Ich hatte mir bereits vor Wochen vorgenommen, den DM-Kurs anzuschauen. Doch richtig in den Trainingsplan hat es nie gepasst. Und oft war ich auch froh, nach einem Aufenthalt im Süden so schnell wie möglich wieder nach Hause zu kommen. Bei den ganzen Reisetagen ist man manchmal auch einfach froh, zu Hause zu sein. So kommt es, dass ich mir die Strecke erst donnerstags vor dem Rennen anschaute. Aber hey, jetzt passt es perfekt in den Trainingsplan und die Sonne scheint auch noch. Was will man mehr? Ok, vielleicht ein paar Singletrails, aber mit der 2-Meter-Regel in Baden-Württemberg lässt sich das wohl schwer vereinbaren!?

Forst-Autobahn: Robert Mennen hätte sich auf der Strecke in Furtwangen auch ein paar Singletrails gewünscht.
Meine Betreuer reisen am Freitag an. Wobei es in dem Fall Torsten, unser Physio, und meine Eltern sind. Am gleichen Wochenende findet in Alban Lakatas Heimatstadt der Dolomitenmann statt und montags starten er und Christian Hynek bei der Swiss Epic, sodass sich unser Team aufteilen muss. Für mich heißt das dann auch "back to the roots", Bike selber putzen und inspizieren. Wie macht unser Mechaniker Peter das noch mal? War es richtig zu sagen, ich brauche keinen Mechaniker? Alles halb so wild. Immerhin hat mir ein Canyon-Mechaniker das Rad erst vor einer Woche aufgebaut, und eigentlich kann ich ja auch alles selber reparieren. Unterwegs bin ich nun auf dem neuen Canyon Exceed CF SLX in Teamlackierung. Bislang waren wir in der weißen Prototypen-Lackierung unterwegs.
Warmfahren. Es ist stockdunkel. Wer schaut sich um diese Zeit ein Mountainbikerennen an?
Der Renntag beginnt früh. Sehr früh! Um 4:00 Uhr klingelt der Wecker. Warum muss eine Deutsche Meisterschaft um 7:00 Uhr morgens starten? Welcher Mensch steht an einem Sonntagmorgen so früh auf, um sich ein Mountainbikerennen anzuschauen? Ich habe mir am Vortag Brötchen, Marmelade und Butter besorgt und esse auf dem Zimmer. Nur der Kaffee fehlt. Den gibt es ab 5:30 Uhr. Passt, denn um 5:45 Uhr planen wir loszufahren. Wir sind nicht selber in Furtwangen untergebracht und haben noch 10 Kilometer durch den Schwarzwald zu fahren.
Als ich aufs Rad steige, um mich warmzufahren, ist es noch stockdunkel. Kein Licht dabei. Vorbildliche Vorbereitung, Herr Mennen. Dann, um 7:00 Uhr: Der Startschuss fällt. Die ersten Kilometer sind flach. Von den Favoriten will keiner Energie verschwenden. Vollgas ist anders. Gelegenheit für manch andere, das Feld mal einige Meter anzuführen.
Hektik. Ruhig Leute – das Rennen ist 120 Kilometer lang und wird bestimmt nicht auf den ersten fünf entschieden! An ein paar Anstiegen wird das Tempo ganz schön hochgezogen. Mit Erschrecken stelle ich fest, dass die Gruppe trotzdem noch relativ groß ist. Ich fahre defensiv, ahne, dass das Rennen erst nach Schonach, nach der Hälfte der Strecke, richtig los geht. Denn dann kommt eine technische Abfahrt, bevor es in den längsten Anstieg der Strecke geht.
400 Watt. Bloß nicht nachlassen. Hoffentlich attackieren sie sich vorne kaputt.
So kommt es auch. Nach Schonach geht es zur Sache. Spätestens jetzt kommt der Zeitpunkt, an dem ich zum ersten Mal zweifele, ob das heute was mit dem Titel wird, denn ich muss die Spitze ziehen lassen und fahre als Neunter die Abfahrt herunter. 400 Watt zeigt das SRM im längsten Anstieg. Bloß nicht nachlassen, sonst wird das nichts mehr. Zwei Fahrer überhole ich, schließe zu Tim Böhme und Sascha Weber auf. Hoffentlich sind die sich da vorne uneinig und keiner übernimmt Tempoarbeit. Die Minute Rückstand auf die Spitzengruppe, die wir nach dem Anstieg in Gremmelsbach hatten, verringert sich noch mal auf 30 Sekunden.

Am Hinterrad des Titelverteidigers: Robert Mennen hinter Tim Böhme in der Abfahrt.
Sascha Weber muss derweil dem Tempo Tribut zollen. Doch dann vergrößert sich der Abstand wieder. Verdammt! Wie konnte sich die Lücke auftun? Hätte ich ein paar Prozent mehr in den Beinen im Anstieg hinter Schonach gehabt, dann... Es nützt nichts. Jetzt müssen wir hoffen, dass die sich da vorne kaputtattackieren. Noch sind wir nicht im Ziel.
Aber meine Hoffnung erfüllt sich nicht. Ich sprinte mit Tim um Platz fünf, ziehe aber den Kürzeren. Ich hatte das Ziel 200 Meter später erwartet, dort, wo heute Morgen der Start war. Sechster Platz. Meine Erwartungen waren höher. Aber es hat nicht sollen sein. Also fahre ich leicht enttäuscht nach Hause. Vorher nehme ich noch einen Umweg zu einem amerikanischen Spezialitäten-Restaurant. Das muss jetzt sein!
Cheers,
Euer Robert
BIKE Race-Offensive: Robert Mennens Marathon-Blog 2015
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