Protektoren-Westen im Praxis-Test4 Bikepark-Must-Haves

Laurin Lehner

 · 26.07.2025

Alle Protektoren-Westen im Vergleich. Zwei davon besitzen das strengere Schutzlevel im Rückenteil, zwei nur das einfachere.
Foto: Max Fuchs
Protektoren-Westen sind unverzichtbar für den Einsatz im Bikepark sowie bei Enduro- und Downhill-Fahrten. Sie bieten effektiven Schutz für Rumpf und Rücken vor Verletzungen bei Stürzen. Wir haben vier aktuelle Modelle im praktischen Einsatz getestet und bewertet.

Ob steile Abfahrten, technische Trails oder große Sprünge – wer im Bikepark oder auf zornigen Enduro-Strecken unterwegs ist, bewegt sich oft am Limit. Dabei sind Stürze keine Seltenheit, selbst für erfahrene Fahrer. Umso wichtiger ist ein verlässlicher Schutz für den Oberkörper. Protektoren-Westen spielen hier eine zentrale Rolle: Sie schützen Rücken, Wirbelsäule und oft auch Brust und Rippen vor schweren Verletzungen, Prellungen und Schürfwunden.

Doch nicht jede Weste ist gleich. Eine gute Protektoren-Weste muss nicht nur effektiv schützen, sondern auch angenehm zu tragen sein, ausreichend Bewegungsfreiheit bieten und bei Bedarf gut belüftet sein. In unserem Vergleichstest haben wir verschiedene Modelle unter die Lupe genommen – mit Fokus auf Schutzwirkung, Tragekomfort, Passform und Verarbeitung. Welche Weste im Bikepark wirklich überzeugt, erfährst du hier.

1. Der Big-Player: POC VPD System Torso

Der Poc VPD Torso kann über der Kleidung getragen werden, was einen stylischen Motocross-Look erzeugt. Es fühlt sich ähnlich an wie eine kugelsichere Weste und steigert das Selbstbewusstsein.

Der Kassenschlager VPD System Torso von Schweden-Label Poc. Wann kommt der Protektor endlich mit dem höheren Schutzlevel? Denn der Tragekomfort ist super.Foto: Max FuchsDer Kassenschlager VPD System Torso von Schweden-Label Poc. Wann kommt der Protektor endlich mit dem höheren Schutzlevel? Denn der Tragekomfort ist super.

Der POC VPD Torso verzichtet komplett auf Stoff oder eine Westenstruktur und besteht nur aus Brust- und Rückenprotektoren, die mit Gummibändern verbunden sind. Dies hat den Vorteil, dass der Protektor weniger anfällig für unangenehme Gerüche ist.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

So sieht das Ganze von hinten aus.Foto: Max FuchsSo sieht das Ganze von hinten aus.

Das VPD-Material wird bei Wärme weicher, was den Tragekomfort verbessert. Bei einem Aufprall verhärtet es sich und bietet Schutz. Der Protektor ist gut belüftet.

Zertifikat

Der Rückenprotektor ist nur nach dem einfacheren EN 1621-2-Level 1 zertifiziert. Zugunsten von Komfort und Gewicht wurde hier bewusst auf sichereres Material verzichtet. POC erklärt auf Anfrage kurz: "Ein höherer Schutzgrad hätte die Dicke und das Gewicht des Produkts erhöht, was für die Nutzer nicht ideal wäre."

Bissle oldschool, aber geht scho: Der Verschluss funktioniert mit Knöpfen.Foto: Max FuchsBissle oldschool, aber geht scho: Der Verschluss funktioniert mit Knöpfen.

Die Handhabung des POC VPD System Torso ist unkompliziert. Mit Gummibändern und Druckknöpfen lässt sich der Protektor schnell an- und ausziehen. Für Tester mit einer Körpergröße von 1,78 m war die Größe S/M ideal. POC bietet zudem eine Version nur für die Brust (100 Euro) und nur für den Rücken (180 Euro) an. In der reinen Brust-Version sehen wir allerdings kaum Nutzen.
Gewicht: 1179 Gramm, Preis: 240 Euro >> z. B. hier erhältlich.

Fazit: Gefühlt der Rücken- und Brustprotektor, der am häufigsten in den Bikeparks hierzulande gesehen wird. Guter Tragekomfort, unkomplizierte Handhabung. Allerdings nur mit der einfacheren EN 1621-2-Level 1 Zertifizierung. Teuer.

2. Der Neue: EVOC Torso Protector

Evoc führt mit dem Liteshield Flex ein revolutionäres neues Material ein. Anders als herkömmliche Schäume ist dieser Protektor im Spritzguss-Verfahren hergestellt. Er zeichnet sich durch seine hohe Temperaturbeständigkeit aus und bewahrt seine schützenden Eigenschaften in einem breiten Temperaturbereich.

Leicht, luftig, etwas Duschmatten-Feeling. Der Protektor von Evoc von vorne...Foto: Max FuchsLeicht, luftig, etwas Duschmatten-Feeling. Der Protektor von Evoc von vorne...

Auch dadurch benötigen die Rückenprotektoren von Evoc keinen zusätzlichen Layer, in den sie eingesetzt werden müssen, sondern dienen selbst als Träger für die sechs Riemen, über die sie an den Körper angepasst wird. Ähnlich funktioniert auch der VPD System Torso von Poc.

... und von hinten.Foto: Max Fuchs... und von hinten.

Ähnlich wie die Protektoren von Poc und Ion besitzt auch der Evoc eine stabile Brust als auch eine große Rückenplatte. Diese werden jeweils von sechs Riemen zusammengehalten, die sich zusätzlich an den Träger anpassen lassen. Während Poc beim Verschluss auf klassische Druckknöpfe setzt, spendiert Evoc seinem Torso Protector innovative und praktischere Magnetverschlüsse. Zudem bietet die Evoc-Weste die Option, eine kleine Rückentasche am Protektor anzubringen – ebenfalls per Magnetverschluss (hier nicht zu sehen weil Firlefanz). Rein theoretisch können hier jedoch Tools oder Proviant verstaut werden. Zugegen: Wir haben die Tasche nie ausprobiert. Preis: 190 Euro >> z. B. bei Bergfreunde oder Rose erhältlich.

Zertifikat

Anders als POC und Ekoi besitzt der Evoc das hohe Schutzlevel 2 der EN 1621-2, was den Rückenprotektor damit sicherer macht als die erwähnte Konkurrenz. Der Brust-Protektor hat das leichtere Schutzlevel.

Klick, Klick. Die Magnetverschlüsse funktionieren sehr gut.Foto: Max FuchsKlick, Klick. Die Magnetverschlüsse funktionieren sehr gut.
Fazit: Der neue Brust- und Rückenprotektor von Evoc beeindruckt. Hervorragend: Das Rückenteil erfüllt die strengere EN 1621-2 Prüfnorm. Das flexible Material passt sich angenehm dem Jersey an. Robuster und mehr Motocross-Feeling verleiht jedoch das steifere Material von der Konkurrenz von Poc oder Ion.

3. Der ganz Neue: ION Arcon HD Pro

Ion präsentierte erst dieses Frühjahr sein Erstlingsgwerk, den Arcon HD Pro Brust- und Rückenpanzer. Der Rückenprotektor erfüllt die Level 2 CE-Testnorm, genau wie der Protektor von Evoc. Besonders: Das verwendete REZRO-Material ist vollständig biologisch abbaubar.

Der Ion Arcon HD Pro ist neu und wurde vom Oberbayern-Label erst dieses Jahr präsentiert.Foto: Max FuchsDer Ion Arcon HD Pro ist neu und wurde vom Oberbayern-Label erst dieses Jahr präsentiert.

Der Oberkörper-Protektor wurde in enger Zusammenarbeit mit Freeride-Star Nico Vink entwickelt. Auf dem Foto seht ihr auch das Signatur-Modell von Vink. Den Schoner gibt es auch noch in schwarz, was sich farblich bestimmt besser kombinieren lässt als die Lila-Variante.

Der Arcon HD Pro liegt mit ihren martialischen Hartschalen-Besätzen, den sogenannten Power Slide Caps und einem Gewicht von 1369 Gramm schwer in der Hand und wirkt erst mal ziemlich sperrig. Doch die anfängliche Skepsis verflog schon nach der ersten Abfahrt. Der Schoner lässt sich gut fixieren und gibt einen sicheren Halt. Auch die Belüftung funktioniert gut.

Zertifikat

Der Protektor erfüllt nicht nur für den Rückenteil die Level 2 CE-Testnorm, sondern auch für das Brustteil. Das macht den Ion besonders.

Die Hartschale über dem weicheren REZRO-Material ist im unteren Teil unterbrochen für Beweglichkeit im unteren Rücken.Foto: Max FuchsDie Hartschale über dem weicheren REZRO-Material ist im unteren Teil unterbrochen für Beweglichkeit im unteren Rücken.Der Verschluss ist robust und funktioniert gut.Foto: Max FuchsDer Verschluss ist robust und funktioniert gut.

Der Cannon Buckle Verschluss funktioniert ohne Magnet oder Druckknopf nach kurzer Eingewöhnung sehr gut. Mit 240 Euro liegt die Protektoren-Weste preislich zwischen Evoc und Poc. Gewicht: 1369 Gramm (M/L) ; Preis: 239,99 Euro >> hier erhältlich.

Fazit: Premiere gelungen! Funktionaler Brust- und Rückenprotektor, der als einziger im Test sowohl im Brust- als auch im Rückenbereich die strengere Norm erfüllt. Er ist einfach zu handhaben und sieht gut aus. Nur das hohe Gewicht schmälert den Komfort etwas. Ansonsten top!

4. Der Underdog: EKOI Racing Protect D3O BOA

Als einziges Modell im Test vertraut das Franzosen-Label auf D30-Schaum. Vorteil: Die Ekoi Racing Protect Weste ist viel leichter als die Konkurrenz, was sich positiv auf den Tragekomfort ausschlägt.

Der Underdog aus Frankreich: Der Ekoi Racing Protect D30 mit BOA-Verschluss.Foto: Max FuchsDer Underdog aus Frankreich: Der Ekoi Racing Protect D30 mit BOA-Verschluss.

Neben den leichten D30-Protektoren-Einlagen integrierte Ekoi für die Fixierung Boa-Verschlüsse. So lässt sich der Protektor per Radverschluss fixieren. Ganz nett, in der Praxis war die Handhabung bei der Konkurrenz aber leichter und unkomplizierter. Denn die zwei seitlichen BOA-Rädchen sind etwas schwer zu erreichen. Das Innenfutter besteht aus atmungsaktivem Mesh, die Träger lassen sich per Klettverschluss einstellen.

Gut zu sehen: der D30-Schaumstoff im typischen orange.Foto: Max FuchsGut zu sehen: der D30-Schaumstoff im typischen orange.

Zertifikat

Die D30 Protektoren im Ekoi besitzen vorne wie hinten das einfache EN 1621-2-Level 1, genau wie bei POC. Wer´s noch nicht weiß: D30 ist ein spezieller Schaumstoff, der weich und flexibel bleibt – aber sich bei einem plötzlichen Aufprall blitzschnell verhärtet. Dadurch absorbiert er Stoßenergie sehr effektiv. Das funktioniert, weil sich seine Moleküle im Ruhezustand frei bewegen, bei einem Schlag jedoch kurzzeitig „verhaken“ und das Material fest machen. Nach dem Aufprall wird es sofort wieder weich.

Aktuell ist der EKOI Racing PROTECT D3O BOA auf 160 Euro reduziert. Damit ist die Weste mit Abstand die Günstigste im Vergleich. Gewicht: 758 Gramm (Größe M).

Einhaken und dann am Boa-Verschluss drehen. Funktioniert, ist aber kein enormer Mehrwert.Foto: Max FuchsEinhaken und dann am Boa-Verschluss drehen. Funktioniert, ist aber kein enormer Mehrwert.
Fazit: Sehr leichter und dadurch komfortabler Protektor, der über wie auch unterm Shirt getragen werden kann. Der Verschluss mit Boa-Rädchen funktioniert, ist aber kein Aha-Effekt. Vorne wie hinten, besitzt der D30 Schaustoff-Protektor nur das einfachere Schutzlevel. Der Preis liegt deutlich unter dem der Konkurrenten.

Mein Gesamt-Urteil

Vier Protektoren – vor keinem muss ich warnen. Inwiefern das höhere Schutzlevel EN 1621-2 Level 2 wirklich notwendig ist, lässt sich schwer abschätzen. Bei Stürzen gibt es bekanntlich etliche Variablen. Bei dem enormen Tempo auf heutigen Park- und Downhill-Strecken fühle ich mich mit dem höherem Schutzlevel jedoch sicherer.

Der Protektor von POC und der von Ekoi scheiden daher aus. Zwischen den verbleibenden beiden Protektoren-Westen von EVOC und ION tendiere ich zu Letzterem. Zwar ist der ION Arcon HD Pro nicht so luftig wie das Pendant von EVOC, dafür sitzt er satter und gibt mir durch sein robusteres Material mehr Selbstbewusstsein.

Keiner der Rückenprotektoren deckt den so sensiblen unteren Rücken ab. Schade!

Kurzum

  • Meine Nummer 1: Der sichere ION Arcon HD Pro – robust, schwer, aber mit viel Schutz.
  • Nummer 2: EVOC Torso Protector – flexibel, luftig, bietet ebenfalls viel Schutz.
  • Nummer 3: POC VPD System Torso – sehr komfortabel zu tragen, robust, aber nur mit dem einfachen Schutzlevel.
  • Außenseiter: Ekoi Racing Protect D3O BOA – wäre meine erste Wahl im Enduro-Einsatz: superleicht, luftig genug und günstig. Für Bikepark-Geballer und DH-Missionen ist er mir mit dem einfachen Schutzlevel und der leichten Bauweise aber nicht ausreichend. Dafür sehr günstig.
Tester Laurin Lehner, Größe: 1,78 Meter, 73 Kilo: Ist die meisten Protektoren-Westen in der Größe M gefahren und kam damit sehr gut zurecht.Foto: Max FuchsTester Laurin Lehner, Größe: 1,78 Meter, 73 Kilo: Ist die meisten Protektoren-Westen in der Größe M gefahren und kam damit sehr gut zurecht.

Folgende Artikel könnten dich auch interessieren

Meistgelesen in der Rubrik Ausrüstung