
Früh am Morgen war alles ganz ruhig.
Etappe 1: Saronsberg – Saronsberg (108 km, 2300 Hm)
Es fing alles ganz ruhig an. Wir standen im Startbereich und ahnten nicht, was da heute auf uns zukommt. Ich kann mir vorstellen, dass, wenn man bei der Transalp mitgemacht hat, die obigen Zahlen kaum beindrucken dürften.
Doch die Trails am Kap sind ruppig. Es ist hartes Mountainbike-Terrain, was die Teilnehmer hier erwartet. Dazu kommt noch die Hitze: 36 Grad waren es zum Schluss der Etappe. Kaum Schatten und sogar auf den präparierten Singletrails muss man immer auf der Hut sein vor spitzen Steinen, die einem den Reifen schnell aufschlitzen können.
Zurück zum Start. Karl Platt und Konsorten starteten um 07:10 Uhr, wir in Gruppe E 20 Minuten später. Team Bulls war in 4:30 Stunden fertig und wir, Team "Table Mountain Bikers", brauchten für die 108 km (106 km waren offiziell angesagt) 7:02 Stunden.

Startaufstellung zu Etappe 1: Dass jetzt über sieben Stunden härtestes Mountainbiken kommen sollten, war zu diesem Zeitpunkt nicht klar.
Gemütlich rollten wir los, das Tempo in der Gruppe variierte ständig und schon nach ein paar Kilometern wurden einige hinten aus der Gruppe ausgespuckt. Wir hielten uns hinten an der Gruppe fest, aber irgendwann war mir das Tempo, vor allem an den Anstiegen, zu hoch. Es liegen ja noch sechs Etappen vor uns, da wollte ich noch nichts überstürzen.
Das Sägezahn-Profil machte uns das Leben schwer. Die Anstiege kamen in regelmäßigen Abständen und waren richtig hart. Es ging in Serpentinen die Bergflanken hoch, aber dazwischen gab es immer mal wieder ein Teilstück direkt nach oben. Zum Glück hatte ich bei meinem Cannondale Scalpel letzte Woche noch das vordere 32er-Kettenblatt meiner XX1 gegen ein 30er ausgetauscht.
Trotzdem war es nicht einfach. Die Abfahrten waren schnell, man musste immer auf tiefe Bodenwellen und versteckte Kurven aufpassen. An den Berghängen wächst der "Cape Fynbos", ein etwa 150 cm hohes, dichtes Gestrüpp, das keinen Schatten bietet und den Trail an vielen Stellen regelrecht versteckt.
Der erste Wasserstopp kam nach 30 km, und alles war noch im grünen Bereich. Wir lagen ganz gut in der Gruppe und trotz der steilen Anstiege fühlte ich mich noch OK. Mein Partner Liam, ein alter Triathlet mit tausenden Kilometern in den Beinen, fuhr sowieso immer vorneweg, vor allem in den Anstiegen. Wir kennen uns ganz gut und fahren immer nach dem gleichen Plan: Er vorne wenns hochgeht, ich vorne wenns über Singletrails nach unten geht.
Das klappte aber heute nicht so gut. Nach 65 Kilometern war bei mir der Ofen aus! Ich hatte keine Kraft in den Beinen mehr und die Krämpfe fingen an. Es gab noch einige Anstiege, bevor die erhoffte Erlösung, nämlich Wasserstopp 2, erreicht war. Wie danach alles besser werden sollte, wusste ich eigentlich auch nicht, ich hatte aber wenigstens einen Grund, das Mountainbike abzustellen, etwas zu essen und die Trinkflaschen nachzufüllen.

Trockene Erkenntnis: Heute klappt's nicht so gut...
Bei solch langen Rennen wie dem Cape Epic sind Krämpfe bei mir vorprogrammiert. Nach drei Tagen kommt die Herzfrequenz nicht mehr hoch, weil der Körper nur noch müde ist und nach Hause will. Die Krämpfe hörten bei mir nicht auf und meine Beine waren hohl. Es war kein Saft mehr drin. Die letzten 30 km waren die reine Hölle. Ich konnte die Pedale nur umdrehen, aber keine richtige Kraft erzeugen. Liam rollte vor mir ganz gemütlich dem Ziel entgegen, er musste die Zwei-Minuten-Lücke einhalten, ansonsten gibt’s Zeitstrafen. Die werden auch bei uns, die das Podium nur von Fotos kennen, strikt eingehalten.
Die letzten Kilometer durch den Ort "Tulbagh" und über einen verfluchten Singletrail wollten kein Ende nehmen. Die Etappe sollte 106 km lang sein, aber nach 106 km waren wir immer noch nicht im Ziel.
Es kam dann aber doch und ich bin fast zusammengebrochen! Ich war einfach kaputt! Im Ziel gibt es die "Woolies Chill Zone" (Woolworths ist eine südafrikanische Supermarktkette), wo jeder Teilnehmer einen eiskalten Lappen in die Hand gedrückt bekommt und eine Tüte mit Schokoladenmilch, Cashew-Nüssen, einem Wrap und einer Banane. Unter einem Beduinenzelt laufen die Ventilatoren auf Hochtouren, jeder ist heiß und möchte nur etwas Kaltes trinken und was essen.

Liam, der alte Triathlet, musste heute ganz schön warten.
Nach drei Flaschen Schokoladenmilch (ja, man darf soviel nehmen, wie man will) sind Liam und ich zu unserem Mechaniker und haben unsere Bikes abgegeben. Für gut 400 Euro kümmern sich echte Profi-Schrauber um dein Rad – eine Sorge weniger und es lohnt sich. Auf dem Weg zu unserem Bed & Breakfast (im Auto) musste ich kurz anhalten und wieder einen Krampf im Bein ausmassieren.
Danach gab’s eine richtige Massage und gleich gibt’s etwas zu Essen und dann so schnell wie möglich ins Bett. Flaschen und Klamotten sind schon für Morgen vorbereitet. Dann geht’s über den Berg ins nächste Hochtal. Aber nicht über glatte Forstwege, sondern wieder über scharfe Steine und staubige Wege! Und es sollen 34 Grad werden. Na super!
Bis morgen,
Robert

Nach drei Schokomilch sieht die Welt schon wieder etwas freundlicher aus.
Cape Epic Blog: Hautnah am Renngeschehen
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