Immer mehr Hersteller verabschieden sich von der Eurobike. Nach Specialized, Trek, Derby Cycle, Cube und Radon hatte Mitte September auch die ZEG verkündet, mit ihren Eigenmarken der weltgrößen Fahrradmesse zukünftig fernzubleiben. Nun ist die Diskussion um ein rettendes Konzept in vollem Gange. In einer Pressemitteilung kündigt die Eurobike heute an, wo die Reise 2018 hingehen wird.
Die kommende Eurobike 2017 wird vom 30. August bis 2. September stattfinden, mit einem abschließenden Festival Day für Endverbraucher. Ein Jahr später wird dann alles anders: 2018 soll die Eurobike am Sonntag, den 8. Juli starten. Ob über drei oder vier Tage, das werde noch entschieden. Bereits beschlossen dagegen ist, dass sich die Eurobike ab 2018 durch den frühen Termin ausschließlich an Fachbesucher richtet. „Es herrscht eine große Dynamik im Fahrradmarkt mit vielfältigen Verschiebungen in der Wertschöpfungskette. Mit dem früheren Termin gewinnt die Eurobike an Relevanz und stärkt ihre Bedeutung als globale Leitmesse für Trends und Neuheiten. Unsere Neukonzeption trifft bei vielen Marktteilnehmern auf Zustimmung, benötigt jedoch genügend Vorlauf, um Planungssicherheit für alle zu schaffen“, sagt Klaus Wellmann, Geschäftsführer der Messe Friedrichshafen.

Eurobike Fachpublikum unter sich: Ab 2018 wird es bei der Eurobike keine Besuchertage für Endverbraucher mehr geben.
Notwendig, den Eurobike-Termin nach vorne zu verlegen
In zahlreichen Gesprächen mit Herstellern, Fachhändlern und Medien haben die Eurobike-Verantwortlichen um Bereichsleiter Stefan Reisinger herausgehört, dass das Konzept mit eigenen Haus- und Ordermessen, wie es Firmen wie Cube, Trek oder Specialized derzeit verfolgen, für viele Hersteller in der Fahrradbranche keine Option sei. Vom neuen Konzept für 2018 begeistert ist Claudio Marra, Managing Director von FSA: „Wir sind davon überzeugt, dass es notwendig ist, den Eurobike-Temin nach vorne zu verlegen. Für unsere derzeitigen Geschäftsprozesse ist September zu spät. Neue Räder und Komponenten sind bereits verfügbar oder wurden bei anderen Events thematisiert. Folglich verpassen wir die ursprüngliche Art und Weise, wie Neuheiten zur Eurobike entdeckt wurden. Wir sind großer Befürworter der Neukonzeption und unterstützen diese gerne.“
Mit Reto Aeschbacher, Scott-Marketingleiter, sprach BIKE über die Bedeutung der Eurobike für die Fahrrad-Branche.
BIKE: Specialized, Trek, Derby Cycle und Cube haben sich in den letzten Jahren von der Eurobike verabschiedet. Und damit sind nur die Großen genannt. Schon auf der Messe selbst war von weiteren Herstellern die Rede, die zukünftig fernbleiben. Auch von Scott…
Reto Aeschbacher: Nein. Scott wird auch nächstes Jahr wieder zur Eurobike gehen. Wir haben hier das große Bild im Blick: Eine so wichtige Branche wie die Fahrradindustrie verdient eine starke Leitmesse. Nur so können wir zentrale Themen und Anliegen der Biker und Fahrradfahrer auch zukünftig vorantreiben. Nur wenn Industrie, Handel, Medien und Politik an einem Strang ziehen, bringen wir das Fahrradfahren entscheidend weiter und können es einem noch breiteren Publikum zugänglich machen.
Nun hat auch die ZEG verkündet, mit ihren Eigenmarken der Eurobike fernzubleiben. Ist irgendwann eine kritische Grenze erreicht, an der das Kartenhaus in sich zusammenfällt?
Es ist um jede relevante Marke schade, die nicht zur Messe kommt.
Der Trend geht zu eigenen Hausmessen und großen Händlerveranstaltungen. Auch Scott betreibt das mit enormem Aufwand. Wieso braucht das Fahrrad überhaupt eine Leitmesse?
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Eurobike in den letzten Jahren vielen wichtigen Trends eine breite Öffentlichkeit gegeben hat. Davon hat die ganze Fahrradbranche massiv profitiert. Auf einer Händlerveranstaltung können Firmen zwar ihre besten Partner in adäquatem Rahmen treffen, ihnen Bikes und die ganze Markenwelt präsentieren, aber eine Händlerveranstaltung kann eine Messe nicht ersetzen. Große, reichweitenstarke Publikumsmedien wie Focus, Stern, Bild, Süddeutsche Zeitung und TV-Sender wird man nur auf der Eurobike treffen. Und auch eine Bundeskanzlerin Merkel kommt nur zu einer Leitmesse und schafft damit Öffentlichkeit.
Das Fahrrad ist ein Zukunfts-Thema, die Branche prosperiert. Wieso schafft man es nicht, an einem Strang zu ziehen und gemeinsame Ziele zu verfolgen, von denen alle profitieren?
Da spielen einerseits Eigeninteressen mancher Firmen eine Rolle, andererseits herrscht ein hoher Kostendruck in der Branche. Leider wird oft vergessen, wie stark die gesamte Branche in den letzten Jahren von einem gemeinsamen Auftritt profitiert hat. Das Thema Fahrrad ist in viele Megatrends involviert – Mobilität, Gesundheit, Sport, Umweltschutz, Nachhaltigkeit, um nur einige zu nennen. Wir verlieren am Ende alle, wenn wir unsere Interessen nicht gemeinsam vertreten und ein klares Statement zum Thema Fahrrad geben.
Aber ist die Eurobike der richtige Rahmen, Friedrichshafen die passende Location?
Grundsätzlich ja. Das Format der Eurobike muss aber sicher überdacht und in verschiedenen Bereichen angepasst werden. Da besteht seitens der Messe ja auch Bereitschaft dazu. Und wir sind der Meinung, dass es besser ist, die Eurobike zu optimieren und den heutigen Bedürfnissen anzupassen, als sich auf Hausmessen oder mehreren kleinen Messen zu verzetteln.
Auf der Eurobike 2016 gab es unterschiedliche Vorschläge, wie sich das Messe-Konzept verändern müsste, um wieder an Bedeutung zu gewinnen. Vielen Firmen geht es um einen früheren Zeitpunkt. Andere sehen die Eurobike als reine Händler-Messe ohne Versender und Endverbraucher.
Ja, um relevant zu bleiben, muss die Messe auch ihre Termine an den heutigen Zyklus anpassen. Händler wollen nicht Räder im Herbst anschauen, die sie vor zwei Monaten bestellt haben und zum Teil schon geliefert bekommen haben. Zur konzeptionellen Ausrichtung: Uns geht es nicht darum, jemanden auszuschließen, jedoch stellt sich die Frage, ob es zu einem früheren Zeitpunkt Sinn macht, Endkonsumenten zuzulassen. Nach unserer Sicht soll sich die Eurobike wieder auf ihre Kernkompetenz fokussieren – das sind Industrie, Fachhandel, Medien, Politik.
Die Eurobike zu einem früheren Zeitpunkt – würden sich Hausmessen und Eurobike dann terminlich nicht in die Quere kommen? Oder würden die Hausmessen dann wieder überflüssig werden?
Es wird sicher weiterhin einige Hausmessen geben. Aber wenn man auf Effizienz, Kosten und Strahlkraft schaut, sehen wir den Vorteil bei der Messe.
Für 2017 wird sich an Termin und Konzept der Eurobike nichts fundamental ändern. Wie muss sich die Eurobike für 2018 aufstellen?
Wir denken, die Eurobike muss sich wieder auf ihre Kernkompetenz fokussieren: Industrie, Fachhandel, Medien und Politik. Dazu gehört auch der frühere Termin, den die Messe nun für 2018 beschlossen hat. Die Messe muss die Branche nun mit einem schlüssigen Konzept wieder vereinen. Denn die gesamte Branche würde es früher oder später bereuen, wenn es die Eurobike nicht mehr gäbe.