Adrian Kaether
· 19.11.2018
Fatbikes sind ein Nischenprodukt. Schnee und Sand sind hierzulande kein Alltag, und das Fahrgefühl ist nicht jedermanns Sache. Bringt das neue Pivot Les Fat mit seinem neuen Reifenformat die Wende?
Denken Sie bei der Zahl 6 derzeit auch an Reifengrößen? Gut, klingt jetzt etwas weit hergeholt, aber während es in Mountainbikes ursprünglich nur das gute alte 26-Zoll-Rad gab, zählen wir mittlerweile nämlich ganze sechs verschiedene Laufraddimensionen: 26 Zoll für Dirtbikes oder große Kinder-MTBs, 27,5 und 29 Zoll für die meisten "einfachen" Bikes – jeweils bis zu einer Reifenbreite von 2,4 oder, hier beginnt schon der Grenzbereich, 2,5 Zoll. Darüber siedeln sich die stets zahlreicher verbauten Plus-Formate 27,5+ und 29+ bis 3 Zoll an. Das sprichwörtliche Ende der Fahnenstange bilden die Mega-Walzen der Fatbikes im "26er"-Maß (mit 559 mm Reifeninnendurchmesser) und bis zu 5 Zoll Breite!
Aber Fatbikes sind Exoten und keine großen Kassenschlager. Dennoch: Mit einer treuen weltweiten Fangemeinde sind die Brummer aus der Welt der Mountainbikes nicht mehr wegzudenken. Das dachten sich wohl auch die Jungs von Pivot, die mit dem Les Fat nun auch ein neues, ganz eigenes Fatbike vorstellen. Aber natürlich kann die amerikanische Edelschmiede nicht ganz ohne Extrawurst: 27,5x3,8 Zoll lautet das Maß der Reifen – 27,5++ oder 27,5 semi-fat oder wie auch immer die neue Dimension heißen wird. Die soll jedenfalls mal wieder das Rad neu erfinden: beste Überrolleigenschaften und Komfort dank des großen Volumens und trotzdem gute Kurvenstabilität sowie geringes Gewicht, so die Versprechungen von Seiten des Herstellers.
Möglich werden soll das Ganze durch einen kleinen Kniff. Mit 80 Millimeter breiten Felgen fällt das Reifenvolumen trotz der nominell für ein Fatbike eher schlanken 3,8er-Schlappen ziemlich groß aus, während weniger hohe Seitenwände Gewicht sparen und für den richtigen Kurvenspeed sorgen sollen. Allen, die (verständlicherweise) nicht schon wieder Lust auf eine neue Reifengröße haben, sichert Pivot aber auch volle Kompatibilität mit allen anderen gängigen Reifenformaten zu. Von "klassischen" 26er-Fatbikereifen bis 5 Zoll Breite, über 27,5 Plus bis hin zu 29x2,8 (je nach Reifenhersteller) soll alles in den Rahmen passen und das Les Fat zu dem einen Bike machen, das sich auf alles anpassen lässt.
Der Haken: Je nach Reifen muss man zwar wegen der Pivot-eigenen "Swinger II"-Ausfallenden das Heck nur nach Bedarf einstellen, aber es könnte ein Umbau der Steuersatz-Lagerschalen notwendig werden, um die Geometrie anzupassen. Ganz einfach "Rad raus, Rad rein" ist also auch hier nicht immer möglich – den passenden Laufradsatz mit 197-mm-Hinterachse vorausgesetzt.
Und dann bleibt natürlich auch noch die anstrengende Sinnfrage: Wer kauft ernsthaft ein nigelnagelneues (und auch ziemlich teures) Carbon-Fatbike, um dann auf einfachen 29x2,4 Zoll Reifen rumzufahren? Wahrscheinlich keiner. Trotzdem, volle Kompatibilität ist immer "nice to have".
Und wie steht's mit dem Pivot Les Fat insgesamt? Ist das auch "nice to have"? Die richtige Antwort: Kommt drauf an. Wer ein individuelles Premium-Fatbike sucht, Pivot cool und Eddie Masters lustig findet und trotz fetter Schlappen gerne mit Highspeed durch enge Kurven hacken will, der liegt mit dem Les Fat vermutlich goldrichtig. Die Kompatibilität mit allen möglichen Laufradgrößen ist ein schönes Extra. Für alle anderen ist das Les Fat wahrscheinlich zu teuer und zu speziell. Aber das macht nichts, im Gegenteil. Es ist ja gerade der Sinn eines Exotenbikes, sich von der Masse abzuheben.
Das Les Fat ist ab sofort bei ausgewählten Händlern erhältlich und wird je nach Ausstattung (mit Starrgabel oder Manitou Mastodon Federgabel, mit 3- oder 3,8-Zoll-Reifen) zwischen 4799 und 5099 Euro kosten. Das Rahmenset mit Starrgabel gibt es für 2999 Euro. Alle Infos zum Pivot Les Fat auch auf der Website des Herstellers.