Josh Welz
· 08.03.2023
Im Enduro-Segment sind ein top Fahrwerk und robuste Teile gefragt. Kann das im Preisbereich um 5500 Euro funktionieren? Das Cube Stereo Hybrid 160 & das Haibike NDuro 6 bringen den Beweis – zwei Bikes mit grundverschiedenen Charakterzügen.
Günstig ballern hieß unser Arbeitstitel für dieses Testthema. Fette E-Enduros für den schlanken Geldbeutel. Eine Kombination, die am Markt nicht leicht zu finden ist. Den Begriff „günstig“ muss man ohnehin relativieren: Menschen, die sich erstmals mit E-Mountainbikes beschäftigen, werden sich angesichts der Preise um 5500 Euro die Augen reiben.
Dass sich die Preisspirale sogar weiter nach oben windet, zeigt in diesem Duell das Beispiel Haibike: Anfang Dezember, als das NDuro 6* bei uns ankam, kostete es noch exakt gleich viel wie das Cube Stereo Hybrid. Jetzt liegt das Haibike 500 Euro über der ursprünglich geplanten UVP. Solche Ad-hoc-Preisanpassungen sind mittlerweile üblich in der Branche und laut Hersteller eine Reaktion auf die steigenden Selbstkosten.
Freilich fällt es den Herstellern gerade in der Enduro-Kategorie schwer, ein günstiges Paket auf die Beine zu stellen. Der Einsatzbereich erfordert besonders leistungsfähige Fahrwerke und robuste Anbauteile, und die haben ihren Preis. Unmöglich ist es trotzdem nicht, ein attraktives Paket für relativ wenig Geld zu schnüren.
Den Beweis tritt einmal mehr Preis-Leistungs-Spezialist Cube an. Die Waldershofener verzichten größtenteils auf No-Name-Anbauteile und leisten sich an entscheidenden Stellen sogar etwas Luxus: eine Rockshox-ZEB-Gabel, ein XT-Schaltwerk, dazu Newmen-Cockpit und -Laufräder, wenn auch nicht aus den teuren Preisgruppen. Insbesondere in Kombination mit dem Bosch-Smart-System und Carbon-Hauptrahmen kann sich das Cube-Paket wirklich sehen lassen.
Konkurrent Haibike tut sich da etwas schwerer. Offenkundig wird das Sparprogramm besonders bei der SX-Schaltgruppe und der günstigen Domain-Gabel. Etwas generöser zeigt man sich beim hochwertigeren Dämpfer mit Ausgleichsbehälter – in dieser E-MTB-Kategorie eine sinnvolle Investition, die man so eher bei teureren Enduro-E-Bikes vermuten würde.
In Sachen Ausstattung hat das Cube unterm Strich die Nase vorne, charakterbildend sind aber andere Aspekte – besonders die Geometrie: Das Cube fällt eher gemäßigt aus, das Haibike ausgesprochen lang. 1303 Millimeter Radstand, 180 Millimeter Federweg und ein 63 Grad flacher Lenkwinkel – das sind selbst in der Enduro-Kategorie extreme Werte. Entsprechend hat es das Haibike auf schnelle, ruppige Downhills abgesehen. Cube dagegen nimmt eine breitere Zielgruppe ins Visier.
Qua Federweg ist das Cube in der Enduro-Liga zwar nicht deplatziert, mit seinem steileren Lenkwinkel, den kürzeren Kettenstreben und seinem kompakten Radstand wäre das Stereo Hybrid aber auch in der All-Mountain-Klasse gut aufgehoben. Dazu kommt: Laut Hersteller sind Sprünge über 50 Zentimeter Höhe und der Einsatz im Bikepark nicht erlaubt – zumindest greift dann die Sachmängelhaftung nicht mehr. Eine seltsame Einschränkung in dieser E-MTB-Kategorie.
“Haibike und Cube stellen zwei Enduros mit grundverschiedenen Charakterzügen. Beide Bikes verfügen über moderne Geometrien, richten sich aber an unterschiedliche Zielgruppen: Das wuchtige NDuro hat mit seiner sehr langen Geometrie und dem prallen Federweg klare Vorteile auf schnellen Abfahrten in ruppigem Terrain – damit kann man sich locker auch im Bikepark blicken lassen. Das kompakte Cube Hybrid zielt eher auf moderate Trails und Touren. Die Einschränkung des Herstellers bezüglich des Einsatzbereiches wird der Enduro-Kategorie nicht gerecht.” Josh Welz, EMTB-Chefredakteur
„Ein 27,5-Zoll-Vorderrad wie am Cube sieht man nur noch selten an E-MTBs. Vorteile bringt das in Sachen Wendigkeit, Nachteile bei garstigen Strecken und groben Hindernissen. Gemäßigter ist auch die Geometrie des Cube. Damit hat das Stereo Hybrid einen breiteren Einsatzbereich, ist in extremen Abfahrten dem Haibike mit seiner langen, flachen Geo aber unterlegen.“ Florentin Vesenbeckh, EMTB-Testleiter
„Wenn’s bergauf richtig steil wird, kämpft das Cube mit einem steigenden Vorderrad. Traktion, Federungskomfort und der kräftige Bosch-Motor können auf Tour aber überzeugen. Das Haibike ist erst auf fiesen Rampen wirklich im Vorteil, die Kombination aus geringerer Motor-Power und zu strammer Übersetzung erfordert aber einen engagierten Piloten.“ Adrian Kaether, EMTB-Redakteur
Das Schwaben-Aggregat liefert satte Maximalleistung bei gleichzeitig guter Dosierbarkeit. Aber: Selbst im Turbo-Modus fordert der Bosch eine relativ hohe Eigenleistung des Fahrers, wenn man seine ganze Power abrufen will. Das macht ihn zu einem sportlich-spritzigen Tool, denn, wenn der Fahrer zulegt, gibt auch der Motor Gas. Auch bei hohen Trittfrequenzen powert das Bosch-Aggregat weiter. Auf anspruchsvollen Uphill-Trails das Maß der Dinge, insbesondere im E-MTB-Modus.
Max. Leistung 616 W1 | Max. Drehmoment 85 Nm2
Der Yamaha feiert mit diesem Test seine Premiere in EMTB. Bisher hatten wir nur Bekanntschaft gemacht mit dem baugleichen, aber software-seitig modifizierten Giant Syncdrive Pro2. Das Yamaha-Aggregat gefiel mit guter Modulation und spritziger Kraftentfaltung, zudem ist es recht leise. Allerdings bleibt der PW-X3 in Sachen Maximalkraft deutlich hinter dem Bosch zurück. Charakteristisch: Schon bei leichtem Druck aufs Pedal wird der Motor nervös und will losstürmen. Das hilft beim Anfahren am Berg.
Max. Leistung 537 W1 | Max Drehmoment 85 Nm2
Der Bosch ist generell kein ausgesprochener Leisetreter. Charakteristisch: Bei höheren Trittfrequenzen wird auch der Sound hochfrequenter und damit präsenter. Dennoch empfanden wir das Motorgeräusch als eher unaufdringlich. Dasselbe gilt für den Yamaha, der in der Tonlage etwas tiefer liegt. Sehr gut: Beide Bikes klappern kaum.
Die Gesamtreichweite scheint auf den ersten Blick beim Haibike einen Tick größer zu sein. Aber: Satte 361 Höhenmeter absolviert das NDuro nur im Notlauf. Hier unterstützt der Motor nur noch geringfügig. Zudem liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit beim Cube bei 150 Watt Fahrer-Input etwas über dem Haibike. Beide Motoren liefern hier noch nicht ihre Maximalleistung. In Summe liegt das Cube in Sachen Reichweite vorne.
Mit fast 27 Kilo gehört das Haibike selbst im Segment robuster Enduros zu den Schwergewichten. Das merkt man im Alltags-Handling, aber auch auf dem Trail. Das hohe Laufradgewicht des NDuro ist nicht zuletzt der wuchtigen Bereifung geschuldet. Besonders auf die Waage drückt Schwalbes 2,6er-Big-Betty am Hinterrad. Das zulässige Maximalgewicht erlaubt schwere Fahrer – und die werden sich mit dem Haibike auch leichter tun.
Wie schlägt sich das E-MTB in schwierigen Anstiegen? Dabei trennen wir in die Bewertungskategorien Uphill steil und Uphill technisch. In der ersten Kategorie bewerten wir das Fahrverhalten an steilen Rampen. Abzüge gibt’s hier für ein früh steigendes Vorderrad, ungünstige Sitzpositionen und zu wenig Motorleistung oder Traktion. Bei der Wertung zu technischen Uphills geht es um Trails bergauf mit Hindernissen. Lässt sich das Bike gut steuern? Erzeugt das Fahrwerk Traktion, ohne zu tief einzusacken? Wie meistert das Bike enge Kurven und Stufen? Abzug gibt’s für schwer dosierbare Motoren, passive Sitzpositionen und gehäuft auftretende Kurbelaufsetzer.
Wie in der Bergauf-Wertung trennen wir auch bergab in zwei unterschiedliche Kategorien. Trail flowig ist dem Fahrspaß gewidmet. Hier punkten handliche Bikes mit lebendigem und agilem Fahrverhalten. Abzug gibt’s für hohe (Laufrad-) Gewichte, träge Fahrwerke und zu spurtreue Geometrien. Bei Downhill ruppig geht es dagegen um Nehmerqualitäten in fiesem Gelände und bei hohen Geschwindigkeiten. Hier zählen das Schluckvermögen des Fahrwerks, fahrsichere Geometrien und eine robuste Ausstattung.
In der Tour-Wertung kommt die Reichhöhe der Bikes zum Tragen, die wir in einem standardisierten Feldtest erkurbeln. In der Easy-Riding-Wertung geht es neben dem Fahrkomfort darum, ob auch weniger versierte Fahrer gut mit dem Bike zurechtkommen und wie unkompliziert sich das Rad bewegen lässt. Negativ werden abkippende Lenkungen und zu fordernde Geometrien gewertet.
Hier vergeben wir standardisierte Punkte, die wir für jeden Antrieb einzeln festgelegt haben. Bei der Power geht’s um Leistung und Drehmoment. Neben dem gefühlten Schub fließen aufwändige Labormessungen in die Wertung mit ein. Das Fahrgefühl hat bei den Light-Motoren besondere Bedeutung, ebenso die Geräuschkulisse. Für ruppige oder unharmonische Unterstützung gibt es Abzüge. Unter Details gibt es Punkte für Displays und Remotes und die jeweiligen Apps.
Punkt eins ist die Ausstattung. Nach festen Parametern bewerten wir alle Bauteile, von Schaltung und Fahrwerk über Cockpit und Tele-Stütze bis hin zu Laufrädern und Reifen. Unter Verarbeitung/Details schauen wir uns sowohl die handwerkliche Qualität des Rahmens an, als auch die Integration der Antriebsteile wie Akku und Speed-Sensor. Außerdem vergeben wir hier Punkte für das Gewicht, die Herstellergarantien und das zulässige Gesamtgewicht der Räder.
Welche Stärken und Schwächen und damit welchen Charakter ein Bike hat, zeigen wir auf einen Blick mit dem neuen Test-Diagramm. Grundsätzlich gilt: je größer die rote Fläche, desto besser das Bike. Aber auch die Bewertung in den einzelnen Kriterien wird hier sichtbar. Die Kriterien passen wir dabei je nach Bike-Kategorie an. Die Light-Bikes punkten naturgemäß im Trail-Handling, lassen dafür beim Thema Reichweite Punkte.
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