Adrian Kaether
· 16.08.2020
Das YT Decoy und das Specialized Kenevo gehören ohne Zweifel zu den heißesten E-Enduro-Eisen, die es aktuell zu kaufen gibt. Hier der Direktvergleich der beiden Kandidaten inklusive erster Laborwerte.
Carbon gegen Aluminium, 27,5 Zoll gegen Laufradmix, Shimano gegen Brose, superlang und flach mit richtig viel Federweg gegen moderatere Zahlen bei Geometrie und Fahrwerk. Das Duell, dass unseren aktuellen Endurotest am Ende prägte, war nicht nur ein Duell von YT Industries gegen Specialized, Direktversand und Fachhandel, sondern auch ein Duell der Konzepte. Gemeinsamkeit: Trotz der unterschiedlichen Ansätze setzten beide Bikes auf einen Coil-Dämpfer.
Genau dieser Frage haben wir uns in EMTB 04/20 gestellt und sieben Kandidaten bis 6000 Euro zum Test gebeten. Cannondale und Cube, Moustache und KTM, Giant, Specialized und YT Indiustries traten an. Ein besonderes Duell lieferten sich die beiden letzten Bikes mit einer beeindruckenden Downhill-Performance. Von YT hatten wir das nagelneue Decoy Shred im Test, für Specialized rollte das Kenevo Comp auf die Trails. Auffällig: beide Bikes lassen in Sachen Reichhöhe im Vergleich zur Konkurrenz Federn: Mit dem 500 Wattstunden Akku im Specialized Kenevo Comp und dem starken Brose-Antrieb sind auf unserem Reichweitenprüfstand (höchste Unterstützungsstufe, 85 Kilo Fahrergewicht, 130 Watt Tretleistung) nur knapp über 1100 Höhenmeter drin. Das YT klettert mit 540er-Akku und E8000-Antrieb immerhin auf 1267 Höhenmeter. Die Bosch-Kandidaten im Test konnten sich da ein leises Lachen kaum verkneifen, genauso das reichweitenstarke Giant mit Yamaha-Antrieb und optionalem Range-Extender.
Nach dem Reichweiten-Prüfstand kam die zweite Überraschung auf der Waage. Das Specialized ist trotz Alu-Rahmen, Coil-Dämpfer und 180 Millimeter Federweg das leichteste Bike im gesamten Testfeld. Das Kenevo drückt nur 22,9 Kilogramm in den Trail, trotz einigen Carbonrahmen bei der Konkurrenz kann da keiner mithalten. Nicht die Bosch-Bikes, auch nicht das YT, das mit 24,5 Kilogramm sogar über 1,5 Kilogramm schwerer ist – trotz Carbon-Hauptrahmen.
Der Grund: Specialized setzt auf seine besondere Konstruktion mit geschlossenem Unterrohr – ein konstruktiver Vorteil, auch mit Alu-Rahmen. Außerdem ist der kleine Akku der leichteste im Testfeld. Gut 400 Gramm spart er gegenüber einem Bosch Powertube 625. Der hauseigene YT-Akku mit 540 Wattstunden ist sogar über 500 Gramm schwerer als die Specialized-Batterie. Auch die "kleinen" 27,5 Zoll Laufräder des Kenevo sparen Pfunde. Neben dem Kenevo rollen allerdings auch Cube und Giant auf 27,5ern. Insbesondere im Vergleich mit dem YT, das nur über ein großes 29 Zoll Vorderrad verfügt, dürfte der Gewichtsvorteil dieser Maßnahme aber überschaubar bleiben.
Wahnsinn wie flach das Kenevo geworden ist. Die 180 Millimeter Marzocchi Z1 steht in einem Winkel von 63,5 Grad. Zusammen mit einem riesigen 490er-Reach (Größe S4) und 452er-Kettenstreben kommt das Kenevo auf einen Radstand von 1305 Millimetern. Selbst im Downhill wäre das vor ein paar Jahren noch zu extrem gewesen. Der Sitzwinkel des Bikes ist dagegen mit 77 Grad supersteil.
Ob das in der Praxis auch auf engeren Trails noch aufgeht? Die Daten des YT Decoy Shred (Größe L) klingen da deutlich moderater: 65 Grad Lenkwinkel, 76 Grad Sitzwinkel, ein 456er-Reach und 440er-Kettenstreben sind modern, aber in keiner Weise extrem. Auch der gegenüber dem Kenevo etwas reduzierte Federweg von 170/165 Millimetern könnte dem YT in Sachen Fahrspaß und Spieltrieb zu Gute kommen.
Zudem ist das Versenderbike besser ausgestattet. Das Fahrwerk kommt aus der Fox Performance Linie statt von Marzocchi, für den Vortrieb sorgt Shimanos Zwölffach-XT während das Specialized mit einer Elffach NX-Schaltung auskommen muss. Entscheidend für den Testsieg sind allerdings die Fahreigenschaften. Wer ist der bessere Kletterer? Welches Bike nimmt fiesen Steilabfahrten, Drops und Sprüngen den Schrecken? Und welcher Kandidat den meisten Fahrspaß? Wir wollen nur so viel verraten: Am Ende wurde es so richtig knapp.
Wer unter den sieben Kandidaten schließlich den Testsieg einheimsen konnte und wie sich die Konkurrenz schlug, das lest ihr ausführlich im großen Enduro Vergleichstest in EMTB 04/2020 – ab 18. August am Kiosk und in der Digitalausgabe.