Was wollte Klein-Wyn Masters als Kind eigentlich werden? Pilot? Astronaut? Oder wirklich schon Mountainbiker? Seine jetzige Job-Beschreibung hätte sich der Neuseeländer jedenfalls wohl kaum erträumt: Worldcup-Downhill-Racer, Gute-Laune-Macher, Moderator mit seltsamem Akzent und Chefexperte für Stock- und Entenmikrofone in seiner Show Wyn-TV. Jetzt hat der Neuseeländer auch noch einen EWS-Sieg eingefahren, mit dem er nie gerechnet hatte und den er erst im letzten Moment seinem eigenen Bruder abluchste, ohne viel davon mitzukriegen. Aber wie sagt man so schön: Unverhofft kommt oft.
Heißester Anwärter auf den Sieg war im Vorfeld eigentlich der junge Amerikaner Richie Rude gewesen. In den vergangenen zwei Jahren hat er die
Enduro World Series
dominiert wie kein anderer, fast jedes Rennen gewonnen und selbst bei Pech mit Pannen vieles zu seinen Gunsten drehen können. Ganze 2000 Höhenmeter und sieben Stages mussten in Rotorua an nur einem Tag bewältigt werden. Auch das spielte dem bärenstarken Richie Rude eigentlich in die Karten.
Regengüsse bestimmen das Rennen
Aber Petrus hatte andere Pläne. Während das Training auf staubtrockenen Trails ausgetragen wurde, begann sich der Himmel am Sonntag, dem Tag des Rennens, immer mehr zuzuziehen. Auch der Wetterbericht verhieß nichts Gutes. Die Damen kamen auf der ersten Stage noch im Trockenen davon, doch pünktlich für die ersten Fahrer der Pro Men-Kategorie begann der Himmel seine Pforten zu öffnen und das Wasser verwandelte die staubige Strecke nach und nach in einen einzigen Schlammpfuhl.

Enduro World Series Richie Rude hatte als letzter Starter immer die schlechtesten Bedingungen. Als die Trails wieder trockneten, holte er auf der sechsten Stage den ersten Platz. Am Ende reichte es aber trotzdem nur für Rang 20.
Für die letzten Starter der Männer hatte sich die Strecke komplett verändert. Tiefe Rinnen zogen sich durch die kurze, aber technisch anspruchsvolle Stage, die Steilstücke geizten mit Grip. Wer angesichts der letzten Tage auf Semi-Slicks umgerüstet hatte, den traf das Unglück am härtesten. Den Sieg holte sich mit einem frühen Start der U21-Champion von 2016, Adrien Dailly. Local und Downhill-Profi Wyn Masters fuhr auf Platz zwei, während Größen wie Martin Maes, Richie Rude oder Jesse Melamed deutlich jenseits von Platz 50 landeten.

Enduro World Series Wyn Masters gab Gas. Bis ins Ziel hinein konnte er sein Glück gar nicht fassen. Der Sieg über seinen Bruder freute ihn fast noch mehr als der Sieg bei der EWS.
Drei Kiwis auf dem Podium
Auch später ließen sich die Locals, vor allem die Brüder Eddie und Wyn Masters, nicht mehr abschütteln. Eddie holte die Stage-Siege auf den Wertungsprüfungen zwei und vier, Sam Hill konnte auf den Stages drei und sieben überzeugen. Champion Richie Rude holte sich dann doch noch einen Sieg auf Stage sechs, mit den Ergebnissen der vorigen Stages blieb sein Erfolg aber rein symbolisch. Er landete am Ende abgeschlagen auf Platz 20 der Gesamtwertung.
Die beiden Brüder Eddie und Wyn Masters duellierten sich dagegen mit einem weiteren Local, Matt Walker, bis in die letzte Stage hinein. Nach Stage sechs lag Eddie leicht vorne, ein platter Reifen entschied das Rennen im letzten Moment zugunsten von Wyn, mit Matt Walker auf Platz zwei, Eddie auf Platz drei und Sam Hill auf Platz vier. Greg Callaghan komplettierte das Podium.

Enduro World Series Sam Hill konnte von den späten Startern am Besten mit den widrigen Bedingungen umgehen. Er holte Platz vier und war damit der schnellste Nicht-Neuseeländer des Tages.

Enduro World Series Der entscheidende Moment. Eddie Masters' (in gelb/blau) Hinterreifen platzt, er verliert die Kontrolle und den Sieg an seinen Bruder Wyn.
Josh Bryceland: Schnell, lässig, immer mit einem dicken Grinsen

Enduro World Series Josh Bryceland alias „Ratboy“ hatte ein Dauergrinsen im Gesicht. Der Abschied vom Worldcup-Zirkus hat ihm sichtlich gut getan.
Die beste Laune beim Giant Toa Enduro in Rotorua hatte aber eindeutig Josh Bryceland. Der Ausstieg aus dem Downhill-Worldcup hat ihm sichtlich gut getan. Er wirkte maximal entspannt, auf jedem Foto aus Neuseeland grinst er über beide Backen. Sein lässiger Fahrstil bewährte sich auch in der EWS. Mit viel Style und scheinbar wenig Aufwand raste Bryceland über die Stages, hatte sichtbar Spaß und fuhr am Ende sogar auf Platz acht, mit zwei fünften Plätzen auf den Stages eins und drei.

Enduro World Series Jérome Clementz konnte nicht an seine vorigen Erfolge in Neuseeland anknüpfen und fuhr auf Platz elf.
Cecile Ravanel ist nicht zu schlagen
Nicht aus der Ruhe bringen ließ sich dagegen Cecile Ravanel. Trotz ihrer südfranzösischen Herkunft blieb sie auch auf schlammigem Untergrund Herrin der Lage und gewann bereits die erste Stage mit gut acht Sekunden Vorsprung auf ihre nächste Verfolgerin. Sie gewann im Folgenden jede einzelne Stage, nur auf der siebten fuhr sie auf Platz vier, während die Schottin Katy Winton als Schnellste über die Ziellinie fuhr. Alles in allem lag Cecile Ravanel damit am Ende mehr als eine Minute vor ihrer nächsten Verfolgerin.

Enduro World Series Ines Thoma genießt ein wohlverdientes Bier. Platz zwei ist ihr bestes Ergebnis in der Enduro World Series bisher.
Ines Thoma auf Platz zwei
Eine extrem starke Leistung lieferte auch Ines Thoma ab. Sie konnte gut mit den wechselnden Bedingungen umgehen und glänzte mit Konstanz statt Spitzenplatzierungen. Am Ende reichte es für Platz zwei in der Gesamtwertung, ganze 30 Sekunden vor Anita Gehrig auf Platz drei. Platz vier ging an Camille Balanche, Platz fünf an Katy Winton, die einen ersten und zwei zweite Plätze einfuhr, der es aber noch an Konstanz fehlte.

Enduro World Series Die Sieger: Matt Walker, Ines Thoma, Cecile Ravanel, Wyn Masters, Eddie Masters und Anita Gehrig (von links).
Das nächste Rennen der Enduro World Series 2017 findet am 8./9. April in Tasmanien (AUS) statt.
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EWS #1 2017 Rotorua.