Sandra Schuberth
· 17.09.2023
Die Bikepacking-Taschen von Specialized und Fjällräven wurden im Sommerurlaub auf einer Bikepacking-Tour ausführlich getestet. Es ging mit dem Rad von München nach Mailand, weiter gen Westen ins Aosta-Tal und über den Col du Grand Saint-Bernard und die Schweiz zurück – gut 1200 Kilometer mit 16.000 Höhenmetern. Die ersten Tage waren geprägt von Regen. Perfekt also für unseren Test.
Die Satteltasche bzw. die Satteltaschen-Kombi der Bikepacking-Kollektion von Specialized und Fjällräven (im Folgenden auch S/F genannt) beinhaltet einen Halter (Harness) und einen wasserdichten Packsack (Drypack) – beides ist nur einzeln erhältlich.
Der Halter besteht aus einem Aluminiumrahmen und Textil (Vinylon und Polyamid). Er wird mit Hilfe einer Schraube am Sattelgestell festgeklemmt. Zusätzlich sorgt ein Klettriemen, der um die Sattelstütze gelegt wird, für Stabilität.
Der untere Teil des Aluminiumrahmens ist frei beweglich, um Gegenstände bzw. Packsäcke unterschiedlicher Größe unterzubringen. Kompressionsgurte sichern die Ladung. Schnellverschlussschnallen helfen, die Ausrüstung schnell anzubringen und abzunehmen.
Der passende Rolltop-Packsack mit 10 oder 16 Litern Volumen ist separat erhältlich. Ein Schraubventil, durch das die Luft entweichen kann, hilft dabei, den Inhalt des Packsacks zu komprimieren.
Unsere Tour hatte es in sich. Tagelanger Dauerregen, Spritzwasser und teilweise sehr grober Schotter sorgten für ideale Bedingungen, um die Taschen auf Mark und Nieren zu testen.
Auf den ersten Kilometern fiel auf: falsch gepackt. Der voluminöse Packsack war vollgestopft, zwischen Harness und Reifen war nicht viel Platz und obwohl die Kompressionsgurte festgezurrt waren, berührte das Harness den Reifen. Also nochmal anhalten, etwas umpacken, um den Packsack nach unten hin zu verschlanken. So geht’s. Jetzt können grobe Untergründe kommen!
Leider hält der Drybag Dauerregen bzw. dauerhaftem Spritzwasser nicht stand. Darüber hinaus hat die zweiteilige Konstruktion aus Harness und Drybag gut funktioniert. Das Holster hat die Tasche stabil gehalten. Eine Zeitersparnis im Vergleich zu herkömmlichen Satteltaschen gab es aber nicht, da jedes Mal bis zu sieben Riemen gelöst bzw. festgezurrt und deren Enden verstaut werden müssen. Praktische Gummiriemen, an denen sich etwa die nasse Regenjacke oder eine frisch gewaschene Radhose zum Trocknen außen auf der Tasche befestigen lassen, fehlen.
Solide Kombination aus Harness und Drybag, die jedoch bei Dauerregen nicht dicht hält.
Apropos Dauerregen: Auf unserer großen Bikepacking-Tour durfte eine Regenjacke natürlich nicht fehlen - Bleed Regenjacke im Test >>
Die S/F Handlebar Rolltop* ist eine leichte und wasserdichte Fahrradtasche aus recyceltem 210D-Ripstop-Nylon. Sie bietet 13 Liter Stauraum und kann auch als Schultertasche verwendet werden. Die Tasche ist kompatibel mit dem S/F Handlebar Rack, das separat erhältlich ist.
Das Handlebar Rack ist ein Alu-Gepäckträger, der für den Transport von Paketen, Packtaschen oder einem Zelt auf dem Fahrrad konzipiert ist – oder eben für die hauseigene Handlebar Rolltop-Tasche. Das Rack wird direkt am Lenker befestigt und eignet sich für alle Arten von Fahrrädern, außer vielleicht extreme Downhill-Bikes. Ein verdrehsicheres Spannseil soll das Kippen des Gestells nach vorne verhindern.
Achtung! Das Handlebar-Rack ist nur für die Verwendung mit Alu-Lenkern getestet und zugelassen.
NICHT NACHMACHEN: Es musste schnell gehen, und wir haben das Handlebar Rack an einem Carbon-Lenker montiert – für den Lenkertausch war weder Zeit noch neues Lenkerband vorrätig. Vor der Montage selbst studierten wir die Anleitung akribisch und hielten uns daran.
Die Alu-Konstruktion wird durch ein dünnes Spannseil stabilisiert, das uns an die Ortlieb Handlebar Bag QR erinnerte. Bei Ortlieb wird aber geklemmt, bei Specialized x Fjällräven: geknotet. Erst das Spannseil am einen Ende verknoten, das lose Ende durch ein dafür vorgesehenes Loch fädeln, von oben über den Lenker legen, dann unter dem Vorbau entlang, wieder über den Lenker. Jetzt wird es kompliziert. Es muss erneut ein Knoten in das Spannseil gemacht werden und das Seil auf der zweiten Seite an der entsprechende Stelle eingehängt werden.
Ein einfacher Knoten kann doch nicht so kompliziert sein, oder? Doch. (Tipp: Knoten lernen!) Und vor allem seine Position, wenn ebendieser Knoten die Position des Handlebar Racks bestimmt. Ist der Knoten zu weit außen, kippt das Rack zu weit nach unten. Liegt der Knoten zu nah am Lenker, kommt sich die Tasche bei unserem Setup mit dem Garmin in die Quere. 10 Knoten später haben wir das Rack in der passenden Position am Lenker befestigt. Ob das hält?
Nach einigen Kilometern muss die Fronttasche umgepackt werden. Auf holprigen Gravel-Wegen berührt der vordere Teil der Tasche immer wieder den Reifen. Bei größeren Fahrrädern mit höheren Steuerrohren sollte dies weniger ein Problem sein.
Am fünften Tag der Tour schließlich passiert es: Der zweite Knoten, der, für den wir 10 Versuche gebraucht hatten, rutscht aus seiner Nut. Er ist zu dünn. Jetzt kippt das Rack nach vorn und die Tasche schleift auf dem Reifen. Unsere schnelle Lösung: Einen Riemen um Tasche und Vorbau, der alles stabilisiert. Abends in der Unterkunft gehen wir das Ganze nochmal an. Denn der Riemen war auch keine Dauerlösung. Es wird kurzerhand ein zweiter Knoten über den ersten gesetzt. Toi, toi, toi, hoffentlich hält es dieses Mal. Und es hält – egal wie holperig die Abfahrten sind.
Die Rolltop-Tasche lässt sich in wenigen Handgriffen am Handlebar Rack befestigen. Dazu werden zwei Schlaufen oben um die Ecken des Gepäckträgers gelegt. Zwei Schnallen sichern die Tasche auf der Plattform. Die Konstruktion hält einwandfrei. Verschlossen wird die Tasche mit zwei seitlichen Schnallen und zwei Kompressionsriemen. So sitzt der Tascheninhalt fest und nahezu wackelfrei.
Nachteil: Es müssen vier Schnallen geöffnet – und wieder geschlossen – werden, wenn man etwas aus der Tasche braucht. Wer also wiederholt an den Inhalt der Tasche muss, könnte genervt reagieren. Bei mir ist das bereits am ersten Tag der Fall.
Meine Regenjacke ist vorn in der Tasche verstaut. Doch Regen und Sonne wechseln sich an diesem Tag im Minutentakt ab – was für ein Hin und Her! Der ständige Wechsel zwischen Regenjacke und Trikot macht mich fertig. Am nächsten Tag kommt die Regenkleidung in die Rahmentasche. Gut, dass hier noch viel Platz ist.
Doppelt hält besser, das gilt insbesondere für Knoten im Spannseil des Handlebar Racks. Wenn man etwas aus der Tasche braucht, muss man vier Schnallen öffnen – und wieder schließen. Dafür hat man einen guten Überblick, was sich alles in der Tasche befindet.
Leider hat die Tasche dem Dauerregen der ersten Tage nicht standgehalten. Wie beim vermeintlichen Drybag oben gilt: Wichtiges Gepäck, das nicht nass werden darf (wie Wechselkleidung), sollte zusätzlich geschützt werden. Aber: Die Konstruktion aus Front-Rack und Tasche verleiht dem Setup einen lässigen Randonneur-Look und lädt zu entspannten Touren mit ausgiebigen Pausen ein.
Ein Ventil, um beim Verschließen der Tasche Luft abzulassen, wäre wünschenswert. Wer ein Licht am Lenker montieren möchte, sollte dies höher legen, damit es über die Tasche leuchten kann. Das Navi muss entweder über den Vorbau oder etwas schräger nach oben justiert werden, um sich nicht mit der Tasche in die Quere zu kommen. Bei größeren Fahrrädern kann die Lichtmontage ggf. auch unter dem Frontrack erfolgen.
Sitzt der Knoten des Stabilisierungsseils erst einmal an der richtigen Stelle und ist dick genug, hält das Front Rack sicher und stabil. In der Tasche findet man schnell, was man sucht. Praktisch für entspannte Touren.
Die Oberrohrtasche lässt sich dank eines Zwei-Wege-Reißverschlusses von vorn und von hinten öffnen. Die Tasche ist relativ fest und der Boden verstärkt. Sie wird mit Klettverschlüssen oder Schrauben am Oberrohr befestigt. Die Tasche ist aus strapazierfähigem Vinylon mit einem Futter aus recyceltem Nylon und schaumstoffgepolsterten Seiten gefertigt. Im Innern der Tasche sind Meshtaschen, in denen sich kleinere Gegenstände verstauen lassen. Die Nähte sind nicht versiegelt, aber das Futtermaterial ist wasserdicht.
Die Oberrohrtasche haben wir schon etwas länger im Test. Sie ist mit einer Länge von 26 Zentimetern länger als viele andere Oberrohrtaschen. Ideal zum Beispiel für einen Selfie-Stick für eine Insta360. Dazu ist die Tasche relativ schmal, das ist besonders für Leute vorteilhaft, die dazu neigen, mit der Innenseite der Oberschenkel bzw. Knie an die Tasche zu stoßen.
Trotz Dauerregens blieb es im Innern der der Tasche trocken. Sehr gut! Auch die Mesh-Taschen für Kleinkram sind praktisch, etwa, um einen Schlüssel zu deponieren.
Gute Tasche, in die auch längere Gegenstände passen.
Auch die Rahmentasche ist mit einem Zwei-Wege-Reißverschluss ausgestattet, der dank großer Öffnung für einfachen Zugriff auf Fahrradutensilien sorgt. Mit sieben Klettriemen wird die Tasche am Rahmen befestigt. Die Tasche besteht aus strapazierfähigem Vinylon, mit recyceltem Nylon-Futter und schaumstoffgepolsterten Seiten. Im Innern der Tasche befinden sich Mesh-Taschen für kleinere Gegenstände. Zwar sind die Nähte der Tasche nicht versiegelt, aber das Futter ist wasserdicht.
Die Rahmentasche war nicht mit auf Bikepacking-Tour, dafür durfte sie sich beim Dreifels-Gravel-Camp beweisen. Zum Testen steht uns eine Tasche in Größe M zur Verfügung. Die hat geradeso in das Testrad gepasst, Glück gehabt.
Mit insgesamt sieben Klettriemen wird die Rahmentasche im Rahmendreieck befestigt. Es können aber auch zwei Riemen weggelassen werden. Die erste Hürde: Die Klettriemen durch die Laschen an der Tasche fädeln. Die Riemen sind auf einer Seite vollständig mit Haken ausgestattet, auf der anderen Seite mit dem flauschigen Gegenpart. Die Haken, also die klettende Seite, rutscht besser durch die Lasche, wenn sie zur Tasche zeigt. Aber dann liegt die klettende Seite außen.
Liegt die kratzige Seite außen, berührt sie ganz sicher immer wieder die Radhose und kann diese beschädigen. Andersherum lassen sich die Klettbänder schwer einfädeln, aber die Haken sind zu den Rohren gerichtet. Ob das auf Dauer den Rahmen zerkratzt? Sicher nicht, wenn er vorher ordentlich abgeklebt wurde (Empfehlung). Als Fädelhilfe haben wir einen Schlüssel genutzt: Klettriemen vorn rumlegen, Schlüssel mitsamt Klettband durch die Lasche schieben, Schlüssel ohne Klettband rausziehen, fertig.
Die Rahmentasche ist asymmetrisch gearbeitet. Auf der Seite mit dem Reißverschluss (links) ist sie etwas breiter. Wer mit der Innenseite der Knie öfter an Rahmentaschen stößt, wird die Tasche auf der linken Seite also vermutlich ebenfalls berühren
Im Verhältnis ist die Rahmentasche von Specialized und Fjällräven angenehm am Knie. Überzeugt hat das stabile Material, welches dafür sorgt, dass die Tasche ihre Form behält. Auch der lange Reißverschluss ist Gold wert, um leicht an alles in der Tasche heranzukommen. Die Mesh-Taschen im Innern sorgen für zusätzliche Ordnung.
Die Tasche gibt es in verschiedenen Größen, sodass sie in viele verschiedene Rahmengrößen passt. Sie ist formstabil und auch der große Reißverschluss überzeugt.
Vorteil: große Reißverschlussöffnung für guten Überblick, stabiles Material
Nachteil: Asymmetrisch in der Breite; wer mit der Innenseite der Knie öfter an Rahmentaschen stößt, wird die Tasche auf der linken Seite ebenfalls berühren
Die Bikepacking-Taschen von Specialized und Fjällräven sehen lässig aus und sitzen stabil am Rad. Wer mehr auf gemütliche Bikepacking-Touren bei schönem Wetter als auf Kilometerfressen aus ist, trifft hier eine gute Wahl. Die Bikepacking-Taschen heben sich optisch von denen anderer Hersteller ab und besonders Rahmentasche und Oberrohrtasche haben überzeugt. Auf dem Front-Gepäckträger mit Lenkertasche lässt sich zum Beispiel alles für eine ausgiebige Kaffeepause oder Brotzeit verstauen - und noch mehr. Wer jedoch wirklich wasserdichte Taschen sucht, ist hier an der falschen Adresse.
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