Grenzbereich zum MotocrossIst das noch ein E-MTB?

Florentin Vesenbeckh

 · 12.12.2017

Grenzbereich zum Motocross: Ist das noch ein E-MTB?Foto: Hersteller
Grenzbereich zum Motocross: Ist das noch ein E-MTB?

Immer mehr Motocross-Firmen drängen auf den E-MTB-Markt. Exess stellt einen Boliden vor, der mit bis zu 1600 Watt und offener Unterstützung über das E-MTB-Genre hinausschießt. Was steckt dahinter?

Eines vorweg: Das Exess HP-E180 ist streng genommen kein E-MTB. Es darf weder im Straßenverkehr, noch im Wald gefahren werden, sondern ausschließlich auf privaten Strecken. Es ist weder Pedelec, noch S-Pedelec, die Motorstützung regelt weder bei 25 noch bei 45 km/h ab. Die Frage nach dem Einsatzbereich muss damit erlaubt sein. Wie es zu diesem Gefährt kam, lesen Sie im Interview weiter unten. Aber erstmal die Fakten:

  1600 Watt in der Spitze, 160 Newtonmeter: Der Bafang Ultra Max Drive ist fernab der EMTB-Kategorie angesiedelt.Foto: Hersteller
1600 Watt in der Spitze, 160 Newtonmeter: Der Bafang Ultra Max Drive ist fernab der EMTB-Kategorie angesiedelt.

Herzstück des potenten Bikes ist der Bafang Ultra Max Drive Motor, der in der Spitze 1600 Watt und ein maximales Drehmoment von 160 Newtonmetern liefern soll. Die Nennleistung liegt bei 1000 Watt. Ein 728-Wattstunden-Akku soll ausreichend Power bereitstellen. Die kraftvollen Elemente sitzen in einem Vollcarbon-Rahmen, der 180 Millimeter bereitstellt. Eine Yari von Rock Shox mit 180 Millimetern und kraftvolle Magura-Stopper unterstreichen die Freeride-Gene.

  Im 180-Millimeter-Hinterbau arbeitet ein Rock Shox Superdeluxe R Dämpfer.Foto: Hersteller
Im 180-Millimeter-Hinterbau arbeitet ein Rock Shox Superdeluxe R Dämpfer.
  Alles in Sicht: Das 3,2"-Farbdisplay befriedigt Datengierige, lässt aber von dezenter Bike-Optik nicht mehr viel übrig.Foto: Hersteller
Alles in Sicht: Das 3,2"-Farbdisplay befriedigt Datengierige, lässt aber von dezenter Bike-Optik nicht mehr viel übrig.
  Maguras MT7 mit 203-Millimeter-Scheiben an Vorder- wie Hinterrad sollen den potenten Boliden im Zaum halten.Foto: Hersteller
Maguras MT7 mit 203-Millimeter-Scheiben an Vorder- wie Hinterrad sollen den potenten Boliden im Zaum halten.
  Schwalbes Nobby Nic in 27,5 x 3,0 sorgen für den nötigen Grip und bullige Optik.Foto: Hersteller
Schwalbes Nobby Nic in 27,5 x 3,0 sorgen für den nötigen Grip und bullige Optik.
  Die Geometrie des Exess HP-E180 zeigt sich abfahrtslastig. Verfügbar sind die Größen M, L und XL.Foto: Hersteller
Die Geometrie des Exess HP-E180 zeigt sich abfahrtslastig. Verfügbar sind die Größen M, L und XL.

Das Bike gibt es vorerst nur in der beschriebenen Ausstattungsvariante für 5590 Euro, laut Hersteller wiegt es 25,9 Kilo. Ende Dezember soll der Bolide lieferbar sein.

Wir haben mit Herrn Jürgen Schulz vom Hersteller S-Tech über das außergewöhnliche Exess-Bike gesprochen.

„Vielleicht gibt es in Zukunft spezielle E-Bikeparks“


Herr Schulz, das Exess-Bike darf hierzulande nur auf privaten Strecken gefahren werden. Wie soll das funktionieren?

Jürgen Schuz: Wir kommen aus dem Motocross-Bereich und daraus erschließt sich auch der Einsatzbereich. Früher wurden sogenannte Paddock-Bikes für Besorgungsfahrten im Fahrerlager von MX- oder Endurorennen genutzt. Seit 2017 sind diese Bikes mit Verbrennungsmotor in einigen Fahrerlagern verboten, aus der Suche nach Alternativen ist das Exess-Bike entstanden. Damit können Motocross-Fahrer auch mal über eine Enduro-Strecke (offizielle Rennstrecke für Enduro-Motorräder) heizen, zum Strecke anschauen oder einfach, um Spaß zu haben. In einigen Ländern im Süden gibt es zudem keine gesetzlichen Bestimmungen. Viele Fahren dort in den Urlaub, um in der Gruppe im Gelände unterwegs zu sein. Wir sehen es so: Viele der MX- und Endurofahrer stellen sich das Bike neben Ihre Enduro in den Hänger und nehmen es mit zu ihrem MX- oder Endurotraining. Oder eben in den Urlaub.


Der klassische Mountainbiker kann das Exess-Bike eigentlich nur missbräuchlich nutzen.

Bei uns im Motocross sind wir schon immer ausschließlich außerhalb der StVO tätig. Wir kennen das gar nicht anders. Es ist nicht unsere Absicht, mit dem Bike den Missbrauch zu fördern. Wir sind davon ausgegangen, dass dies wie beim Motocross-Motorrad nicht explizit diskutiert werden muss! Bei Motocross-Motorädern käme niemand auf die Idee ein Motocross-Motorrad aufgrund eines möglichen Missbrauches zu verurteilen. Sicher gibt es auch Spinner, die mit dem MX-Bike Feldwege oder Waldwege fahren, aber das wird in der MX-Gemeinde auch scharf verurteilt. Also: Unsere Botschaft ist daher sehr eindeutig: Wir verurteilen den Missbrauch ganz klar. Wir haben nicht die Absicht einen etwaigen illegalen Markt zu fördern.


Wird das Exess-Bike ausschließlich ein solches Spezial-Tool bleiben?

Wir sind uns des Problems bewusst und wollen keinesfalls der Pedelec-Gemeinde schaden. Wir werden uns der Verantwortung annehmen und das Bike daher künftig in einer legalen S-Pedelec-Version anbieten. Da wir nicht verhindern können, dass mit unserem Bike auch auf der Straße gefahren wird, bleibt eigentlich nur, das Bike dann StVO konform zu machen. Daher werden wir versuchen das Bike schnellstmöglich als S-Pedelec zuzulassen und anzubieten. Unabhängig davon, kann ich mir vorstellen, dass auch unser offenes Exess-Bike noch eine sportliche Zukunft hat.


Wie meinen Sie das?

Ich könnte mir vorstellen, dass in naher Zukunft spezielle E-Bikeparks entstehen werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: Man braucht keinen Shuttle oder keinen Lift. Und viel wichtiger: Das Downhill-Fahren selbst macht um einiges mehr Spaß mit einem solchen Motor als ohne Motor bzw. nur mit 250-Watt-Motor! Außerdem gibt es keinen Zwang nach einer Strecke ausschließlich an einem Hang! Das wäre eigentlich eine eigene und neue Disziplin. Ich könnte mir gut vorstellen dass dies zu einer neuen Trendsportart werden könnte. So wie heute der Motocrosser sein Bike in den Anhänger stellt, um zur Crossstrecke zu fahren und so wie der Downhiller auch mit seinem Bike zum Bikepark fährt, so könnten in Zukunft die E-Biker zu ihrem speziellen E-Bikepark fahren. Die Anforderungen, um einen solchen Bikepark zu gründen, sind hinsichtlich einer Genehmigung um ein Vielfaches geringer als wenn man eine neue MX-Strecke gründen will.

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