Adrian Kaether
· 04.10.2022
Mit dem Oso stellt die US-Kultmarke Ibis ihr erstes E-MTB vor. Mit langem Federweg und kurzen Kettenstreben ist das Carbon-Enduro auf Fahrspaß bergab ausgelegt, bergauf gibt’s kräftigen Schub aus Boschs bewährten CX-Antrieb mit Smart System.
Lange ließen E-Mountainbikes der amerikanischen Boutique-Marken auf sich warten. Pivot machte vor einigen Jahren den Anfang, erst vor einem Jahr zog Yeti nach, seit kurzem bietet sogar die kleine Kultschmiede Evil ein E-Bike an. Ibis ist damit eine der letzten Marken mit illustrer Mountainbike-Geschichte, die nach dem Relaunch ihres Logos in der letzten Woche nun endlich in den E-Bike-Markt einsteigen.
Allerdings: Die Amerikaner setzen mit ihrem ersten E-Bike klare Akzente. Die Optik mit der Bananenschwinge ist bewusst nicht dezent und erinnert eher an Motocrosser als an konventionelle Mountainbikes. Der tiefe liegende Dämpfer ist für ein E-Bike genauso ungewöhnlich wie die Kombination aus Boschs bekanntem CX Antrieb und kurzen Kettenstreben. Leider ist der Preis typisch Ibis - ziemlich hoch.
155 Millimeter Federweg liefert der Oso-Rahmen am Heck, in der Front steckt eine lange 170-Millimeter-Gabel. Das spricht für Vollgas-Ambitionen bergab. Das Oso rollt auf Laufrädern in 29 Zoll, in den Größen M und S gibt’s aber ein kleines 27,5-Zoll-Hinterrad. Der Bosch-Motor wird von einem 750-Wattstunden-Akku befeuert, der sich per Multitool bequem seitlich aus dem Rahmen entnehmen lässt. Ein Klapperndes Akku-Cover oder nerviges Gefummel mit dem Schlüssel am Unterrohr entfällt damit.
Der Rahmen selbst besteht natürlich sowohl in Puncto Hauptrahmen als auch im Hinterbau aus Carbon. Nur bei Kleinteilen in der Dämpferanlenkung setzt Ibis auf Aluminium. Anders als die neuen E-Bikes von Evil oder Pivot kommt das Ibis Oso nicht mit breitem Superboost-Hinterbau, sondern setzt auf das konventionellere 148-Millimeter-Maß. Die Reifenfreiheit im Heck liegt allerdings “nur” bei 2,5 Zoll. Wer gerade mit kleinerem Hinterrad auf einen breiteren 2,6er oder 2,8er setzen möchte, ist hier fehl am Platz.
Damit sich das Oso gut für große wie kleine Fahrer passt, setzt die Bikeschmiede aus Santa Cruz in Kalifornien auf eine mitwachsende Geometrie. Dabei wächst nicht nur der Hauptrahmen von Größe zu Größe. Auch die Kettenstreben sind ab Größe L etwas länger als bei den kleinen Rahmen, der Sitzwinkel steigt bei den größeren Rahmen in L und XL etwas an.
Insgesamt fällt die Geometrie sehr modern aus. Gerade der Reach ist 500 Millimetern in Größe L sehr üppig bemessen, der Lenkwinkel modern und flach (64 Grad), das Tretlager tief, der Sitzwinkel steil, der Radstand etwas länger. Die kurzen Kettenstreben - 439 Millimeter bis Größe M, 444 Millimeter ab Größe L - sollten aber für ein gutes Einlenkverhalten sorgen.
Das Ibis Oso glänzt außerdem mit einigen besonders durchdachten Details. Die Züge laufen im Rahmen in speziell einlaminierten Führungen, das soll den Service erleichtern und Klappern verhindern. Durch den liegenden Dämpfer passt eine Flasche in den Rahmen, der Ladeport schnappt magnetisch von selbst zu und bleibt bei der Trailhatz nicht versehentlich offen. Vorne und hinten gibt’s ab Werk fest montierte Lichter von Lupine, die aus dem Akku mit Strom versorgt werden.
Das Oso wird es vorerst nur in einer Modellvariante geben, die mit Fox Performance Fahrwerk, Srams GX Eagle, XT Bremsen und griffigen und pannensicheren Double-Down Reifen von Maxxis beim Händler steht. Stark: 220er Bremsscheiben vorne und hinten sind Standard, das Bike ist für Stahlfederdämpfer und sogar Doppelbrückengabeln zugelassen, kostet aber satte 12498 Euro. Die ersten Bikes sollen ab sofort lieferbar sein.