Marc Strucken
· 28.01.2024
Es gibt diverse Gründe, das eigene Equipment nicht allzu sehr ausufern zu lassen. Angefangen bei den Kosten (gute Ausstattung lohnt sich - ist aber auch teurer), über den Platzverbrauch zuhause bis hin zum Umweltschutzgedanken. Unsere Idee für den folgenden Test von 4 Stirnlampen war, dass man eine Lampe - insofern sie dafür vorgesehen ist - für mehrere Sportarten oder Einsatzzwecke gebrauchen sollte. Viele von uns fahren nicht nur ihr MTB, sondern gehen vielleicht auch joggen, wandern gern oder benötigen bei anderen Aktivitäten ausreichend Licht.
Vorweg sei gesagt: Alle Stirnlampen im Test sind vom Hersteller nicht primär als Fahrradbeleuchtung vorgesehen und haben demnach auch keine Straßenverkehrszulassung (also NICHT StVO-konform). Sie sollten daher nur auf Trails, Waldwegen etc. genutzt werden. Für den Straßenverkehr empfehlen wir andere Fahrradlampen.
Für den Test haben wir eine Strecke von 30 Meter abgesteckt. Der obere Rand der Lichtkegels soll in der stärksten Leuchtstufe die letzten Pylonen beleuchten. Entsprechend können wir einen Vergleich unter den einzelnen Leuchtstufen ziehen - aber auch für die getesteten Lampen untereinander.
Alle vier Stirnlampen sind sehr unterschiedlich, sie werden von den Herstellern ebenso wahlweise als Trailrunning-Lampe, Bergsport-Lampe oder Allround-High-End-Lampe verkauft. Allen gemeinsam ist aber, dass sie sich auch fürs Radfahren einsetzen lassen: entweder mit einer speziellen Lenkerhalterung und/oder Helmhalterung. Ein Ausnahme bei der Leuchtkraft bildet die Ledlenser HF4R Core - sie ist im Testfeld die “Notausrüstung”, zum Beispiel, wenn es bei der Heimkehr doch später wird und man eine kleine leichte Lampe dabeihaben möchte.
Das Fazit in diesem Artikel ist also auch keine Rangliste, sondern viel mehr ein Übersicht, was bekannte Hersteller in diesem Bereich zu bieten haben, was die Vor- und Nachteile der Stirnlampen sind und wie gut sie sich jeweils für den Einsatz als Multisport-Lampen eignen.
Wenn es um Lampen geht, gibt es neben Watt, was bei klassischen Glühbirnen üblich war, die Angaben in Lux und Lumen. Der Unterschied zwischen Lumen und Lux ist der, dass Lux die Fläche berücksichtigt, über die sich der Lichtstrom (angegeben in Lumen) verteilt. Wenn also ein Lichtstrom von 1000 Lumen auf eine Fläche von einem Quadratmeter trifft, beträgt die Beleuchtungsstärke 1000 Lux.
Zum Beispiel: Eine Lichtquelle mit 500 Lumen erhellt einen Quadratmeter mit 500 Lux. Wenn dieselbe Lichtquelle eine Fläche von 10 Quadratmetern beleuchten soll, beträgt die Beleuchtungsstärke nur noch 50 Lux.
Lumen kann als eine Sende-Größe betrachtet werden - Lux ist eine Empfangs-Größe. In unserem Test sprechen von den Lumen-Werten der Lampen, also der gesendete Lichtstrom der LEDs.
Die ersten Testrunden habe ich mit der Silva Free 2000 M gedreht - laufend. Sie ist nicht leicht, aber trägt sich durch die breiten Riemen sehr fest und ausgewogen auf dem Kopf; auch mit Mütze. Um gesehen zu werden beim Laufen, hat die Stirnlampe an der Akkuhalterung hinten zwei rote LED. Und hey, sie ist Gewinnerin des ISPO Award 2023.
Das Frontlicht war dann beim Laufen und genauso beim Biken eine echte Überraschung. Der Lampenkopf ist mit knapp 5 x 4 x 4 cm vergleichsweise klein, auch wenn darin 2 LEDs stecken. Aber der Lichtkegel scheint aus einer viel größeren Lampe zu kommen. 2000 Lumen maximal bietet die Silva, die laut Hersteller nach 1,5 Stunden verglühen. Aber selbst die nächstniedrigere Stufe ist noch hell genug, um im komplett dunklen Wald gut voranzukommen. Wenn es bergab schneller wird, switche ich lieber zur höchsten Stufe. Ist der Akku leer, muss er für 6 Stunden ans Kabel - recht lang für spontane Ausflüge.
Der Akku der Silva Free 2000 M hat wuchtige 36 Wattstunden (Wh) - knapp die dickste Batterie im Test - mit einem USB-C-Anschluss und eine 5-stufigen Ladestandsanzeiger. Das ganze System ist IPX5-zertifiziert, d. h. wasserdicht, also geschützt vor Strahlwasser aus beliebigem Winkel sowie staubdicht. Praktisch sind die in Kunststoffgewebe gekleideten Kabel (ein bisschen wie Schnürsenkel), die sich in einer Schleife gut auf Länge schieben lassen. So passt das 1,30 m lange Kabel für den Einsatz am Bike entweder, um den Akku im Rucksack oder einer Rahmentasche zu verstauen oder ihn (wie im Bild) mit der Schlaufe an den Rahmen zu binden - hier reicht dann sogar die kurze Leitung.
Die Ledlenser H19R Signature ist im Portfolio der Solinger das Ende Fahnenstange - das ganz, ganz obere. Vom Hersteller als “Königin des Lichts” bezeichnet, war meine Erwartung schon sehr hoch. Dann kam ein ganzes Köfferchen voll zum Testen. Die Stirnlampe ist für den professionellen Einsatz (Kanalarbeiten, Höhlenforschung etc.) genauso geeignet wie für den sportlichen Einsatz. Daher sind im etwa 25 x 17 x 10 cm Täschlein allerlei (aufklebbare) Halterungen, Kabel, Netzteil, Spangen und natürlich die Stirnlampe samt Akku. Mit 374 Gramm, recht starren Kabeln und einem robusten Stirnband habe ich damit nur eine sehr kurze Laufrunde gedreht. Das ist leider nicht ganz das Zielgebiet der Ledlenser-Queen.
In puncto Licht haut der größte Lampenkopf im Test (7 x 5 x 4 cm) auch alles raus, was die zwei LEDs hergeben. 4000 Lumen - also rein technisch doppelt so viel wie die Silva (2000 lm) - da brennt die Heide. Die Leuchtpower lässt sich in 4 Schritten entfesseln: 4000 – 1800 – 800 – 200 Lumen. Da gibt Ledlenser auch keinen Wert für die Brenndauer für die hellste Stufe an. Mit den 1800 lm sollen 3,5 h Erhellung drin sein. Die schwächste Stufe leuchtet dann 20 Stunden. Schon hier der Vergleich zur Silva Free: Ähnlich großer Akku (Ledlenser 35,52 Wh), hellste Stufe überstrahlt alles, dunkelste leuchtet “nur” 20 h (statt 35 h) ist dafür aber deutlich heller und auch fürs Biken nutzbar. Die Ladezeit des Akku beträgt laut Hersteller 5,5 h - also nur 30 min weniger.
Die Königin Ledlenser H19R wäre nicht komplett, wenn sie nicht nur hell ist, sondern auch zig Einstellmöglichkeiten hätte. Über die 3 Schalter am Lampenkopf kann die Stärke stufenlos für beide LEDs getrennt geregelt werden. Die eine beleuchtet fokussiert einen Spot, die andere sorgt für gleichmäßige Ausleuchtung im gesamten Umfeld. Ein ziemliche Wucht. Ich habe daher in den Bildern nur die jeweils hellste Stufe gezeigt. Dazu kommt noch die sogenannte “Optisense Technology”: eine optionale automatische Anpassung der Helligkeit. Das spart Akku, verwirrt mich aber auf dem Trail, denn etwa ein reflektierendes Schild löst eine Verdunkelung aus, die dann vielleicht gerade zum unpassenden Moment passiert. Ähnliches bietet auch die Petzl Nao RL.
Neben den beeindruckend hellen LEDs hat die H19R Signature noch ein paar schöne Features an Bord. Zunächst einmal hält sie ziemlich alles an Natur aus: IP68-zertifiziert ist sie geschützt vor andauerndem Untertauchen, und Staub sowieso. Die drei Tasten an der Lampe können mittels App programmiert werden, etwa um beim Doppelklick auf die mittlere das SOS-Signal laufen zu lassen. Oder bestimmte Leuchtstärken für beide LED getrennt. Oder das ebenfalls sehr helle Rotlicht in der Mitte anzuschalten. Oder... du verstehst. Um aber während der Fahrt nicht am Handy rummachen zu müssen oder vorne an der Lampe, gibt es auch noch ein Bluetooth-Armband, auf dem die drei Schalter ferngesteuert werden können. Königinnenlich! Dass Ledlenser seine Lampen zudem mit einem magnetischen Ladeport austattet, schränkt zwar ein, die Stirnlampe einfach an ein Handykabel zu hängen. Dafür brechen keine USB-Kabel ab oder verstopfen die Ports mit Dreck. Alle diese Zusatzfeatures kosten dann 339 Euro (>> z.B. bei Bergzeit erhältlich). 40 Euro und so viel mehr als die Silva bietet.
Zum Laufen ist die Petzl Nao RL perfekt geeignet. Abgesehen vom Leuchtbild - dazu gleich mehr - trägt sich die leichte (145 g) Lampe durch die von Petzl bekannten dünnen Gummibänder sehr passgenau am Kopf ohne zu Drücken. Der Akku und die Lampe bilden ein gutes Gleichgewicht vorne und hinten. Zumal der Akku quer liegt in der Halterung und so das Gewicht in der Auf-Ab-Bewegung weniger spürbar ist. Auch die Petzl Stirnlampe hat - wie die Silva Free - rote Rückleuchten, die getrennt angeschaltet werden können.
Bei der Fahrradnutzung unterscheidet sich die Petzl Nao RL von den vorherigen Lampen. Sie wird am Helm montiert. Das ist Geschmackssache und leider nicht für jeden Helm geeignet: tendenziell eignen sich wuchtige MTB-Helme mit vielen Längsrillen eher als aerodynamische Helme. Bei meinem Giro Helios Spherical ließ sich die Nao aber recht einfach anflanschen. Die Halterung, “HELMET ADAPT” bei Petzl genannt, ist nicht im Lieferumfang der Stirnlampe enthalten und kostet 10 Euro oder meist weniger im Handel.
Was die Leuchtleistung der Petzl Nao RL angeht, muss auch hier zwischen einer automatischen Anpassung und der manuell geschalteten unterschieden werden. Auch hier gilt, dass das “REACTIVE LIGHTING” sehr sensibel auf Gegenlicht reagiert und abdunkelt. Das ist aber - neben Schildern wie bei der Ledlenser H19R - auch dann der Fall, wenn die Atemluft zu Dampf kondensiert und das Licht dort bricht. Die Nao schaltet dann bei jedem Ausatmen dunkler, dann wieder heller - kein Zustand.
Die Vollgas-Stufe ohne Automatik bietet 1500 Lumen aus einer großen LED und 9 kleineren - ein echtes Feuerwerk am Helm, das einen fokussierten Strahl mit einer Rundherum-Ausleuchtung verbindet. So kann man 2 Stunden fahren oder laufen, dann macht der 11,84-Wh-Akku schlapp und braucht seine 3,5 h Ladezeit. Die zweite Stufe ist beim Biken allerdings schon grenzwertig dunkel und funktioniert bei langsamer Fahrt, etwa bergauf. Die dritte Beleuchtungsstufe hält dann zwar nach Herstellerangaben 80 h (höchster Wert im Test!), taugt aber bestenfalls zum Gassigehen oder gemütlichen Wandern. Ein optionaler Ersatzakku (R1 genannt) ist erhältlich für ca. 60 Euro. Mein Preis-Leistungs-Tipp daher: Die Petzl Nao RL plus zweiten Akku kaufen. Die Stirnlampe kostet 160 Euro + 60 Euro = 220 Euro. Beim Gewicht sind wir bei 145 g + 75 g = 220 g. Das heißt: Leichter, preiswerter und fast genauso hell wie die Silva Free 2000 M und 4 h einsatzbereit bei 1500 lm.
Viel Zubehör bringt die Petzl Stirnlampe nicht mit. Einen weißen Transportbeutel, den man auch über die Nao RL stülpen kann, um etwa im Zelt diffuses Licht zu bekommen (Laternenmodus quasi). Das Gerät ist zudem IPX4-zertifiziert, also geschützt vor allseitigem Spritzwasser und staubdicht. Praktisch ist der USB-C-Anschluss, der an jedes moderne Handyladegerät passt.
Die Ledlenser HF4R Core läuft in diesem Test auch in ihrer eigenen Liga, da sie eine deutlich geringere Lichtleistung hat - sie ist quasi die Notlösung. Aber eine sehr gute, wie sich zeigte. Beim Laufen ist die HF4 Core, die Ledlenser neu im Programm hat, sehr gut aufgehoben. Leider hat sie aber keine rückwärtigen Leuchten. Für die abendliche Laufrunde genügen die 2 LEDs, für einen ambitionierten Trailrun aber schon nicht mehr. Und das auch nur in der hellsten Stufe. Aber: Diese Lampe leistet vor allem das, was sie soll. Sie ist klein, extrem leicht (72 g), sehr robust (IP68) und in 3 h aufgeladen. Die perfekte Fahrradbeleuchtung, um sie einfach in den Rucksack zu stecken, falls es doch dunkel wird auf der Rückfahrt.
Die Ledlenser HF4 Core lässt sich mit denselben Halterungen montieren wie die H19R, sie hat aber nur den erforderlichen Teil für den Lampenkopf dabei - die Lenkerhalterung (Universal Mounting Bracket Type E) muss zusätzlich für 12,90 Euro gekauft werden. Dann leistet die kleiner Lampe aber in der hellsten Stufe mit 500 lm ein recht gutes Leuchtbild und nimmt kaum Platz ein. Auch hier nennt Ledlenser keine Brenndauer. Sie dürfte aber bestenfalls bei einer oder anderthalb Stunden liegen. Die 300 lm in Stufe 2 reichen noch für langsame Fahrten in kompletter Dunkelheit, danach wird es zu dunkel mit der HF4 Core. Einziger Makel ist der Schalter, der sich schon mit bloßen Händen nicht immer richtig drücken lässt. Mit Handschuhen wird es dann richtig fummelig.
Wie die große Schwester hat auch die Ledlenser HF4 Core das “Magnetic Charge System”, also den einfach zu reinigenden magnetischen Stecker. Auch eine Akku- und Ladestandanzeige hat das kleine Lichtlein. Und für 39,90 Euro (UVP) eine sehr gute Versicherung für die späte Rückkehr, die sich sehr leicht ans Rad montieren lässt. Die Ledlenser HF4 Core ist z.B. bei Bergzeit erhältlich.
80 bis 2000 Lumen // 36 Wh Akku // 6 h Ladezeit // 1,5 bis 35 h Brenndauer // 326 g // 300 Euro
200 bis 4000 Lumen // 35,52 Wh Akku // 5,5 h Ladezeit // < 3,5 bis 20 h Brenndauer // 374 g // 339 Euro
10 - 1500 Lumen // 11,84 Wh Akku // 3,5 h Ladezeit // 2 bis 80 h Brenndauer // 145 g // 159,95 Euro
20 - 500 Lumen // 3,7 Wh Akku // < 2,5 bis 35 h Brenndauer // 72 g // 39,90 Euro