Peter Nilges
· 16.05.2020
Drei kultige Mountainbikes von "der Insel" zeigen, was sie können: Starling Cycles, Nukeproof und Vitus. Dazu stellen wir die drei UK-Schmieden im Portrait vor.
Der Brexit ist beschlossen, und Großbritannien kehrt der EU nun tatsächlich den Rücken. Doch unabhängig von der politischen Entwicklung pulsiert im Vereinigten Königreich eine außergewöhnliche Bike-Szene mit feinen Custom-Schmieden. Drei UK-Fullys im Test.
Die Einzeltests dieser drei UK-Bikes aus BIKE 4/20 können Sie bequem unter dem Artikel als PDF herunterladen. Jeder Einzeltest kostet 0,99 Euro. Warum nicht kostenlos? Weil Qualitätsjournalismus einen Preis hat. Dafür garantieren wir Unabhängigkeit und Objektivität. Das betrifft ganz besonders die Tests in BIKE. Die lassen wir uns nicht bezahlen, sondern das Gegenteil ist der Fall: Wir lassen sie uns etwas kosten, und zwar Hunderttausende Euro jedes Jahr.
Ein britisches Kaufhaus will Kochmesser aus dem Sortiment nehmen, weil sie wegen der allseits beliebten Fertiggerichte nicht mehr gekauft werden. Wer sich mit den Gepflogenheiten eines Landes beschäftigt, stößt auch automatisch auf dessen Kuriositäten. So tauchen in der Typisch-Englisch-Liste ganz weit oben die Queen, Tee am Nachmittag, schlechtes Wetter, gefolgt von schlechtem Essen auf.
Auch den Bikes bzw. den Bikern aus dem Vereinigten Königreich eilt ein ganz bestimmter Ruf voraus. Sie mögen es "super long and super slack", was ins Geometrie-Deutsch übersetzt so viel heißt wie extrem langer Reach und extrem flacher Lenkwinkel. Auf internationalen Bike-Präsentationen greifen britische Journalisten daher auch routiniert zum XL-Rahmen und das selbst bei einer Körpergröße von nur 1,75 Meter. Getreu dem Motto "Länge läuft" konstruieren auch viele UK-Rahmenbauer. Im internationalen Vergleich fallen die Bikes der Inselschmieden daher tendenziell lang aus, wobei der internationale Markt diesen Trend inzwischen überwiegend aufgreift. Unsere beiden Test-Bikes in Größe L verfügen über einen durchschnittlichen Reach von 474 Millimetern und einen Lenkwinkel von 65 Grad. Auch die Kettenstreben fallen mit 447 Millimetern im Schnitt sehr üppig aus und haben E-MTB-Dimensionen.
Doch nicht nur die Geometrien sind besonders, auch der Hang zu Stahl als Rahmenwerkstoff ist bei den UK-Schmieden sehr ausgeprägt. So hat gut die Hälfte der Hersteller mindestens ein MTB mit Stahlrahmen im Programm. Warum das so ist, erklärt Starling-Chef Joe McEwan im Interview. Klar ist: Die Briten neigen zu soliden und zweckmäßigen Bikes, die auch übelstes Schlammwetter wegstecken. Wo wir bereits bei einem weiteren Vorurteil angelangt wären. Denn verglichen mit Deutschland regnet es in England sogar weniger. Ebenfalls speziell ist die Vielzahl an Hardtails, die der UK-Markt bietet, was wohl am Sorglos-Anspruch, aber auch an der überwiegend flachen Topografie der Insel liegt. In manchen Gegenden sei ein Fully einfach zu viel des Guten und würde jede fahrtechnische Herausforderungen vernichten, erklärt Joe.
Auch wenn in manchem Vorurteil ein Funke Wahrheit steckt, beweisen unsere drei Test-Bikes von Nukeproof, Starling Cycles und Vitus zumindest zweierlei: Erstens bauen die Engländer sehr gute Fullys. Und zweitens: Nicht alle Bikes, die aus England kommen, werden auch aus Stahl gefertigt.
Diesen Artikel finden Sie in BIKE 4/2020. Die gesamte Digital-Ausgabe können Sie in der BIKE-App (iTunes und Google Play) lesen oder die Print-Ausgabe im DK-Shop nachbestellen – solange der Vorrat reicht: