Obwohl man als Kunde jedes kleine Detail bestimmen kann, ist der Kauf eines Custom-Bikes immer auch eine Lotterie. Warum? Eben weil man jedes Detail bestimmen kann. Eine Proberunde wie mit einem Serienrad? Nicht möglich. Wie gut das Bike wirklich ist, merkt man erst bei der Jungfernfahrt. Was man dann ebenfalls merkt: Die Sattelklemmung, der man beim Konzipieren des Schmuckstücks so viel Aufmerksamkeit gewidmet hatte, beeinflusst das Fahrgefühl nicht halb so viel wie die Geometrie. Die meisten Schmieden nehmen sich deshalb viel Zeit, um zusammen mit dem Kunden die perfekten Maße und Winkel für das Traum-Bike zu erarbeiten. Wichtig: Für MTB-Geometrien gibt es keine pauschale Formel. Als Basis sollte ein Bike dienen, auf dem man sich grundsätzlich wohlfühlt. Diese Geometrie wird dann den persönlichen Vorlieben angepasst. Längeres Oberrohr? Steilerer Lenkwinkel? Was auch immer. Probieren Sie immer erst mal so viele Bikes wie möglich aus. Ist die grobe Geometrie gefunden, wird diese mit Hilfe eines Fitting-Prozesses verfeinert. Achtung: Von Experimenten raten wir ab. Den Rahmen im Zweifel lieber mit Standardmaßen bauen lassen – mit Blick auf schöne, individuelle Details.
Schritt 1: Fahren Sie verschiedene Serienmodelle und Rahmenhöhen, um ein Gefühl für Geometrien zu bekommen.
Schritt 2: Eine Vermessung bei einem professionellen Bikefitter kann helfen, eventuelle Dysbalancen oder Problemzonen (Knie, Schulter) zu erkennen. Diese sollte der Rahmenbauer kennen, um die optimale Geometrie zu finden.
Schritt 3: Nehmen Sie sich Zeit für die Planung des Rahmens. Tauschen Sie sich mit dem Rahmenbauer intensiv aus. Was wollen Sie mit dem Bike anstellen? Auf welche Eigenschaften legen Sie Wert?
Schritt 4: Manche Rahmenbauer haben verstellbare Ergometer, mit denen sich die Custom-Geometrie testen lässt. Auf dem Velo-Checker von Patria zum Beispiel (Foto oben) lässt sich diese unter Belastung ausprobieren.
DIE KOSTEN
HARDTAIL ab 1200 Euro
Die Kosten für einen maßgeschneiderten Rahmen hängen von diversen Faktoren ab: Material, Herstellungsaufwand, Lackierung. Im Falle einer ausländischen Schmiede können auch noch Versand und Zollkosten dazukommen. Ein Hardtail-Rahmen aus Stahl ohne viel Schnickschnack und mit einfacher Lackierung ist schon ab zirka 1200 Euro zu haben. Doch schon Sonderwünsche bei Farbe und Design können den Preis um mehrere hundert Euro nach oben treiben. Ordert man einen Titan-Rahmen der US-Kultschmiede Firefly, werden um die 4000 Euro fällig – plus noch mal 19 Prozent der Summe als Einfuhrzoll.
FULLY ab 2500 Euro
Ein Fully-Rahmen ist ungleich aufwändiger als ein Hardtail-Rahmen. Klar, dass die Kosten entsprechend höher liegen. Der Preis hängt von vielen Details ab. Stahl oder Alu? Eingelenker oder Mehrgelenker? Titan und Carbon spielen in diesem Segment so gut wie keine Rolle. Der Aufwand ist zu hoch. Für einen Carbon-Rahmen müsste eine teure Form gefertigt werden. Ein Fully aus Titan bietet nur Schweißerlegende Wiesmann an – ab 10500 Euro. Einen Custom-Rahmen aus Stahl gibt es bei Unique Cycles ab 2000 Euro (ohne Dämpfer). Die Alu-Schmiede Nicolai berechnet pauschal 730 Euro Aufschlag für Maßanfertigungen.
PRO & CONTRA

Peter Neusser PRO: Dominik Scherer, Soul-Biker: „Biken ist für mich etwas Organisches, Lebendiges. Und das ist auch der Prozess bei der Entstehung eines Custom-Bikes. Schon das Erstgespräch mit dem Rahmenbauer. Da kommen verschiedene Ansichten zusammen, aus denen dann etwas geformt wird. Und dann die Gerüche und Geräusche in der Werkstatt. Die Hitze beim Löten. Die staubigen Hände beim Schleifen. All das sprüht vor Leben. Ein Carbon-Rahmen dagegen wirkt regelrecht tot. Der entsteht am Computer, ist auf absolute Effizienz getrimmt und wird unter fast sterilen Bedingungen zusammengefügt. Da fehlt mir der emotionale Bezug.“

Privatfoto CONTRA: Lukas Koller, Racer: „Biken ist teuer, und als junger Mensch hat man wenig Geld. Begonnen habe ich deshalb mit Gebraucht-Bikes. Inzwischen kaufe ich neue, aber von der Stange. Für mich als Student bieten Kompletträder, vor allem von Versendern, ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis. Teure Edelteile müssen es nicht sein, und ich hätte auch keine Lust, sie erst zeitaufwändig zusammenzusuchen. Bei Serien-Bikes hat man die Garantie, dass alle Parts aufeinander abgestimmt sind und alles passt.“