Fatbikes haben eine längere Geschichte als andere Mountainbikes, aber erst seit rund zehn Jahren erfreuen sie sich einer größeren Beliebtheit. Um das Jahr 2015 herum bemühten sich sowohl Start-Ups als auch etablierte Fahrradmarken, die Räder mit den auffällig breiten Reifen verstärkt auf dem Markt zu positionieren.
Fatbikes, auch kurz Fatties genannt, sind geländetaugliche Fahrräder mit großen und besonders breiten Reifen. Die Breite der Reifen ist mit 10,2 bis 12,2 Zentimetern extrem auffällig. Was dagegen auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist, ist, dass es sich um Niederdruckreifen handelt. Diese bieten eine zusätzliche Traktion beim Fahren und machen die Fatbikes besonders geeignet für den Offroad-Einsatz auf Schnee, Sand oder Schlamm. Außerdem ist das Überfahren von Baumwurzeln oder anderen Hindernissen weniger anfällig für Fehler. Die Größe der Laufräder liegt bei etwa 30 Zoll, so dass die Rahmen ähnliche Geometrien wie 29-Zoll-Varianten aufweisen. Die breiten Reifen machen allerdings geometrische Anpassungen bei anderen Komponenten wie Gabeln, Naben oder dem Kurbelabstand erforderlich.
Fahrräder mit extrem breiten Reifen gab es wahrscheinlich schon in den frühen 1900er Jahren. Aus den 1930er Jahren sind Bilder von Rädern mit Ballonreifen überliefert. Die ersten modernen Versionen gehen jedoch auf die 1980er Jahre zurück. So entwarf der französische Rennfahrer Jean Naud ein dreirädriges Fahrrad mit dicken Reifen für eine Wüstendurchquerung. Später experimentierte Steve Baker in Alaska mit Prototypen, bei denen er zwei oder drei Felgen zusammenschweißte, um eine größere Kontaktfläche des Reifens auf Schnee zu erzielen. Die erste Serienproduktion geht dann wohl auf Mark Gronewald zurück, der 2001 die Marke „Fat Bike“ prägte.
Fatbikes und Mountainbikes sind strukturell sehr ähnlich. Fatbikes lassen sich wie Mountainbikes auf allen möglichen Untergründen fahren. Ihre Spezialität ist allerdings das Fahren in Schlamm und Matsch, durch Sand und auf Schnee. Schmalere MTB-Reifen können bei einem solchen Untergrund einsinken oder durchdrehen. Während dünnere Reifen das Weiterkommen erheblich erschweren beziehungsweise unmöglich machen können, liefern die breiten Reifen eines Fatbikes eine große Kontaktfläche und ausreichend Grip für eine zufriedenstellende Traktion. Die breiten Reifen sorgen im Gegenzug jedoch für mehr Gewicht, wodurch kräftiger getreten werden muss. Da Fatbike-Reifen einen geringeren Reifendruck aufweisen, gleiten sie einfacher über Hindernisse und dämpfen die Stöße von Geröll oder Baumwurzeln schon intrinsisch ab. Bezüglich der Ausstattung gibt es prinzipiell wenig Unterschiede. Auch Fatbikes können als Hardtails oder Fullys ausgeführt sein. Allerdings gibt es auch Fatbikes mit Starrgabel. Wer nur auf Sand- oder Schneepisten unterwegs ist, fährt naturgemäß weniger Berganstiege oder echte Abfahrten und braucht keine überdimensionierte Federung. Die wichtigsten Unterschiede in Zahlen:
Der größte Vorteil von Fatbikes liegt im Fahrkomfort, der auf unterschiedlichsten Untergründen möglich ist. Die Vorteile und Nachteile lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Das kommt auf den Untergrund an. Wer noch keine Erfahrung mit Mountainbiking hat, kommt auf schwerem Geläuf wegen der fehlerverzeihenden Eigenschaften als Anfänger sicherlich gut mit einem Fatbike zurecht. Wer allerdings untrainiert ist, sollte den erhöhten Kraftaufwand nicht unterschätzen. Wer sein Mountainbike auch auf dem Weg zur Arbeit nutzen möchte und dabei leichte Wege oder viel Straße fährt, hat mit einem Fatbike sicherlich weniger Freude. Wer aber weiß, dass Sand und Schnee die Untergründe sind, auf denen bevorzugt gefahren werden soll, der fährt mit einem Fatbike garantiert richtig.
Auch bei Fatbikes kommen zwangsläufig ähnliche Fragen auf wie bei anderen Mountainbikes.
Fatbikes sind ohnehin schwer. Wer auf einen Carbonrahmen setzt, muss ein höheres Budget einplanen. Meist lassen sich kleinere Gewichtseinsparungen auch durch leichtere Komponenten erreichen, also Federgabeln oder Laufräder aus Carbon.
Dies hängt definitiv vom Gelände ab. Wer leichteren Untergrund fährt, braucht ohnehin kein Fatbike. Eine Starrgabel ergibt nur Sinn, wenn das tiefe Geläuf beim Untergrund absolut vorherrschend ist. In ruckeligem Gelände muss eine Federgabel schon sein. Wer hier nochmal den Schwierigkeitsgrad bei den Trails steigert, sollte ein Fully in Betracht ziehen.
Wie bei anderen MTBs auch, erfreuen sich die 1fach-Antriebe bei Fatbikes immer größerer Beliebtheit. Das ist bei den dicken Reifen auch eine Frage des Platzes. Der Abstand der Kurbeln (Q-Faktor) ist ohnehin schon breit und wird mit zwei Kettenblättern noch breiter. Die Knöchelfreiheit muss gewährleistet sein und eine Testfahrt sollte Aufschluss darüber geben, ob das Fahrgefühl passt oder ob bei längeren Fahrten Knieprobleme zu erwarten sind.
Das Marken-Angebot bei Fatbikes ist ein wenig anders sortiert als bei klassischen MTBs. Es gibt einige Hersteller, die sich auf diese Nische spezialisiert haben. Auf folgende Hersteller und Marken werden Sie häufiger stoßen, wenn Sie sich für Fatbikes interessieren. Produktdetails zu einzelnen Modellen finden Sie bei BIKE in diversen Testberichten und Produktvorstellungen.
Es ist wie bei anderen MTBs auch, die Preisspanne ist sehr breit. Bei einigen Versandhändlern gibt es Fatbikes für ein paar Hundert Euro, aber diese Angebote sind immer mit etwas Vorsicht zu genießen – besonders, wenn Sie beabsichtigen, viel zu fahren. Ab 1000 Euro können Sie bereits vernünftige Modelle erwerben, und für das Doppelte bekommen Sie schon sehr ausgereifte Fatbikes. Aber natürlich sind gerade bei der Ausstattung mit Carbonrahmen nach oben kaum Grenzen gesetzt und höhere vierstellige Beträge möglich. Wenn Sie das Bike ausgiebig nutzen wollen, dann sollten Sie beim Preis nicht auf den letzten Cent schauen.
Wenn Sie sich für ein Fatbike interessieren, dann lohnt es auf jeden Fall, sich vorher genau zu informieren. Sie sollten sich außerdem sehr genau darüber im Klaren sein, wozu Sie es hauptsächlich benutzen wollen. Fatbikes sind faktisch Nischenprodukte, auch wenn sie sich steigender Beliebtheit erfreuen. Die Räder spielen ihre Kernvorteile hauptsächlich auf den tiefen Untergründen aus. Wer sich also an Sand, Schnee und Schlamm versuchen möchte, kommt an den breiten Reifen nicht vorbei. Denn auch, wenn Sie mit Fatbikes Wurzeln oder Steine sehr gut überfahren können, lässt sich das auch mit anderen MTBs und entsprechender Federung gut bewerkstelligen. Das Gewicht und der Rollwiderstand begünstigen tendenziell abfallendes Gelände und nicht so sehr flache Trails oder gar Uphill.