10 Trailbikes im TestSpaß-Fullys ab 2800 Euro

Ludwig Döhl

 · 06.09.2016

10 Trailbikes im Test: Spaß-Fullys ab 2800 EuroFoto: Wolfgang Watzke
10 Trailbikes im Test: Spaß-Fullys ab 2800 Euro

Trailbikes sind Spaßkanonen, bergauf und bergab. Mit wendiger Geometrie und wenig Gewicht versüßen sie jeden Singletrail und sind für moderate Mittelgebirge perfekt. Welches Bike ist das Beste?

Wir haben unsere bisherige All-Mountain-Sport-Klasse umgetauft und den beliebten Touren-Fullys mit 120 bis 130 Millimetern den Namen "Trailbikes" verpasst. Warum? Weil wir beobachten, wie sich die Anforderungen an diese Klasse verändert haben. Der Biker verlangt mehr "Alleskönnergene" von seinem Tourenfully als noch vor wenigen Jahren. Trailbikes sollen fiese Wurzelpassagen und Steinfelder in Flowpassagen verwandeln und auch mal einen Marathonstart mitmachen. Um die neuen Aspekte besser heraus zu arbeiten, haben wir außerdem ein neues Bewertungs- und Testsystem eingeführt.

Diese Trailbikes für 2016 finden Sie im Test:

  • Cannondale Habit 4
  • Canyon Nerve AL 9.0 SL (BIKE-Tipp: Versandhandel)
  • Cube Stereo 120 HPC (BIKE-Tipp: Fachhandel)
  • Focus Spine C Pro
  • Ghost SL AMR LC 6
  • GT Helion Carbon
  • Merida One-Twenty 7.900
  • Radon Skeen 120 10.0
  • Scott Spark 740
  • Stevens Jura ES

Die ausführliche Punktetabelle mit allen Test-Kategorien finden Sie unten als PDF-Download.

Das Cannondale Habit 4 ist ein komplett neues Konzept für 2016.
Foto: Daniel Simon

Das kann man von einem Trailbike erwarten

"Die einzige Konstante ist der Wandel" – ob der griechische Philosoph Heraklit ca. 500 vor Christus damit den Wandel in der modernen Mountainbike-Welt bereits vorhergesehen hat, darf bezweifelt werden. Aber er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Wohin wir auch blicken, schießen Trails wie Pilze aus dem Boden. Tourismusregionen und Bikeparks reiben sich trotz großer Investitionen bereits bei der Planung neuer Flowtrails die Hände, weil die einfach zu fahrenden Strecken sowohl eingefleischte Mountainbiker als auch Anfänger anlocken. Die Teäre Line in Sölden, der Flow-Country-Trail im Bikepark Bischofsmais, die Flowlines in Stromberg und Petzen, Willingen im Sauerland oder das Trailcenter Rabenberg sind nur die Spitze des Eisbergs in der Flow-Bewegung. Modern angelegte Trails können mit wenig Federweg und viel Spaß gefahren werden und liegen nicht nur bei den Betreibern, sondern vor allem bei den Bikern hoch im Kurs. Es scheint, als wollen sich immer mehr Touren-Biker nicht länger mit hochgezüchteten Rennboliden über extrem anspruchsvolle Pfade schinden, um am Ende des Tages zu sagen, sie hätten ihren Lieblings-Trail endlich ohne Absteigen bezwungen. Stattdessen freut sich jeder über eine Extraportion Flow, egal, ob in der Abfahrt oder in flachen Trail-Passagen. Der Genuss rückt mehr in den Mittelpunkt als die Hatz nach dem letzten Höhenmeter.

  Verspielte Geometrien machen die Trailbikes zu Kurvenräubern.Foto: Wolfgang Watzke
Verspielte Geometrien machen die Trailbikes zu Kurvenräubern.

Natürlich hat nicht jeder eine perfekt ge­shapte Brechsandstrecke auf seiner persönlichen Feierabendrunde liegen. Deshalb ist dort, wo der Trail vor Wurzeln und Steinen strotzt und normalerweise wenig Fahrfluss zulässt, das Bike in der Pflicht, das sogenannte Flowfeeling aufkommen zu lassen. Ein gutes Fahrwerk, etwas mehr Federweg, Teleskopstütze und griffige Reifen verwandeln den zerklüfteten Untergrund in einen flüssig fahrbaren Weg. Wobei die meist moderat gewählten Reifen und schmalen Felgen dieser Klasse im gröberen Geläuf an ihr Limit gelangen. Wer nun die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und in dieser Testgruppe zehn Mini-Enduros mit mittelschwerer Adipositas befürchtet, den belehrt die Industrie eines Besseren. Leichte Laufräder mit geringer Trägheit, nagelneue Carbon- oder Alu-Rahmenkonzepte und geschickt gewählte Anbauteile machen die Trailbikes zu quirligen Gefährten in jedem Anstieg. Manche davon, wie z. B. das Scott, lassen sogar jederzeit einen Marathon-Einsatz zu. Auch moderne Marathon-Strecken veränderten sich in den letzten Jahren.

Bestes Beispiel ist das BIKE Four Peaks, welches die Laktat-Junkies mindestens einmal am Tag vor eine knifflige Abfahrt stellt. Erschöpft vom Anstieg, ist der Rennfahrer um jede Unterstützung, die ihm das Bike in den anspruchsvollen Abfahrten gibt, froh. Im besten Fall hat sich der Einsatzbereich der neu getauften Gruppe also nicht in Richtung Abfahrtstalent verschoben, sondern sowohl bergauf als auch bergab erweitert. Natürlich liegt der Idealfall nicht bei jedem Rad dieser Testgruppe vor. GT oder Radon streuen mit schmalen 2,2er-Continental-X-King-Reifen deutlich in den Marathon-Bereich, während sich Ghost und Merida mit 130 Millimetern Federweg über jede Abfahrt freuen – und bergauf dafür Federn lassen. Bei den Schaltgruppen hat sich die Branche in der 3000-Euro-Klasse einheitlich auf eine Zweifach-XT-Ausstattung geeinigt. Lediglich Canyon spreizt mit einer Dreifach-Kurbel den Einsatzbereich auf und hält für alle Gelegenheiten einen Gang parat. Erstaunlich ist allerdings, dass die Fachhandelsmarken Ghost, Focus und Cube mit Teilcarbon-Rahmen den Versendern den Kampf ansagen. Die Kaufberatung sowohl online als auch offline im Fachhandel spielt sicherlich eine große Rolle, um das passende Rad für die individuell unterschiedlichen Ansprüche zu finden. Der Markt bietet ein enorm breites Spektrum an Produkten.

Und wer sich noch mehr zum All-Mountain- oder Marathon-Sektor hingezogen fühlt, sollte den Blick auch über diese Testgruppe hinaus schweifen lassen, denn auch die angrenzenden Kategorien bieten interessante Bikes mit Allround-Charakter.


Neues Bewertungssystem

Insgesamt liefert der 2016er-Jahrgang dieses Testfelds eine starke Vorstellung und sammelt im neuen BIKE-Bewertungssystem fleißig Punkte. Focus überzeugt durch brillantes Handling und sein bestechend gutes Fahrwerk. Cube hingegen bildet mit superleichten Laufrädern und durchdachten Anbauteilen das breiteste Spektrum von Marathon bis fast schon All Mountain ab. Die Direktversender Canyon und Radon punkten durch ein Plus an Ausstattung, und vor allem Canyon zeigt sich stark in den "Fleißkategorien" Lackqualität, Garantie und Verarbeitung. Unser neues Bewertungssystem bietet da­­rüber hinaus mit dem Kriterium "Usability" eine neue Chance für die Hersteller, sich von der Konkurrenz abzuheben. Hier wird jeder Mehrwert in der Handhabung für den Endverbraucher notiert. Details wie Blockierhebel für das gesamte Fahrwerk (z. B. Scott und Stevens), versteckte Tools im Rahmen oder Abstimmungstabellen an den Federelementen führen zum direkten Punktgewinn. Um die Bestnote "super" zu erreichen, müssen die Hersteller zukünftig die Ärmel ein Stück weiter hochkrempeln.

Während unserer Testfahrten haben wir eine weitere Konstante neben dem von Heraklit beschriebenen Wandel gefunden: den Spaß mit Mountainbikes auf den Trails.

  Ludwig Döhl, BIKE-RedakteurFoto: Ronny Kiaulehn
Ludwig Döhl, BIKE-Redakteur


Fazit Luwig Döhl, BIKE-Redakteur
"Moderne Trailbikes sind echte Allrounder und bieten die perfekte Plattform für Fahrspaß bei Touren über technische Mittelgebirgs-Trails. Breite Lenker, kurze Vorbauten und exzellente Fahrwerke verwandeln diese Testgruppe in echte Trail-Flitzer. Die schmalen Reifen und Felgen lassen einen aber schnell spüren, dass gröbere Sektionen bergab nach mehr Federweg schreien. Trailbikes sind keine Alleskönner, aber bieten einen sehr breiten Einsatzbereich. Die Testsieger kommen von Canyon und Cube."


TRAILBIKES: Mehr als nur ein Gattungsbegriff

Leichter als die großen Brüder aus dem Enduro-Lager und mit mehr Fahrkomfort als puristische Marathon- Boliden. Mit diesem Rezept wollen die Trailbikes für Fahrspaß auf technischen Trails sorgen. Wendige 27,5-Zoll-Laufräder und kompakte Sitzpositionen sorgen für einen verspielten Charakter.

  Beispiel Trailbike: Ghost SL AMR LC6Foto: Hersteller
Beispiel Trailbike: Ghost SL AMR LC6


1. Das Cockpit ist ein wichtiger Baustein für das Handling des Bikes. Je kürzer der Vorbau, desto besser das Handling. 80 mm sollte der Vorbau maximal lang sein. Die ideale Lenkerbreite liegt zwischen 720 und 740 mm.
2. Der Federweg an Gabel und Heck rangiert zwischen 120 und 130 Millimetern. Es kommen leichte Dämpfer ohne Ausgleichsbehälter zum Einsatz (Platz für Trinkflasche), welche für deutlich mehr Fahrkomfort als bei einem Marathon-
Racer sorgen.
3. Teleskopstützen sind kein absolutes Muss, dennoch "nice to have". Der Sattelstützenhub zwischen 100 und 150 mm erleichtert den Trail-Einsatz.
4. Die meisten Bremsen lassen eine werkzeuglose Hebelverstellung am Lenker zu. Die Scheibengröße beträgt in der Regel 180/180 mm.
5. Breite, aber tendenziell leichte Reifen (2,2–2,4", um 700 Gramm) sind erste Wahl. Trail-Junkies freuen sich über dickere Walzen am Vorderrad.


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