Hans Voglsamer
· 26.07.2018
Die Kombination aus breiten Plus-Reifen und 160 Millimetern Federweg versprach Komfort, Grip und Reserven bergab. Viel Aufmerksamkeit gab es mit dem Scott Genius LT beim Dauertest gratis dazu.
Egal, ob Kroatien, Sardinien, Gardasee oder Teneriffa, überall, wo ich mit dem Scott Genius LT auftauchte, zog es die Blicke auf sich wie ein Magnet. In Kroatien fotografierte sogar eine komplette Schulklasse das Enduro mit den breiten 2,8er-Reifen, auch wenn die grelle Neonlackierung im Laufe der Monate immer mehr verblich.
Doch nicht nur optisch wusste das vielseitige Scott-Mountainbike zu gefallen. Im Uphill rollten die Schwalbe-Nobby-Nics trotz üppiger Breite erstaunlich gut, und das komplett vom Lenker aus blockierbare Fahrwerk sorgte ebenfalls für sehr guten Vortrieb. Trotz 14 Kilo kletterte das Plus-Enduro damit absolut solide. Und bergab? Durch die gelungene Geometrie mit flachem Lenkwinkel und tiefem Tretlager fuhr sich das Bike souverän und machte auch im Bikepark eine gute Figur. Skeptisch war ich jedoch gegenüber den für ein Enduro untypisch breiten Reifen. Können die breiten Walzen etwa mehr, als nur Blicke auf sich ziehen? Bei meinen Ausflügen auf Sardinien und Teneriffa gab es zumindest einen Aha-Effekt. Auf den sandigen Trails konnten die 2,8er absolut punkten. Weniger Einsinken und volle Kontrolle ohne nerviges Schlingern, wenn der Boden besonders weich war. Wäre da nicht die hohe Pannenanfälligkeit der breiten, aber doch recht leichten Reifen. Gemessen an einem soliden Enduro-Reifen muss man hier Abstriche machen. Wer mehr Pannenschutz will, landet bei dieser Reifenbreite jedoch schnell bei Modellen, die deutlich über ein Kilo auf die Waage bringen.
Schwachstellen des Bikes waren aber eher die Bremsen und die absenkbare Sattelstütze. Selbst nach der Umrüstung auf eine größere Scheibe am Hinterrad konnte die Shimano-SLX-Bremse nicht mit dem Potenzial des Bikes mithalten. Sobald es steiler war und die Abfahrten länger wurden, hatte die Bremse mit starkem Fading zu kämpfen. Auch die Rockshox Reverb enttäuschte gleich zweimal, denn selbst das Nachfolgemodell machte nach dem Tausch Probleme. Abgesehen davon schlug sich das Scott Genius LT trotz reichlich Tiefenmeter sehr gut. Sogar der Sram-GX-Antrieb hielt die komplette Testdistanz durch, ohne Ketten- oder Kassettenwechsel. Das schaffte bislang noch kein Antrieb an einem meiner Dauertest-Bikes. Auch Gabel und Dämpfer absolvierten den Test anstandslos.
FUNTIONALITÄT 5 von 6 Punkten
HALTBARKEIT 4 von 6 Punkten
KILOMETER 5600 km
HÖHENMETER 84000 hm
DEFEKTE | WARTUNG
1159 km – Bremsscheibe eiert: Die vordere Bremsscheibe der Shimano-SLX-Bremse läuft unrund und muss getauscht werden.
2391 km – Rockshox-Reverb-Sattelstütze sinkt ab: Die Tele-Stütze bleibt nicht mehr oben und wird gegen das neue Modell mit 170 mm Hub getauscht. Am Ende der Testphase sinkt auch diese wieder ab.
3439 km – Tausch der hinteren Bremse: Auch nach dem Entlüften verzögerte die SLX-Bremse nur schlecht. Nach starkem Fading Tausch gegen eine XT.
TUNING
125 km – Scheibe größer, Vorbau kürzer: Für ein direkteres Handling musste der 60er-Vorbau einem 35er weichen. Die größere Bremsscheibe am Hinterrad brachte immer noch nicht die gewünschte Standfestigkeit.
DAS BIKE: Scott Genius LT 710 Plus
Material Alu
Rahmengröße L
Preis / Gewicht 5399 Euro / 13,99 kg ohne Pedale
Federweg (vo. / hi.) 160 mm / 160 mm
Reifengröße 27,5 x 2,8 Zoll
Gabel Fox 36 Float 29
Dämpfer Fox Nude Evol
DER TESTER: Hans Voglsamer, BIKE-Dauertester
Alter 58 Jahre
Größe 1,89 m
Gewicht 88 kg
Fahrerprofil Technisches Gelände mit fahrtechnischen Herausforderungen mag Hans am liebsten
Lieblingsreviere Teneriffa, Gardasee und Finale Ligure
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