Die Hoffnung stirbt zuerst. Bis vor einer Sekunde sah alles um mich herum nach einem gemütlichen Tag im Puls-Parterre aus. Omas mit Gesundheits-Mokassins durchtippelten die Vormittagsstille auf der Suche nach der nächsten Cafeteria. Ansonsten nichts als spaßlos angelegte Rasenkanten und ein sogenanntes Tagungs- und Besucherzentrum, dessen Bistro mit “Leichtem und Herzhaftem” an das Hungergefühl appelliert. Es ist das Konzept von Kurorten, Aufregung und Hektik zu vermeiden. Darum geht es. Keine Ahnung, warum Patrick ausgerechnet die Reha-Klinik des ohnehin schon untertourigen Kleinststädtchens Orscholz als Treffpunkt vorgeschlagen hat. Nirgendwo ein Hinweis auf brodelndes Leben, auf Pulsspitzen, auf Mountainbike-Action. Eine Wasserflasche habe ich mir erst gar nicht ans Rad gesteckt.
“Moin!”, ruft es aus Richtung des Besucherzentrums. Der Blick in die Rufrichtung lässt die Hoffnung auf entspannte Kilometer umgehend zerbröseln. Die Truppe, die in präziser Zwei-Zwei-Formation auf mich zurollt, fügt sich in keinster Weise ins Gesamtbild des Ortes. Ganz im Gegenteil. Die Fahrer wirken ausnahmslos leistungsbereit. Sie tragen uniform bedruckte Minimalbekleidung. Die Tretbewegungen sind rund, die Mountainbikes hart und flach. Patrick Müller (29) reicht mir als erster die Hand. “Monz Zweiradshop – immer für Sie da”, steht auf dem Trikot.

Im Schatten des Outlet-Tourismus’: Die MTB-Trails im Saarland sind zahlreich, aber nur Eingeweihten bekannt.
“So, so, Du glaubst also, im Saarland kann man nicht biken?”, fragt er noch einmal nach dem Grund meiner Anwesenheit, unterlegt vom eingeschworenen Lachen der anderen. Ich nicke. Das Ergebnis der alljährlichen BIKE-Leserbefragung war schließlich eindeutig. Null Prozent Reiseabsicht für das Saarland. So wenig Interesse wird ansonsten nur noch Berlin und Hamburg entgegengebracht. Das wirft Fragen auf. Kann es Mountainbike-Reviere geben, die so mies sind wie ihr Ruf? Kann ein Gebiet so erwartungsleer sein, dass Massen von Bikern Jahr für Jahr durch die Alpen hecheln, auf der Suche nach dem Heidi-Gefühl und wenigstens irgendwo ein bisschen Einsamkeit?
Dabei müsste das Saarland in der Lesergunst ganz oben rangieren. Kaum ein Bundesland produziert glanzvollere Mountainbike-Events. Das Worldcup-Rennen in St. Wendel zieht Zehntausende an, der Marathon im selben Ort zählt zu den ältesten und teilnehmerstärksten in Europa. Dieses Jahr wird die Marathon-WM ausgetragen. Ein paar Kilometer südlich, in St. Ingbert, hat sich mit den “Soulridern” einer der feinsten Downhill-Vereine des Landes formiert. Die Rahmenbedingungen im Saarland sind perfekt. Das Bundesland besteht zu einem Drittel aus Wald. Die Berge sind durchzogen von preisgekrönten Wanderwegen. An Aussichtspunkten stehen “Sinnesbänke”, die aussehen wie Sofaliegen von Rolf Benz. Es gibt keine Zwei-Meter-Regel. Das Wahrzeichen der Region, die Saarschleife, ist eine spektakuläre Laune der Natur. Warum nur will da niemand hin?
Alles über den MTB-Revier-Check Saarland finden Sie unten als PDF-Download.
Infos zum Mountainbiken im Saarland
Das Herz der Abfahrtsszene schlägt bei den Soulridern in St. Ingbert. www.soulrider.com . Auf gemütliches Rasen entlang der Saarschleife hat sich das gleichnamige Team spezialisiert. Es ist auch Ausrichter eines feinen Marathons, www.team-saarschleife.de . Die Bike-Hauptstadt Deutschlands heißt St. Wendel: Worldcup, Marathon, WM und vieles mehr. Infos, www.st-wendel.de . Marathon in St. Ingbert: www.rsc-mtb.de .
Die MTB-Locals im Saarland:

Tobias Klein, Schüler: „Ich finde es hier einfach nur geil. Der perfekte Mix aus Trails und Panorama.“

Dennis Krewer, Schüler: „Die Saarschleife ist ein Cross-Country-Paradies – und technisch super anspruchsvoll.“