereres Material verzichtet. POC erklärt auf Anfrage kurz: "Ein höherer Schutzgrad hätte die Dicke und das Gewicht des Produkts erhöht, was für die Nutzer nicht ideal wäre."
Die Handhabung des POC VPD System Torso ist unkompliziert. Mit Gummibändern und Druckknöpfen lässt sich der Protektor schnell an- und ausziehen. Für Tester mit einer Körpergröße von 1,78 m war die Größe S/M ideal. POC bietet zudem eine Version nur für die Brust (100 Euro) und nur für den Rücken (180 Euro) an. In der reinen Brust-Version sehen wir allerdings kaum Nutzen.
Gewicht: 1179 Gramm, Preis: 240 Euro >> z. B. hier erhältlich.
Fazit: Gefühlt der Rücken- und Brustprotektor, der am häufigsten in den Bikeparks hierzulande gesehen wird. Guter Tragekomfort, unkomplizierte Handhabung. Allerdings nur mit der einfacheren EN 1621-2-Level 1 Zertifizierung. Teuer.
Evoc führt mit dem Liteshield Flex ein revolutionäres neues Material ein. Anders als herkömmliche Schäume ist dieser Protektor im Spritzguss-Verfahren hergestellt. Er zeichnet sich durch seine hohe Temperaturbeständigkeit aus und bewahrt seine schützenden Eigenschaften in einem breiten Temperaturbereich.
Auch dadurch benötigen die Rückenprotektoren von Evoc keinen zusätzlichen Layer, in den sie eingesetzt werden müssen, sondern dienen selbst als Träger für die sechs Riemen, über die sie an den Körper angepasst wird. Ähnlich funktioniert auch der VPD System Torso von Poc.
Ähnlich wie die Protektoren von Poc und Ion besitzt auch der Evoc eine stabile Brust als auch eine große Rückenplatte. Diese werden jeweils von sechs Riemen zusammengehalten, die sich zusätzlich an den Träger anpassen lassen. Während Poc beim Verschluss auf klassische Druckknöpfe setzt, spendiert Evoc seinem Torso Protector innovative und praktischere Magnetverschlüsse. Zudem bietet die Evoc-Weste die Option, eine kleine Rückentasche am Protektor anzubringen – ebenfalls per Magnetverschluss (hier nicht zu sehen weil Firlefanz). Rein theoretisch können hier jedoch Tools oder Proviant verstaut werden. Zugegen: Wir haben die Tasche nie ausprobiert. Preis: 190 Euro >> z. B. bei Bergfreunde oder Rose erhältlich.
Anders als POC und Ekoi besitzt der Evoc das hohe Schutzlevel 2 der EN 1621-2, was den Rückenprotektor damit sicherer macht als die erwähnte Konkurrenz. Der Brust-Protektor hat das leichtere Schutzlevel.
Fazit: Der neue Brust- und Rückenprotektor von Evoc beeindruckt. Hervorragend: Das Rückenteil erfüllt die strengere EN 1621-2 Prüfnorm. Das flexible Material passt sich angenehm dem Jersey an. Robuster und mehr Motocross-Feeling verleiht jedoch das steifere Material von der Konkurrenz von Poc oder Ion.
Ion präsentierte erst dieses Frühjahr sein Erstlingsgwerk, den Arcon HD Pro Brust- und Rückenpanzer. Der Rückenprotektor erfüllt die Level 2 CE-Testnorm, genau wie der Protektor von Evoc. Besonders: Das verwendete REZRO-Material ist vollständig biologisch abbaubar.
Der Oberkörper-Protektor wurde in enger Zusammenarbeit mit Freeride-Star Nico Vink entwickelt. Auf dem Foto seht ihr auch das Signatur-Modell von Vink. Den Schoner gibt es auch noch in schwarz, was sich farblich bestimmt besser kombinieren lässt als die Lila-Variante.
Der Arcon HD Pro liegt mit ihren martialischen Hartschalen-Besätzen, den sogenannten Power Slide Caps und einem Gewicht von 1369 Gramm schwer in der Hand und wirkt erst mal ziemlich sperrig. Doch die anfängliche Skepsis verflog schon nach der ersten Abfahrt. Der Schoner lässt sich gut fixieren und gibt einen sicheren Halt. Auch die Belüftung funktioniert gut.
Der Protektor erfüllt nicht nur für den Rückenteil die Level 2 CE-Testnorm, sondern auch für das Brustteil. Das macht den Ion besonders.
Der Cannon Buckle Verschluss funktioniert ohne Magnet oder Druckknopf nach kurzer Eingewöhnung sehr gut. Mit 240 Euro liegt die Protektoren-Weste preislich zwischen Evoc und Poc. Gewicht: 1369 Gramm (M/L) ; Preis: 239,99 Euro >> hier erhältlich.
Fazit: Premiere gelungen! Funktionaler Brust- und Rückenprotektor, der als einziger im Test sowohl im Brust- als auch im Rückenbereich die strengere Norm erfüllt. Er ist einfach zu handhaben und sieht gut aus. Nur das hohe Gewicht schmälert den Komfort etwas. Ansonsten top!
Als einziges Modell im Test vertraut das Franzosen-Label auf D30-Schaum. Vorteil: Die Ekoi Racing Protect Weste ist viel leichter als die Konkurrenz, was sich positiv auf den Tragekomfort ausschlägt.
Neben den leichten D30-Protektoren-Einlagen integrierte Ekoi für die Fixierung Boa-Verschlüsse. So lässt sich der Protektor per Radverschluss fixieren. Ganz nett, in der Praxis war die Handhabung bei der Konkurrenz aber leichter und unkomplizierter. Denn die zwei seitlichen BOA-Rädchen sind etwas schwer zu erreichen. Das Innenfutter besteht aus atmungsaktivem Mesh, die Träger lassen sich per Klettverschluss einstellen.
Die D30 Protektoren im Ekoi besitzen vorne wie hinten das einfache EN 1621-2-Level 1, genau wie bei POC. Wer´s noch nicht weiß: D30 ist ein spezieller Schaumstoff, der weich und flexibel bleibt – aber sich bei einem plötzlichen Aufprall blitzschnell verhärtet. Dadurch absorbiert er Stoßenergie sehr effektiv. Das funktioniert, weil sich seine Moleküle im Ruhezustand frei bewegen, bei einem Schlag jedoch kurzzeitig „verhaken“ und das Material fest machen. Nach dem Aufprall wird es sofort wieder weich.
Aktuell ist der EKOI Racing PROTECT D3O BOA auf 160 Euro reduziert. Damit ist die Weste mit Abstand die Günstigste im Vergleich. Gewicht: 758 Gramm (Größe M).
Fazit: Sehr leichter und dadurch komfortabler Protektor, der über wie auch unterm Shirt getragen werden kann. Der Verschluss mit Boa-Rädchen funktioniert, ist aber kein Aha-Effekt. Vorne wie hinten, besitzt der D30 Schaustoff-Protektor nur das einfachere Schutzlevel. Der Preis liegt deutlich unter dem der Konkurrenten.
Vier Protektoren – vor keinem muss ich warnen. Inwiefern das höhere Schutzlevel EN 1621-2 Level 2 wirklich notwendig ist, lässt sich schwer abschätzen. Bei Stürzen gibt es bekanntlich etliche Variablen. Bei dem enormen Tempo auf heutigen Park- und Downhill-Strecken fühle ich mich mit dem höherem Schutzlevel jedoch sicherer.
Der Protektor von POC und der von Ekoi scheiden daher aus. Zwischen den verbleibenden beiden Protektoren-Westen von EVOC und ION tendiere ich zu Letzterem. Zwar ist der ION Arcon HD Pro nicht so luftig wie das Pendant von EVOC, dafür sitzt er satter und gibt mir durch sein robusteres Material mehr Selbstbewusstsein.
Keiner der Rückenprotektoren deckt den so sensiblen unteren Rücken ab. Schade!