Stefan Loibl
· 29.04.2016
Manuel Fumic ist das neue Race-Fully beim Cape Epic und im Worldcup gefahren, nun wurde es am Gardasee offiziell vorgestellt: das Cannondale Scalpel-Si. 100 mm, giftgrün und Platz für 2 Flaschen.
Beim Cape Epic war Deutschlands Cross Country-Ass Manuel Fumic bereits auf einem neuen, giftgrünen Race-Fully unterwegs (BIKE berichtete). Auch beim letzten Worldcup in Cairns kämpfte sich der Kirchheimer damit durch den Dschungel. Nun hat Cannondale beim BIKE-Festival Garda Trentino das Bike offiziell vorgestellt. Vorhang auf für das neue Scalpel-Si, die neueste Ausbaustufe des erfolgreichen Race-Fullys. Die Geschichte des Scalpel ist lang und erfolgreich: Denn das Scalpel war im Jahr 2002 das erste Full Suspension-Mountainbike, das bei einem MTB-Worldcup eingesetzt wurde – damals mit Aluminium-Rahmen, 63 mm Federweg und Carbon-Kettenstreben.
Im Jahr 2012 hatte Cannondale das letzte Scalpel vorgestellt, erstmals in 29 Zoll. 2014 schob Cannondale das neue F-Si-Hardtail an die Startlinie. Aber seitdem hat sich im Rennsport und im MTB-Worldcup viel getan. „Die Strecken haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Die Anstiege werden steiler und die Downhills technischer. Es gibt keinen Spielraum für Fehler mehr. Und um solche Rennen zu gewinnen, reicht 'leicht und steif' alleine nicht mehr aus, ein leistungsfähiges und stabiles Handling ist gefordert“, sagt Scott Rittschof, Produktentwickler und Vize-Marketing-Chef bei Cannondale. Das hat man beim Worldcup in Cairns gesehen: Die meisten der Top-Fahrer waren mit Fullys unterwegs, Absalon und McConnell setzten sogar eine absenkbare Sattelsttüze ein.
Das neue Cannondale Scalpel-Si hat Racing-DNA in sich. Der neue Rahmen wiegt gerade einmal 2118 Gramm inklusive Dämpfer, Steckachse und Kleinteilen. Das ist eine Ansage im Vergleich zur Konkurrenz von Specialized und Trek. Auch in Sachen Steifigkeit und Antriebseffizienz soll laut Cannondale keiner der Mitbewerber dem Scalpel-Si etwas vormachen. Offensichtlichste Neuerung sind die zwei Flaschenhalteraufnahmen, die sogar in einem M-Rahmen zwei mittelgroße Trinkflaschen montieren lassen. Das wird vor allem Marathon-Fans freuen, die bei langen Extrem-Distanzen und Etappenrennen nicht auf eine zwei Flasche verzichten können und wollen.
Cannondale stellt mit der "Outfront"-Geometrie einen neuen Ansatz vor. Dabei paaren die Amerikaner am Scalpel-Si einen flachen Lenkwinkel von 69,5 Grad mit einem Gabel-Vorlauf von 55 Millimetern. Möglich macht das die Lefty, die aus dem eigenen Haus kommt. Diese Kombination soll das Beste aus zwei Welten vereinen: einen flachen Lenkwinkel für Laufruhe und Reserven für technische Downhills sowie agiles Lenkverhalten in langsamen Kurven bergauf. Ein träges Einlenken oder gar "Wegklappen" bei langsamen Richtungswechseln – wie es Bikes mit flachen Lenkwinkeln oft haben – soll es durch dieses kurze Front Center (Maß vom Tretlager zur Vorderrad-Nabe) nicht geben. 435 Millimeter kurze Kettenstreben erlauben dem Fahrer zudem, das Scalpel-Si einfach über Hinternisse zu lupfen und aufs Hinterrad zu ziehen.
Zudem kommt beim Scalpel-Si die vom F-Si-Hardtail bekannte "Asymmetric Integration" (Ai) zum Einsatz. Das bedeutet, dass Umwerfer, Kurbel und Hinterbau sechs Millimeter nach außen wandern. Vorteil des Systems, das ähnlich dem neuen Boost-Standard funktioniert, nur der Antriebsstrang eben noch einen Tick weiter nach außen wandert: mehr Reifenfreiheit, massivere Kettenstreben möglich, Platz für Umwerfer und Zweifach-Antriebe möglich. Zudem kann das Hinterrad mit identisch langen Speichen eingespeicht werden, was es steifer macht. Die Steckachse hinten ist dagegen eine herkömmliche X12-Achse, die mit Inbus-Schlüssel verschraubt wird. Einziger Nachteil des Ai-Systems: Man braucht ein spezielles Hinterrad, das mit identisch langen Speichen eingespeicht ist. Herkömmliche Hinterräder kann man zwar im Pannenfall montieren, stehen aber nicht mittig im Hinterbau.
Die neue Dämpfer-Wippe aus Carbon, die im Spritzguss-Verfahren hergestellt wird und bereits beim Habit zum Einsatz kommt, spart im Vergleich zu einer Alu-Wippe fast 150 Gramm. Zweites Detail, das vom Habit übernommen wurde, ist das fehlende Horst-Link am Hinterbau. Diese Aufgabe übernehmen die flexenden Sitzstreben. Die hintere Bremsaufnahme ist von der Sitzstrebe auf die Kettenstrebe gewandert. Die Stopper werden über den Flat Mount-Standard unauffällig im Hinterbau integriert. Das neue Cannondale Scalpel-Si wird es auch in 27,5 Zoll geben, aber nur in der Rahmengröße S und bei den Damen-Modellen in den Größen XS, S und M. Damen-Bikes? Ja, richtig gelesen. Vom neuen Scalpel-Si wird es unter den insgesamt zehn Modellen auch zwei Damen-Versionen in Carbon für 4000 und 6000 Euro geben.
Neben dem 12000 Euro teuren Black Inc. wird es drei weitere Carbon-Modelle der höchsten Güte geben, das Team, die Race-Variante und das Modell Carbon 1. Darunter reihen sich das Scalpel-Si Carbon 2 bis 4 für 6000, 5000 und 4000 Euro. Einzige Alu-Variante wird das Scalpel-Si AL 5 sein für 3000 Euro. Plus zwei Damen-Bikes. Das macht insgesamt zehn Modelle, die Interessierte beim BIKE Festival Garda Trentino bereits testen können. Die Bikes sollen auch ab sofort im Handel erhältlich sein.
Einen ausführlichen Test mit Messwerten und Fahrbericht gibt es in BIKE 7/2016.