Tim Folchert
· 23.12.2020
In diesem Schrauber-Workshop geht es um Fehler, die man unbedingt vermeiden sollte. Wir zeigen, wie es richtig geht - zusammen mit unseren Experten.
Anfang der 1990er waren MTB-Lenker kaum breiter als 600 Millimeter. Warum? Man glaubte, dass eine gute Aerodynamik wichtiger sei als maximale Kontrolle. Vielleicht lag das auch an den damaligen Downhill-Strecken. Sie waren wenig technisch, dafür schnell. Erstaunlich, dass niemand früher darauf kam, einen breiten Lenker zu montieren, so wie sie im Motocross eingesetzt wurden. Doch so ist das nun mal. Jahrzehntelang hoppelten Skifahrer auf schmalen Latten durch Tiefschneehänge und mühten sich ab. Bis die Industrie erst vor Jahren die Ski doppelt so breit machte.
Heute sind Lenker 760 bis 800 Millimeter breit, egal, ob für Trailbikes, Enduros oder Downhiller. Denn Breite bringt Kontrolle. Kontrolle bringt Sicherheit. Davon profitieren Biker aller Könnensstufen. Gibt es auch zu breit? Ja. Über 800 Millimeter wird’s unhandlich. Wer damit Oldschool-Tricks wie den X-Up probieren will, kugelt sich die Schulter aus. Die Lenkerbreite richtet sich nach der Breite der Schultern und der persönlichen Vorliebe. Fahrtechnikexperte Stefan Herrmann empfiehlt: „Lieber zu breit als zu schmal. Probier’ aus, und kürze den Lenker in kleinen Schritten bis zu Deiner optimalen Breite!“ Der Lenker sollte so breit sein, dass die Handgelenke gerade noch nicht seitlich abknicken.
Nur noch die OGs (Old Guys) unter uns wissen, wie sich alte Mountainbikes anfühlen. Damals sah man das Vorderrad kaum, es wurde vom Vorbau verdeckt. Was bei Rennrädern taugt, wird auch für Mountainbiker taugen, dachten sich die Bike-Firmen in den 1980er- und 90er-Jahren. Und deswegen mussten wir uns mit langen Knochen rumquälen. Sie maßen bis zu 120 Millimeter (!) und sollten den Biker schön weit vorne positionieren, damit er beim Uphill Druck aufs Vorderrad bringen und wie eine Zahnradbahn zum Gipfel klettern konnte. Dass sich bei der Abfahrt der Schwerpunkt ungünstig verlagerte und die Lenkeigenschaften verhunzte, nahm man anscheinend in Kauf. Das blieb lange so.
Zuerst merkten kluge Freerider, dass sich die Bike-Kontrolle mit kürzeren Vorbauten deutlich verbessern ließ. Man lenkte nicht mehr „um die Gabel herum“, sondern steuerte direkter. An kurze Vorbauten passten breitere Lenker besser, und so kam eins zum anderen. Ein kurzer Vorbau steuert sich zwar direkter, doch auch nervöser. Um die miesere Laufruhe auszugleichen, verlängern die Bike-Hersteller den Reach. Schwuppdiwupp, und schon haben wir die modernen Geometrien von heute.
Und was ist mit den Spacern? Kurze Vorbauten verlagern den Schwerpunkt nach hinten. Die Folge: weniger Druck auf dem Vorderrad. Hier kannst Du gegensteuern: Nimm Spacer raus. Dadurch rutscht der Vorbau weiter runter, und Du kriegst mehr Druck aufs Vorderrad. Unser Tipp: Probiere einen kurzen Vorbau aus. Also 35 Millimeter. Und checke, wie viele Spacer darunter stecken. Ist es ein ganzes Türmchen, dann raus damit. Gepaart mit einem breiten Lenker und straffen Griffen wirst Du Dein Bike nicht wiedererkennen.
Durch den Anlieger geshreddet, einen Stein dumm erwischt: Reifen platt. Kennen wir alle. Wir alle wissen auch, dass wir gerade in diesen Fällen keinen verdammten Ersatzschlauch dabeihaben – geschweige denn so ’ne Gummiwurst, die man in seinen Schlauchlosreifen pressen kann. Also: Schieben bis ins Tal und wertvolle Zeit verdaddeln, oder ganz sanft auf der Felge runterfahren wie Aaron Gwin 2014 in Leogang? Nein, mach’s nicht. Die Gefahr ist zu groß, dass Du sie Dir zerstörst. Denn egal, wie vorsichtig Du bist und wie weit Du Dich nach vorne lehnst, Alu-Felgen bekommen schnell Dellen, und Carbon-Felgen können mit Steinen gar nicht umgehen.
Not-Tipp: Ist die Panne direkt unterm Gipfelkreuz passiert und die Abfahrt ewig, stopfe Gras und Moos zu einem „Cushcore für Arme“ in den Reifen.
Gerade war er noch da, schon ist er weg: der Bremsbelag. Was tun? Bremst Du weiter, ist die Bremsleistung miserabel. Denn Metall auf Metall hat einen üblen Reibwert. Noch schlimmer: Du zerstörst die Bremsscheibe. Mit Bremsbelägen ist es wie mit dem TÜV beim Auto: Ist er abgelaufen, wird’s teuer – und neuen TÜV oder neue Bremsbeläge brauchst Du obendrein.
Also besser: Beläge vor der Fahrt checken und am besten immer ein paar frische Bremsbeläge mitnehmen. Sie kosten nicht viel, wiegen nicht viel, sind schnell gewechselt und garantieren immer volle Brems-Power statt übles Gequietsche.
Defekt Nummer 1 im FREERIDE-Testbetrieb: lose Steuersätze. Die Folge: weniger Kontrolle, und Du zerstörst Dir die Lager, wenn es Dir gar nicht auffällt. Besser: schnell anziehen! Das Lagerspiel im Lenkkopf checkst Du, indem Du die Vorderbremse ziehst und die andere Hand an den Übergang von Gabel und Steuerrohr legst. Jetzt bewegst Du das Bike etwas vor und zurück. Spürst Du Spiel, löst Du zuerst die Klemmschrauben am Vorbau oder die Gabelbrückenschrauben an einer DH-Gabel). Danach ziehst Du die Schraube in der Ahead-Kappe so fest an, dass kein Spiel mehr zu spüren ist, sich der Lenker aber noch leichtgängig bewegen lässt. Dann ziehst Du alle vorher gelösten Klemmschrauben wieder an (am besten mit dem richtigen Drehmoment). Das dauert alles nicht mehr als ein paar Minuten – und weiter geht’s!
Gerissene Ketten gehören neben platten Reifen und Warzen am Hintern zu den Dingen, die man einfach nicht gebrauchen kann. Meistens reißen Ketten, weil Du sie nicht oder falsch gepflegt hast. Wenn Du die folgenden drei einfachen Schritte regelmäßig durchführst, hält Deine Kette lange – das garantieren wir! Reißt die Kette dennoch, hilft Dir auf dem Trail ein Multi-Tool mit Nietwerkzeug und ein Kettenschloss weiter. Du drückst ein Glied aus der Kette, setzt ein Kettenschloss ein und ziehst es fest. Fertig! Ein Kettenschloss ist billig, und Du kannst es fast überall verstauen. Es rettet Dir den Bike-Tag. Hast Du keins dabei, helfen zur Not auch kleine Kabelbinder oder der rausgedrückte Nietstift der gekürzten Kette. Damit kannst Du die Kettenenden miteinander verbinden. Das sind allerdings nur Notlösungen.
REINIGEN: Reinige die Kette mit Ketten-/Antriebsreiniger, einer Bürste, einem Lappen und Wasser. Auf keinen Fall darfst Du Bremsenreiniger verwenden. Damit spülst Du das Fett aus den Gelenken und provozierst einen Kettenriss.
ÖLEN: Die Innenseite der sauberen und trockenen Kette ölst Du, während Du die Kurbel zurückdrehst. Danach schaltest Du ein paar Mal alle Gänge durch, um das Öl zu verteilen.
ABZIEHEN: Vor der nächsten Fahrt ziehst Du das überschüssige Öl mit einem Lappen ab, damit nicht unnötig viel Schmutz angezogen wird.
Bist Du im Bikepark unterwegs, kannst Du natürlich auch ohne Kette noch den ganzen Tag shredden. Aaron Gwin gewann ohne Kette sogar einen Worldcup. 2015 in Leogang. Unbedingt gucken!
Die meisten pressen viel zu viel Luft in ihre Reifen. Damit vermurksen sie sich die Fahrleistung. Ein zu praller Reifen besitzt kaum Grip, da er sich nur schlecht dem Untergrund anpasst. Der Reifen fühlt sich dann rutschig und hölzern an. Zu viel Druck erhöht außerdem den Rollwiderstand im Gelände – ja, richtig gelesen! Manche Hersteller geben verrückte Drücke an. Conti zum Beispiel 3–4 bar. Mit dem Reifenluftdruck ist es wie mit dem Wetter: Er hängt von vielen Faktoren ab. Der Reifendruck richtet sich nach dem Körpergewicht, dem Einsatzgebiet, der Reifen- und der Felgenbreite, Tubeless- oder Schlaucheinsatz und persönlichen Vorlieben. Das Ziel: die beste Balance zwischen Grip, Fahrstabilität und Pannenschutz. Bei wenig Luftdruck nimmt die Stabilität vor allem in Kurven ab, der Reifen walkt, und die Gefahr von Durchschlägen steigt.
Was tun? Als Richtwert empfehlen wir für den Enduro-Einsatz bei einem Körpergewicht von 70 Kilo 1,2 vorne und 1,4 hinten. Für den Parkeinsatz erhöhen wir auf 1,6 vorne, 1,8 hinten. Pfiffig: Schwalbe zum Beispiel hat auf der Firmen-Homepage einen Reifendruckrechner. Er spuckt gute Werte aus. Als Faustregel für den Reifendruck gilt: so niedrig wie möglich, ohne dabei Durchschläge zu riskieren. Mit Schlauchlossystemen kann man pauschal 0,3 bar weniger Druck fahren.
Für manche ist die Fahrwerkseinstellung reine Wissenschaft, für andere Hokuspokus. Doch nur mit der richtigen Einstellung hast Du maximalen Spaß auf Deinem Bike. Ein weit verbreiteter Fehler: eine zu langsam eingestellte Zugstufendämpfung (Rebound). Der Rebound regelt, wie schnell der Dämpfer ausfedert. Ist er zu langsam, sinkt der Hinterbau bei schnellen Schlägen immer weiter in den Federweg ein. Das Fahrwerk wird hart, und das Bike fühlt sich bei schnellen Schlägen bockig an.
So findest Du den richtigen Rebound: Dämpfer in die offene Stellung. Stütze Dich mit Deinem ganzen Körpergewicht auf den Sattel und komprimiere so den Hinterbau. Jetzt lässt Du ruckartig los, sodass der Hinterbau frei ausfedern kann. Der Hinterbau sollte so schnell ausfedern, dass der Reifen gerade noch nicht vom Boden abhebt. Das gleiche Prinzip gilt für die Gabel. Fürs Feintuning probierst Du auf dem Trail klickweise die Auswirkungen des Rebounds aus. Profi-Tipp vom Deutschen Downhill-Serienmeister Markus Klausmann: „Den Rebound – sowohl an Front als auch am Heck – lieber etwas schneller als zu langsam einstellen. So wird das Fahrwerk lebendiger, poppiger und kommt besser klar mit schnellen Schlägen, wie sie Bremswellen und Wurzelfelder austeilen.“ Da das Heck so schneller ausfedern kann, verhält sich das Bike vor allem bei Absprüngen aktiver. Vorsicht: Du musst Dich an die schnelle Einstellung erst gewöhnen!
Bei der ersten Abfahrt ist noch alles in Butter, doch dann fängt die Kette plötzlich an zu springen und bleibt beim Antreten nicht auf dem Ritzel. Nervig! Was ist los? Nicht immer liegt ein Defekt vor. Vor allem im Bikepark rüttelt sich das Schaltwerk nur gerne mal lose. Hier drei Probleme, die Du in den meisten Fällen direkt vor Ort und mit wenig Aufwand beheben kannst.
ACHTUNG: Wenn alles nicht hilft, könnte eine verschlissene Kette oder ein verbogenes Schaltwerk Grund für eine springende Kette sein. Dann gehst Du besser in die Werkstatt.
„Helme sollten spätestens nach fünf Jahre ausgetauscht werden“, empfiehlt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club. Auch die meisten Hersteller geben an, den Helm doch alle fünf Jahre auszutauschen.
Wir wollten wissen: Verschlechtert sich die Schutzwirkung eines Helms tatsächlich nach fünf Jahren? „Nein“, sagt Christiane Reckter, Prüf-Ingenieurin beim TÜV Rheinland.
Um die Aussage zu belegen, führten wir einen Crash-Test durch. Wir checkten einen 15 Jahre alten Helm auf Stoßdämpfung. Der Helm erreichte beim Normtest vergleichbare Werte wie ein fabrikneuer Helm des gleichen Modells. Wer seinen Helm schonend behandelt und lagert, kann ihn also viel länger tragen. Einzige Ausnahmen: Nach Stürzen und bei Beschädigungen muss der Helm unbedingt ausgetauscht werden, egal, ob alt oder neu.