Vorurteil 1: Mountainbiker machen die Wege kaputt.
Die letzte große Studie zu diesem Thema hat Dr. Stefan Siebert von der Sporthochschule Köln durchgeführt. Das Ergebnis: Es stimmt leider – zumindest in gewisser Weise. Rollt man einfach durch den Wald, sind Mountainbike-Reifen nicht schädlicher als die Profilsohlen von Wanderschuhen. Doch sobald es stärker bergab geht, kippt auch das Verhältnis zu Ungunsten der Biker. Aggressive Fahrtechnik, Shortcuts, das Umfahren von Pfützen, aber auch ein blockierendes Hinterrad beim Bremsmanöver – gewollt oder nicht – hinterlassen Spuren im Weg. Und die wiederum können Nährboden für weitere Erosionsschäden sein. Fakt ist aber auch: Laut einer Studie des Alpenvereins verbreitern sich die Wege auch durch den Einsatz von Wanderstöcken um durchschnittlich 20 Zentimeter.
Was man selbst tun kann: Kurven ausfahren – so, wie sie angelegt sind. Keine Abkürzungen nehmen, auch wenn bereits sichtbar vorhanden. Wald-Trails nach Regenzeiten meiden und warten, bis der Boden wieder trocken ist. Einen Fahrtechnikkurs buchen, um eine schonende Kurventechnik zu lernen und/oder absteigen und die schwierige Passage kurz schieben. Wo möglich, an Wegepflegeaktionen teilnehmen!
Vorurteil 2: Mountainbiker erschrecken das Wild.
Eine Untersuchung im amerikanischen Utah hat ergeben, dass Wildtiere Mountainbiker ab einer Entfernung von 380 Metern wahrnehmen und daraufhin zwei Minuten lang Fluchtverhalten zeigen. Den langsameren Wanderer aber entdecken Tiere erst bei einer Entfernung von 190 Metern, was im Schnitt eine Fluchtzeit von zwölf Minuten zur Folge hat. Ob sich diese Studie auch auf die deutlich stärker frequentierten europäischen Wälder übertragen lässt, ist schwer zu sagen. Tatsache ist: In der Nähe von Siedlungsgebieten wird das Wild bei uns erst in der Dämmerung aktiv, weil es sich den Aktivitäten der Menschen angepasst hat. Ebenso hat es sich an Menschen auf bestehenden Wegen gewöhnt.
Was man selbst tun kann: Nightrides ab/bis Dämmerung und Trail-Fahrten im Winter in sensiblen Bereichen meiden. So kommt es gar nicht erst zur Diskussion mit dem Jäger. Aber vor allem gibt es ein gutes Gefühl, den Tieren ihre Ruhe zu gönnen.
Vorurteil 3: Bei Unfällen haftet der Waldbesitzer.
Diese Behauptung ist pauschal nicht richtig. In Deutschland gilt freies Waldbetretungsrecht zu Erholungszwecken, und zwar grundsätzlich auf eigene Gefahr. Wer also beispielsweise über einen quer über dem Weg liegenden Baumstamm oder eine Wurzel springt und dabei stürzt, kann den Waldbesitzer – egal ob Staat oder Privatperson – nicht belangen. Ausnahme: Wenn es sich um eine walduntypische Gefahr handelt, mit der ein Waldbesucher nicht rechnen kann. Etwa ein unmarkierter Weidedraht. Aber auch von Dritten illegal in den Wald gezimmerte Holzkonstruktionen. Duldet ein Waldbesitzer solche Bauten oder gestattet sie sogar, dann muss er dafür sorgen, dass diese ausreichend verkehrssicher sind. Zumindest theoretisch könnte er bei einem Unfall sonst haftungsrechtlich belangt werden. Tatsächlich ist aber noch kein Fall bekannt, bei dem so entschieden wurde.
Was man selbst tun kann: Die DIMB hat eine To-do-Liste auf ihrer Homepage, wie man sich einen legalen Trail erarbeitet und steht bei Rückfragen unterstützend zur Seite. Infos: www.dimb.de
Verkehrssicherungspflicht für Waldbesitzer: www.waldsportbewegt.de (AID, Punkt 2.2)
Vorurteil 4: Mountainbiker fahren querfeldein.
An diesem Satz erkennt man den unkundigen Kritiker. Denn kein Mountainbiker hat Spaß daran, quer durchs Gebüsch zu preschen. Mit „querfeldein“ sind allerdings meist die eigenmächtig angelegten Trails gemeint. Selbst Biker, die solche wild angelegten Pfade nur nachfahren, könnten, je nach Landesgesetzgebung, mit einem Bußgeld belangt werden. Meistens belässt es der zuständige Förster allerdings dabei, dass er die Eingänge dieser Trails mit Holzschnitt verbarrikadiert. Fakt: Wird eine Wegspur 50 Mal benutzt, braucht die Natur 19 Monate, um sich in den ursprünglichen Zustand zurückzukämpfen.
Was man selbst tun kann: Mit dem Förster und den zuständigen Behörden ein konstruktives Gespräch suchen: möglichst als Verein und optimalerweise mit einer gemeinsamen Begehung des Trails. Auf diese Weise konnten z. B. zuletzt in Koblenz einige Strecken legalisiert werden. Augsburg befindet sich auf einem ähnlich guten Weg.
Vorurteil 5. In Bayern sind Trails jetzt per Gesetz verboten.
Stimmt nicht. Nach wie vor gilt in Bayerns Wäldern das Naturschutzgesetz und damit freies Betretungsrecht zu Erholungszwecken. Biker dürfen demnach auf „geeigneten“ Wegen fahren. Die neue Verwaltungsvorschrift, die im Dezember 2020 in Kraft getreten ist und für Furore sorgte, hat die Ermessensgrundlage konkretisiert. Damit können nun Behörden bestimmen, ob ein Weg „geeignet“ oder „ungeeignet“ fürs Biken ist. Problem: So, wie die Kriterien formuliert sind, könnte praktisch jeder Bergweg für Biker gesperrt werden. Doch so einfach sei das nicht, erklärt Rechtsanwalt und Rechtsberater der DIMB, Markus Rebl: „Eine Trail-Sperrung ist nur dann gültig, wenn die Beschilderung auf den gesetzlichen Grund verweist, aus dem der Weg gesperrt wird. Und selbst dann halte ich alle diese Sperrungen vor Gericht für angreifbar.“ Die neue Verwaltungsvorschrift sei lediglich eine fragwürdige Interpretation des Gesetzes durch das Ministerium und habe für die Gerichte, die rein auf Grundlage des Gesetzes urteilten, keine Bedeutung.
Was man selbst tun kann: Eskalationen vermeiden, Verbotsschilder befolgen, aber per Handy-Foto dokumentieren und bei der Gemeinde erkundigen, ob es sich hier um ein offizielles Schild handelt. Zusätzlich das Foto an die DIMB mailen . Wichtig auch: Nur „hoheitlich tätige“ Personen (z. B. Polizei, Förster, Ranger) sind berechtigt, Personalien aufzunehmen, Grundbesitzer nicht.
Vorurteil 6: Trails auszuweisen, bringt nichts, die fahren eh, wo sie wollen.
Sagen wir so: Es kommt immer darauf an, was genau an Trails ausgewiesen wird. Am bayerischen Tegernsee etwa, einem der am stärksten frequentierten Naherholungsgebiete Münchens, hat man vor Jahren mal einen (!) offiziellen Biketrail ausgeschildert. Er führt von den Langenau-Almen nach Wildbad Kreuth durch den Wald, parallel zur Forststraße. Wenig Gefälle, wenige Kurven, aber viele Wurzeln und Matschlöcher. Wer will es Bikern verübeln, dass sie sich hier lieber auf einen der vielen Panorama-Höhenwege begeben? Ganz anders läuft es in Freiburg im Schwarzwald: Eine Analyse am dort angelegten Canadian-Trail hat ergeben, dass die weit überwiegende Mehrheit der Mountainbiker diesen für die Abfahrt nutzt. Hier spricht man von einem starken Lenkungseffekt. Warum? Der Trail wurde von Bikern angelegt, die viel von Fahrspaß verstehen. Außerdem gibt es einen starken örtlichen Verein, der die Strecke betreut und in das Verhalten der Szene hineinwirkt. Fakt: Menschen lenkt man besser mit guten Angeboten als mit Verboten. Je attraktiver die offiziellen Trails sind, desto besser ist der Lenkungseffekt.
Was man selbst tun kann: Einen eigenen Verein oder eine lokale „DIMB-Interessensgemeinschaft“ gründen. So findet man bei zuständigen Behörden deutlich mehr Gehör. Argumentationshilfen: www.natursport.info
Die 6 Trail-Regeln für Mountainbiker
Wenn sich alle Biker an diesen Ehrenkodex halten würden, müssten wir gegen Vorurteile gar nicht erst andiskutieren.

Adobe Stock Trailsharing: Respektiere andere Wegenutzer | Sharing heißt Caring – es ist ganz einfach, andere Wegenutzer nicht gegen sich aufzubringen: rücksichtsvoll fahren und keinen erschrecken!

Adobe Stock No Shortcuts: Bleibe auf den Wegen | Wie war das mit der Säge und dem Ast, auf dem man sitzt? Wer Trails liebt, sollte sie auch schonend behandeln. Fahrtechnikkurse helfen!

Adobe Stock Stay Safe: Fahr’ in Deiner Komfortzone | Jeder erfahrene Biker hat sich schon verschätzt und weiß seitdem: Touren-Planung, kontrolliertes Fahren und Helmaufsetzen sind extrem wichtig!

Adobe Stock Ride for Future: Keinen Müll und keine Spuren | Wer weder Riegelpapier noch Bremsspur auf dem Trail zurücklässt, kann das noch toppen mit: auch mal den Müll anderer aufsammeln.

Adobe Stock No Nightrides: Gönne den Tieren ihre Ruhe | Nicht alle Tiere im Wald gewöhnen sich an nächtlichen Verkehr. Sensible Bereiche meiden!

Adobe Stock Stop building illegal: Legale Strecken müssen her! | Seit Pandemiebeginn sprießen wilde Trail-Bauten im Wald. Problem: Es ist das stärkste Argument der Bike-Gegner (siehe Vorurteil 3).
Diese Geschichte ist Teil von BIKE 9a/2021 „Trail“ . Bestellen Sie sich das Sonderheft von BIKE versandkostenfrei nach Hause oder lesen Sie die Digital-Ausgabe in der BIKE App für iOS oder Android .
BIKE-Kampagne „Love Trails – Respect Rules“